Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

111 maßen frequentiert wird. Es ist also durchaus bedeutsam, Adressatinnen/Adressaten persuasiver Botschaften am richtigen Ort und zur richtigen Zeit zu „erwischen“. Wer eher müde und abgelenkt ist, kann auch bei Themen, über die sie/er sonst intensiv nachdenken würde, leichter umzustimmen sein als in ausgeschlafenem und ent- spanntem Zustand. Auch kann es sich als nützlich erweisen, an vermutete Vorurteile anzuknüpfen, weil es sich dabei um festgefügte Überzeugungen handelt, die inner- halb bestimmter Gruppen von Menschen weitgehend geteilt werden. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie den zitierten Text und benennen Sie darin Verallgemeinerungen, die Ihrer Ansicht nach zu weit gehen! Bilden Sie Gruppen und finden Sie anhand aktueller Werbespots im Fernsehen oder Werbeeinschaltungen im Internet Beispiele für das Nutzen von Vorurteilen! Ziehen Sie dabei auch die Ausführungen zu Abschnitt 3.1.4 heran! Begründen Sie Ihre Ergebnisse und stellen Sie sie auf einem Plakat dar! 3.3 Manipulation und Compliance Jede persuasive Kommunikation, insbesondere die der Werbung, hat immer auch mit Manipulation zu tun. Das Wort Manipulation (es kommt aus dem Französischen und heißt so viel wie „Handhabung“) bezeichnet gezielte Beeinflussungsmaßnahmen, die den Beeinflussten teilweise sogar verborgen bleiben. Diese Faktoren lassen sich in vielen persuasiven Kommunikationsformen finden. Freundlicher als Manipulation klingt vielleicht das Wort Compliance . Es lässt sich mit „Übereinstimmung“ übersetzen und bezeichnet die aktive Mitwirkung der Beeinflussten an den Aktivitäten derer, die sie zu etwas überreden wollen. Oft basiert diese Compliance darauf, dass bereits ein Einfluss hergestellt ist, ohne dass sich die Betroffenen dessen bewusst sind. So kann eine Versicherungsmaklerin einem Kunden scheinbar einen großen Gefallen tun, indem sie beispielsweise behauptet, ihm eine Lebensversicherung besonders günstig zu verkaufen und sich dafür sogar auf Ärger mit ihrem Chef einzulassen: „Für so einen guten Kunden lehne ich mich auch einmal weit aus dem Fenster.“ Die Chancen stehen gut, dass der Kunde auf diese Weise psychologisch unter Druck gerät und sich verpflichtet fühlt, nun auch etwas für die Maklerin zu tun, die sich doch so um ihn bemüht (Technik der Reziprozität). Eine andere Möglichkeit, Compliance herzustellen, besteht darin, dass Sie zunächst einmal eine große Bitte an jemanden herantragen, beispielsweise ob sie/er bereit wäre, regelmäßig in einem Zentrum für Obdachlosen- betreuung mitzuarbeiten. Die Bitte wird abgelehnt, aber dann fragen Sie, ob die betreffende Person nicht vielleicht einmal im Monat für zwei Stunden in der Essens­ ausgabe dieses Zentrums zu helfen (Door-in-the-face-Technik) . Die Chancen dafür, dass dieser (kleineren) Bitte nachgekommen wird, stehen empirischen Studien zufolge weit höher, als hätten Sie nur diese zweite Bitte vorgetragen. Umgekehrt kann es auch funktionieren: Sie ersuchen jemanden um eine Unterschrift für eine Petition. Die/Der Betreffende hat angefangen, sich irgendwie mit Ihrem Anliegen zu identifi- zieren. Es wird nun für Sie leichter, sie/ihn später zu einer (erst kleineren, dann vielleicht auch größeren) Spende zu veranlassen (Foot-in-the-door-Technik) . 2 3 t GrundlaGen Soziale Phänomene Soziale Phänomene 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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