Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

383 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie die Frage, wie eine Bezugnahme auf Kants Konzept der Menschheit als Selbstzweck heute aussehen könnte! Geben Sie konkrete Beispiele für Ihre Argumente! 1.5 Gut oder böse? Infolge religiöser, insbesondere christlicher Überformung moralischer und ethischer Fragen haben wir uns daran gewöhnt, im Zusammenhang mit ihnen an Kategorien wie gut oder böse zu denken. Diese haben viel mit Vorstellungen von göttlichen Geboten, Sünde und Strafe dafür in einem Jenseits zu tun. Wir haben im Blick auf Aristoteles gesehen, dass derlei Wertungen einer philosophischen Ethik im Prinzip fremd sind, weil es dort weniger um Sünde und Strafe als die Frage nach einem geglückten Leben – in einem sehr weiten Sinn – geht. Auch bei Kant spielen derlei Kategorien keine Rolle, weil sich seine Morallehre auf die Frage des Mensch-Seins und den Umgang damit konzentriert. Zugleich stellt sich allerdings, ganz ohne religiöse Implikationen, die Frage, wie mit destruktiven Kräften der menschlichen Existenz umzugehen ist. Wir haben deren Wirken bereits verschiedentlich angesprochen, etwa im Zusammenhang mit zerstöre- rischem Ausagieren von Aggressionen. Auch die Natur kann als sinnlos zerstörerisch wahrgenommen werden, etwa wenn ein Tsunami oder eine Seuche binnen kürzester Zeit zahllose Menschenleben fordert. Wie soll mit derlei Phänomenen aus Sicht einer praktischen Philosophie umgegangen werden? Besonders drängend wird diese Frage dann, wenn Menschen anderen unvorstellbare Grausamkeiten zufügen, aus reiner Bosheit oder Dummheit. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Erstellen Sie eine Liste mit Assoziationen, die Ihnen spontan zu dem Wort böse einfallen! In diesem Gerichtssaal war Eichmann mit seinen recht bescheidenen Gaben sicherlich der letzte, von dem man […] den Versuch, selbst zu denken, erwarten konnte. […] Ein erstes Anzeichen von Eichmanns vager Vorstellung, daß in dieser ganzen Angelegenheit mehr zur Diskussion stehen könnte als die Frage, ob der Soldat auch Befehlen gehorchen müsse, die ihrer Natur und ihrer Absicht nach eindeutig verbrecherisch sind, ergab sich […], als er plötzlich mit großem Nach- druck beteuerte, sein Leben lang den Moralvorschriften Kants gefolgt zu sein, und vor allem im Sinne des kantischen Pflichtbegriffs gehandelt zu haben. […] Und zu jedermanns Überraschung konnte Eichmann eine ziemlich genaue Definition des kategorischen Imperativs vortragen: „Da verstand ich darunter, daß das Prinzip meines Wollens und das Prinzip meines Strebens so sein muß, daß es jederzeit zum Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung erhoben werden könnte“, was auf Dieb- stahl oder Mord z. B. nicht gut anzuwenden ist, da der Dieb oder Mörder unmög- lich in einem Rechtssystem leben wollen kann, das anderen das Recht gibt, ihn zu 3 t grundlagen úú Kapitel 5.2 1 r AuSFüHrung Ethische Grundpositionen Ethische Grundpositionen 10 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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