Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

58 sich nicht in dieses Auto setzen, weil das nicht zusammenpasst. Sie/Er nimmt es nicht mehr als stimmig wahr. Also kleidet sie/er sich neu ein, kauft eine neue Tasche, wechselt den Friseur usw. Der Autokauf hat eine ganze Konsum-Kettenreaktion in Gang gesetzt. Werbepsychologisch ist diese Beobachtung sehr wichtig, weil es auf diese Weise möglich ist, nicht nur Bedürfnisse, sondern auch damit verknüpfte Selbstwahrnehmungsprozesse zu steuern. Letztere führen wiederum zu weiteren, mitunter fast zwanghaften Anpassungswünschen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Woran könnte es liegen, dass viele Menschen Markenartikel bevorzugen? Notieren Sie Ihre Assoziationen! Suchen Sie in Zeitungen und Zeitschriften Werbung für verschiedene Produkte, die jeweils einen ähnlichen Lifestyle ansprechen! Erstellen Sie daraus eine Collage! Mein alter Hausrock und der ganze Plunder, mit dem ich mich eingerichtet hatte – wie gut passte eins zum andern! Ein Stuhl aus Rohr, ein Tisch aus Holz, eine Ber- gamo-Tapete, halb Hanf, halb Seide, ein fichtenes Brett, auf dem ein paar Bücher standen, einige verräucherte Stiche ohne Rahmen, einfach auf die alte Wandtapete genagelt; unter den Kupferstichen drei oder vier Gipsabgüsse; das alles passte in seiner Kargheit aufs allerschönste zu meinem alten Hausrock. Jetzt ist alles aus den Fugen. Die Übereinstimmung ist dahin, und mit ihr das richtige Maß, die Schön- heit. Denis Diderot: Gründe, meinem alten Hausrock nachzutrauern (1772, dt. 1992), S. 10. Der französische Philosoph Denis Diderot beschreibt hier eine Art Kettenreaktion, die auf den Kauf eines neuen Hausmantels folgte. Nach und nach sah sich der Philosoph gezwungen, seine Inneneinrichtung zu verändern, weil sie ihm angesichts des neuen Kleidungsstücks allzu ärmlich erschien. Nichts mehr schien zusammenzupassen, alles musste ausgewechselt werden. Der Konsumforscher Grant McCracken hat dieses Phänomen später als Diderot-Effekt bezeichnet. Je nach Produkt und möglichen Absatzerwartungen werden Texte oder Bilder sogar gezielt produziert, um eine bestimmte Gruppe von Menschen anzusprechen. In der Werbung spricht man in diesem Zusammenhang von Zielgruppen , die bewusst angesprochen werden sollen. Zum Beispiel wird man in TV-Formaten, die auf Frauen/ Männer im Alter zwischen 25 und 45 Jahren ausgerichtet sind, keine Werbung für Haftcreme oder Treppenlifte platzieren. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Untersuchen Sie Ihr Konsumverhalten! Finden Sie darin Beispiele für den DiderotEffekt! Analysieren Sie die Fernsehwerbung zu einer Kindersendung, einem Spielfilm und einer Sportübertragung! 1 2 AuSFüHrunG Denis Diderot (1713–1784) VErTiEFunG 3 r 4 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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