Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

110 Das Unbewusste enthält dem bewussten Denken viele Motive und Einstellungen vor. Warum das so ist, werden wir an anderer Stelle genauer erörtern. Für manche Vertreter/innen der kognitiven Psychologie ist klar, dass im Gehirn bestimmte vorpro- grammierte neuronale Prozesse im Gang sind, die unser Denken und Handeln vollständig bestimmen, ohne dass uns dieser Umstand auch nur ansatzweise bewusst wäre. Die Psychologin Cordelia Fine, von der das Zitat oben stammt, nennt die neuronale Steuerungsinstanz den „geheimen Kommandanten“. Doch vielleicht werden die entsprechenden Abläufe weniger durch vorgegebene biologische Programme gesteuert als vielmehr durch komplexe Lernprozesse vorbereitet? Was im zitierten Beispiel verschwiegen wird, ist der Umstand, dass niemals alle Teilnehmer/innen solcher Versuche ein bestimmtes Verhalten setzen, sondern in aller Regel eine Mehrheit Variante A, ein kleinerer Teil Variante B wählt. Dies zeigt immerhin, dass nicht in jedem Kopf dasselbe Programm abgespult wird. Wären unsere Überzeugun- gen, Empfindungen und Handlungen auch durch unsere Gewohnheiten und unsere Erziehung geprägt anstatt nur durch biologische Abläufe, hätten wir immerhin die Möglichkeit, sie zu ändern, wenn sie uns nicht gefallen. Auch könnten wir uns fragen, warum sie uns möglicherweise missfallen. Für Absender/innen persuasiver Botschaften ist es wichtig, sich darüber klar zu werden, mit wem sie es zu tun bekommen und wen genau sie ansprechen wollen. Zielgruppen zu kennen, ist also eine wichtige Voraussetzung erfolgreicher Überre- dung. Computerfreaks wird man von einem Systemwechsel nicht überzeugen können, indem man Fotografien eines berühmten Fotomodels vor einem bestimmten Laptop veröffentlicht. Demgegenüber kann es sehr wohl hilfreich sein, Erschöpfungszustände oder gesteigerte sexuelle Erregung durch Setzung bestimmter Reize auszunutzen, die ihrerseits wieder in Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt stehen. So wird es Sinn machen, bei einem Fernsehsender, der auf Sportsendungen für ein überwiegend männliches Publikum spezialisiert ist, andere Werbespots unterzubringen als auf einem Sender, der Kulturprogramm ausstrahlt und von Frauen wie Männern gleicher- úú Kapitel 4.1 VerTieFunG Werbung für einen schnellen Telefon und Internetzugang eines Anbieters von 2005 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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