Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
390 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die zitierte Textpassage und fassen Sie die Überlegungen Nietzsches mit eigenen Worten zusammen! Bilden Sie Gruppen und suchen Sie ein Beispiel für einen Wertekonflikt! Diskutieren Sie, wie dieser in angemessener Weise ausgetragen werden könnte und stellen Sie Ihre Ergebnisse in der Klasse vor! 2.3 Recht Warum gelten Rechtsnormen überhaupt? Woher nehmen Staaten oder supranationale Organisationen wie die EU überhaupt das Recht, Menschen Vorschriften zu machen und diese mithilfe bewaffneter Gewalt durchzusetzen? Aus philosophischer Perspek- tive gibt es zwei große Strömungen, die dazu Antworten anbieten: naturrechtliche und rechtspositivistische Ansätze. Bei allen Unterschieden im Einzelnen gehen naturrechtliche Positionen davon aus, dass es bestimmte Rechtsvorstellungen gebe, die im Menschen selbst angelegt seien. Wie genau dies zu denken sei, wird ganz unterschiedlich beantwortet, was auch sehr verschiedenartige Konsequenzen zur Folge hat. So gingen und gehen einige Natur- rechtsvertreter/innen davon aus, dass bestimmte Rechtsgrundsätze in der menschli- chen Vernunft angelegt seien. Sie würden im Gegensatz zum geschriebenen Recht auf eine Art höheres Gesetz verweisen, dem im Zweifel der Vorzug zu geben sei. So vertrat John Locke den Standpunkt, dass das Eigentumsrecht ein zentrales, in der Vernunft gegründetes Recht sei. Nehme ein Herrscher dieses Recht seiner Untertanen nicht ernst, so hätten diese das naturgegebene Recht, Widerstand zu leisten. Anderen Naturrechtstheoretiker/innen galt oder gilt Recht als etwas, das den Menschen von einer Gottheit gegeben wurde. Wieder andere nehmen nur auf eine nicht näher beschriebene politische Macht Bezug, die Recht setze und in diesem Recht Ausdruck finde. Ein sehr einflussreicher Rechtsphilosoph dieser Richtung war der Jurist Carl Schmitt. Auch rechtspositivistische Positionen unterscheiden sich im Detail deutlich voneinan- der. Gemeinsam ist ihnen die Vorstellung, dass Recht von niemand anderem gemacht wird als von Menschen selbst. Ihnen zufolge gibt es kein anderes Recht als dasjenige, das Menschen in irgendeiner Weise erkennbar hervorgebracht haben. Es kann sich um verschriftlichtes Recht oder um Gewohnheitsrecht handeln; die Vorstellung eines „höheren Gesetzes“, dessen Existenz einfach angenommen wird, ohne dass es dafür einen Beleg gäbe, lehnen Rechtspositivistinnen/-positivisten hingegen ab. Entschei- dend ist nur, dass Recht von einer dazu befugten Instanz hervorgebracht wurde und entweder erfolgreich durchgesetzt oder von den Rechtsunterworfenen tatsächlich befolgt wird. Wenn Recht von Menschen gemacht ist und nicht in der Natur oder einem göttlichen Willen gründet, kann es im Grunde auch jederzeit wieder geändert werden. Es liegt aus rechtspositivistischer Sicht also in der Verantwortung der Menschen, wie sie ihre Rechtsverhältnisse gestalten. Bekannte Vertreter des Rechtspositivismus sind der bereits mehrfach erwähnte Hans Kelsen und der Rechts- philosoph Herbert Lionel Adolphus Hart. 2 3 r grundlagen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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