Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

388 2.2 Wertvorstellungen Normen bringen Gebote oder Verbote zum Ausdruck. Inhalt einer Norm kann prinzi- piell alles sein, was denkbar ist und ausgesprochen werden kann. Im Prinzip geht es nur darum, dass eine Person oder Gruppe andere Menschen dazu bewegen möchte, sich in einer bestimmten Weise zu verhalten. Ein solches Wollen auszusprechen oder festzuschreiben wäre wirkungslos, wenn sich niemand dadurch gebunden fühlte oder niemand bereit wäre, es mittels irgendwelcher Druckmittel durchzusetzen. Normen werden daher nur wirksam, wenn entweder ein erheblicher Zwang mit ihnen verbun- den ist oder sie innerhalb eines bestimmten Personenkreises zumindest weitgehend akzeptiert werden. So kann etwa ein politisches Gewaltregime Normen festsetzen und so lange alle, die sich nicht an diese Normen halten, hinrichten lassen, bis der Widerstand gebrochen ist. Meist werden Normen allerdings aus anderen Gründen wirksam, nämlich weil ihnen Haltungen oder Wertvorstellungen zugrunde liegen, die innerhalb einer Gruppe im Großen und Ganzen akzeptiert werden. Solche Wertvorstellungen sind Ideen oder Überzeugungen, mit denen eine positive Einschätzung verbunden ist. Meist herrschen in einer bestimmten Gesellschaft oder einem kulturellen Bezugssystem bestimmte Wertvorstellungen vor. Das bedeutet nicht, dass es innerhalb eines kulturellen Bezugsrahmens nicht unterschiedliche Werthaltungen geben könnte, die möglicherweise sogar in einem Konflikt zueinander stehen. So kann der Wert persönlicher Freiheit in einen Konflikt zum Wert freier Religionsausübung geraten. Auch die vorherrschenden Werthaltungen in einer Gesellschaft wandeln sich im Lauf der Zeit. Beispielsweise galt Ende des 19. Jahrhunderts alles Militärische, Soldatische in Österreich und Deutschland (aber nicht nur dort) als vorbildhaft und war weitgehend positiv besetzt. Pazifismus war ein Minderheitenprogramm. Nach den Erfahrungen zweier Welt- und vieler anderer Kriege hat sich diese Bewertung erheblich gewandelt, zumindest teilweise sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Solche Veränderungen gehen meist langsam vor sich. Dies schließt aber den Versuch rascher oder abrupter Verän- derungen nicht aus. grundlagen Auch im Bereich der Esssitten gibt es Normen, die immer auch dem Wandel unterworfen sind. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=