Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

45 unterscheiden sich Wahrnehmungstäuschungen von Halluzinationen, die nicht bei fast allen Menschen in gleichen Wahrnehmungssituationen entstehen, sondern nur bei einigen. Deshalb wird im Zusammenhang mit Halluzinationen auch nicht von Wahrnehmungstäuschungen, sondern von Wahrnehmungsstörungen gesprochen. Sie gelten nicht als grundlegende Probleme, die auf Grenzen der Wahrnehmung verwei- sen, sondern als Folgen von Übermüdung, wahnhaften Vorstellungen oder der Einnahme psychogener Substanzen wie etwa bestimmter Drogen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Beschreiben Sie in eigenen Worten den Unterschied zwischen Wahrnehmungstäu­ schungen und Mehrdeutigkeiten! Finden Sie konkrete Beispiele, die ihre Einschätzung stützen! Vertreter der Gestaltpsychologie […] gingen davon aus, dass psychische Phäno- mene nur verstanden werden können, wenn man sie als organisiertes, strukturier- tes Ganzes sieht, und nicht, wenn man sie in einfache, elementare Perzepte zerlegt. In ihren Experimenten haben die Gestaltpsychologen untersucht, wie Wahrneh- mungsanordnungen als Gestalten wahrgenommen werden: Sie zeigten, dass sich das Ganze oft erheblich von der Summe seiner Teile unterscheidet. Richard J. Gerrig/Philip G. Zimbardo: Psychologie (18. Aufl. 2008), S. 143 f. Demnach strukturieren wir alles, was wir wahrnehmen, immer gleich so, dass es einen Zusammenhang ergibt. Einzelteile werden zugunsten von zusammenhängenden Gebilden vernachlässigt – auch auf die Gefahr hin, dass der Schluss auf einen Zusam- menhang voreilig erfolgt ist. Dem gestaltpsychologischen Ansatz zufolge lassen sich einige Regelmäßigkeiten bei der Herstellung von Zusammenhang erkennen: Nähe spielt eine Rolle (Gegenstände, die sich in geringem räumlichen Abstand befinden, werden als Gesamtheit wahrge- nommen), desgleichen Ähnlichkeit (Elemente, die einander ähnlich zu sein scheinen, werden als zusammengehörig wahrgenommen), das Konzept einer guten Fortsetzung (Linien werden als durchgehend wahrgenommen, auch wenn sie durchbrochen sind), die Vorstellung von Geschlossenheit (kleine Lücken zwischen Elementen werden oft gar nicht wahrgenommen, sondern automatisch gefüllt), ebenso wie die Vorstellung eines gemeinsamen Schicksals (was sich scheinbar in dieselbe Richtung bewegt, nehmen wir als zusammengehörend wahr). Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Beobachten Sie eine Zeit lang selbst, wie Sie Dinge wahrnehmen! Führen Sie Protokoll darüber und vergleichen Sie Ihre Ergebnisse! Recherchieren Sie im Internet zum Thema Halluzination und stellen Sie fest, in welchen medizinischen Zusammenhängen oder bei welchen Krankheitsbildern diese eine Rolle spielen! 1 AuSFüHrunG VErTiEFunG 2 3 Wahrnehmung und Kognition Wahrnehmung und Kognition 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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