Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

59 3 Lernen und Gedächtnis Lernprozesse hängen stark mit Gedächtnisleistungen zusammen. Sie haben aber auch damit zu tun, wie kreativ wir sind, wie viel Phantasie wir haben und welche Zusammenhänge wir herstellen können. 3.1 Lernen, was ist das? Keine besonders kluge Frage, könnten Sie meinen, nach zehn Jahren Schule. Aber dennoch, wir sollten doch möglichst genau wissen, wovon wir reden. Gelernt haben Sie beispielsweise etwas für eine Prüfung, und wenn Sie eine gute oder zumindest positive Note darauf bekommen haben, ist Ihnen das Lernen offenbar gelungen. Als Sie Schwimmen oder Radfahren gelernt haben, hat sich der Lernerfolg gar nicht in einer Note ausgedrückt, sondern darin, dass Sie etwas gekonnt haben, was Ihnen zuvor nicht möglich war. Das sollte auch in der Schule der Fall sein, aber hier rücken häufig andere Aspekte in den Vordergrund. Oft merken Sie erst in Situationen außerhalb der Schule, ob Ihre Englisch- oder Mathematikkenntnisse gut oder weniger gut sind. Geht es allein oder primär um eine Note, liegt eine Verwechslung von Lernen, Lernerfolg und schulischer Leistung vor, bei wem auch immer. Aber Sie können auch sagen, dass Sie etwas über eine/n Freundin/Freund gelernt haben, wenn sie/er ein Versprechen nicht eingehalten hat oder zwischen Ihnen wegen einer scheinbaren Kleinigkeit ein Streit ausgebrochen ist. Sie könnten in diesem Fall etwas über Sozialverhalten oder über Menschen ganz allgemein gelernt haben. Der Begriff lernen wird also höchst unterschiedlich gebraucht. Die Perspektiven, unter denen wir ihn wahrnehmen, sind so verschieden wie die Vorstellungen, die wir damit verbinden. Allen gemeinsam ist, dass Lernprozesse sich auf das Verhalten und vor allem auf die Möglichkeiten von Verhalten (Verhaltenspotentiale) auswirken sollten. Lernen bringt also einigermaßen nachhaltige Veränderungen mit sich. Dies setzt voraus, dass Informationen in einer bestimmten Weise verarbeitet wurden, allerdings nicht nur das. Die Ergebnisse solcher Verarbeitung müssen auch erinnert und später wieder abgerufen werden können. Wenn Sie zwei oder drei Sprachen lesen, schreiben und sprechen können, macht das einen Unterschied gegenüber der Kenntnis nur einer Sprache. Können Sie Rad- oder Autofahren, ist es Ihnen möglich, sich über weitere Strecken zu bewegen, als wenn Sie alles zu Fuß erledigen müssen. Zu derlei Veränderungen muss man aber auch bereit sein. Eine solche Bereitschaft kann nicht erzwungen werden, fördern lässt sie sich aber allemal. Lernen wirkt sich aber nicht nur auf unser Verhalten aus, sondern auch auf unser Denken und Empfinden. Je mehr Einsichten wir gewonnen haben, desto weiter wird unser Horizont und umso differenzierter wird unsere Welt- und Selbstwahrnehmung. GrundlaGEn Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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