Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
118 Filmanalyse Das Experiment (Regie: Oliver Hirschbiegel, 2001) Zum Inhalt des Films 20 Freiwillige männlichen Geschlechts melden sich aufgrund einer Zeitungsannonce für ein wissenschaftli- ches Experiment. Immerhin werden 4.000 D-Mark, also umgerechnet etwas mehr als 2.000 Euro, werden als Belohnung geboten. Die Testpersonen werden von den beteiligten Wissenschafterinnen/Wissenschaftern in Wärter und Gefangene eingeteilt und über Kameras bei der Simulation einer Gefängnissituation beobachtet. Die Gefangenen müssen sich einverstanden erklären, auf einige Grundrechte zu verzichten, ihre Mahlzeiten vollständig zu verspeisen und vor allem alle Anordnun- gen der Wärter zu befolgen. Sie haben allerdings das Recht, Besucher/innen zu empfangen. Die Wärter werden angewiesen, Regelverstöße der Gefangenen zu unterbinden, allerdings angemessen. Ihnen wird strikt untersagt, Gewalt anzuwenden, gleichwohl rüsten die Wissenschafter/innen sie mit Schlagstöcken aus. Es dauert nicht lange, und aus gegenseitigen Provokatio- nen entwickelt sich eine äußerst angespannte Situa- tion, in deren Verlauf die Wächter beschließen, die Gefangenen durch Erniedrigung unter Kontrolle zu bringen. Parallel entsteht unter den Wissenschafterin- nen/Wissenschaftern Streit, wie lange das Experiment, das aus dem Ruder zu laufen droht, noch fortgeführt werden soll. Inzwischen eskaliert die Lage im Gefäng- nis, die Wärter gehen gewalttätig gegen Gefangene vor, quälen und erniedrigen sie, töten schließlich sogar einen von ihnen. Dann bringen sie auch eine Wissen- schafterin und einen Assistenten in ihre Gewalt und sperren sie ein. Am Ende revoltieren die Gefangenen erfolgreich und können die Wärter überwältigen. Filmanalyse Einen Film zu analysieren, ist keine so einfache Angelegenheit, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Immerhin arbeiten Filme mit ganz unterschiedli- chen Eindrücken (Sprache, Musik, vor allem Bild) und auf verschiedenen Ebenen. Wenn es sich nicht gerade um einen Dokumentarfilm handelt, ist ein Film (wie ein Roman oder eine Erzählung) niemals ein bloßes Vehikel, um irgendwelche Themen zu transportieren. Die künstlerischen Techniken, die angewendet werden, spielen für die Analyse eines Films eine große Rolle. Das Wort Analyse kommt von dem griechischen análysis („Auflösung“). Eine Analyse zergliedert ein Objekt (in unserem Fall einen Film) in Einzelteile, setzt sich mit diesen kritisch auseinander, wertet sie aus, stellt Beziehungen zu anderen Themen her und nimmt begründete Beurteilungen vor. Auch das Wort kritisch kommt aus dem Griechischen, von krínein , was so viel wie „scheiden, unterscheiden“ bedeutet. Anders als viele Filmkritiken in Zeitungen, im Radio oder Internet, die sich mit Geschmacksurteilen begnügen, nimmt eine wissenschaftliche Filmanalyse die ursprüngliche Bedeutung von Kritik ernst. Es geht also um Herausar- beiten unterschiedlicher Elemente und Ebenen, ein In-Bezug-Setzen derselben zueinander und zu den zentralen Themen des Films. Im Blick darauf, wie die Der Film entstand nach dem Roman „Black Box“ von Mario Giordano und nimmt Anleihen beim StanfordPrisonExperiment aus dem Jahr 1971 (vgl. Abschnitt 3.2.1); im Bild Edgar Selge als Versuchsleiter, der die Teilnehmer in ihre Rolle als Gefängniswärter einweist. Methode Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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