Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
386 2 Normen und Werte Morallehren haben viel mit Normen zu tun. Das Gleiche gilt auch für das Recht. Doch wie und warum wirken und entstehen Normen? Welche Wertungen und welche Inhalte liegen ihnen zugrunde? 2.1 Normen Wir haben gesehen, dass Moralkonzepte mit Ge- und Verboten operieren. Bei religiö- sen Morallehren ist dies sehr ausgeprägt. Häufig verfügen sie über Kataloge von zulässigen und unzulässigen Verhaltensweisen, zum Teil sogar von zulässigen und unzulässigen Gedanken und Gefühlen. Aber auch die Moralphilosophie kennt Gebote. Diejenige Kants begnügt sich mit einem einzigen, aber dieses eine ist für sie zentral. Sprachlich werden Ge- und Verbote in Form von Regeln oder Normen formuliert. Als Normen werden Regeln für das Zusammenleben von Menschen bezeichnet. Sind sie in einer bestimmten Gruppe anerkannt oder gelten sie als verbindlich, so entfalten sie Wirksamkeit. Normen kennzeichnen nicht nur moralische Lehren und Systeme, sondern auch die Bereiche der Sitte und des Rechts. Strukturell oder technisch gesehen besteht Recht aus zahlreichen Normen, die Verhaltensweisen anordnen oder verbieten und die mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden können. Darin unterscheiden sie sich von Normen der Moral und der Sitte: Staaten wenden Mittel wie polizeiliche oder militäri- sche Gewalt an, um ihre rechtlichen Normen durchzusetzen. Auch die Verletzung moralischer oder sittlicher Normen kann Konsequenzen haben, die man allerdings nicht mit Polizeigewalt, sondern mit anderen Mitteln durchzusetzen versucht, etwa mit gesellschaftlicher Ausgrenzung. So kann es an manchen Orten vorkommen, dass jemand, die/der nicht an bestimmten religiösen Ritualen teilnimmt, auch nicht in der örtlichen Musikkapelle mitspielen darf. Sitte und Moral unterscheiden sich dahingehend, dass sittliche Normen oft nirgendwo festgeschrieben sind und sich weder auf göttliche Anweisungen noch auf vernünftige Überlegungen stützen. Sie werden häufig mündlich überliefert und auch dann noch befolgt, wenn niemand einen Sinn in ihnen zu erkennen vermag. Innerhalb bestimm- ter Gemeinschaften werden sie aber gleichwohl eingefordert. Im Fall der Nichtbeach- tung können bestimmte Sanktionen folgen, etwa in Form von Missachtung, wenn jemand beim Galadiner das falsche Messer für ihr/sein Dessert verwendet. Es kann allerdings auch zu körperlicher, in diesem Fall illegaler Gewalt kommen, wenn jemand zum Beispiel offen von den Vorgaben abweicht, die in einer bestimmten Gemein- schaft für Fragen der „Ehre“ gelten. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie anhand der vorangegangenen Darstellung eine Definition des Begriffs Norm ! grundlagen Norm von lat. norma , „Winkel maß, Regel“ 1 r Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv
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