Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

366 5 Personale Wesen Wir schreiben Menschen etwas zu, das Person oder Persönlichkeit genannt wird. Das ist nicht dasselbe, weist aber in die gleiche Richtung. 5.1 Person und Persönlichkeit Beide Begriffe sind von dem lateinischen Wort persona hergeleitet, das aus der Sprache des Theaters kommt und „Maske“ bedeutet. Im griechischen Theater, dessen Formen auch die Römer übernahmen, stand eine Maske für einen bestimmten Figurentypus ( die oder der Alte, der Geizige, der Trunkenbold, die Geliebte usw.). Sie war also starr und alles andere als individuell. In Ableitung davon wurde der Begriff persona schon bei Cicero auch für (soziale) Rollen gebraucht. Genau das Gegenteil verstehen wir im allgemeinen Sprachgebrauch heute unter persönlich . Ein Gutschein für einen Einkauf im Wert von hundert Euro wäre demnach zwar ein praktisches, allerdings kein persönliches Geschenk. Der Sprachgebrauch hat sich also massiv gewandelt. Wenn wir in der Psychologie von Persönlichkeit sprechen, geht es um die Individualität , die ganz spezifische psychische Verfasstheit eines bestimmten Men- schen. Wenn im Recht von Person die Rede ist, so handelt es sich um jemanden, der/ die Träger/in von Rechten und Pflichten ist oder sein kann, eine ganz zentrale Figur des Rechtsdenkens. In der Soziologie meint Person das Individuum im Kontext seiner sozialen Beziehungen. Philosophisch bezeichnet Person häufig dasjenige, das den (einzelnen) Menschen spezifisch ausmacht. Person wäre das, wovon die Rede ist, wenn es um die Frage des erkennenden Subjekts geht oder auch darum, an wen sich ethische Prinzipien oder moralphilosophische Normen richten können. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Haben Sie eine bestimmte Vorstellung von dem Begriff Person ? Was verbinden Sie damit? Notieren Sie Ihre spontanen Überlegungen und vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit denen Ihrer/Ihres Sitznachbarin/Sitznachbarn! Es muss aber auch erkannt werden, dass wir von der Natur gleichsam mit zwei Rollen [im Lateinischen personis ] ausgestattet sind; von diesen ist die eine uns allen deshalb gemeinsam, weil wir alle an derjenigen Vernunft und überlegenen Stellung teilhaben, durch die wir die Tiere übertreffen, von der jedes sittlich Gute und Schickliche abgeleitet und durch die der Weg gezeigt wird, auf dem die Pflicht zu finden ist; die andere Rolle aber ist diejenige, die individuell den Einzelnen zuge- wiesen ist. Marcus Tullius Cicero: De officiis I, 107. Cicero entwickelt hier Ansätze dessen, was wir heute als soziales Rollenmodell bezeichnen würden. Die soziale Rolle ist naturgemäß nichts Individuelles, sondern ein Schema, das zwar meist Spielräume zulässt, auf das wir aber im Wesentlichen mehr GrundlaGEn úú Kapitel 4 1 AuSfüHrunG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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