Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
70 Unterricht muss entwicklungspsychologisch zur rechten Zeit kommen, dann näm- lich, wenn das Interesse des Kindes bereits da ist. […] Eine Lektion trägt in der Tat nur dann Früchte, wenn sie einem Bedürfnis entspricht, und sie entspricht nur dann einem Bedürfnis, wenn die Kenntnisse, die sie bringt, einer vom Kind erprobten und spontan erlebten Wirklichkeit entsprechen. Jean Piaget: Über Pädagogik (1999), S. 78 f. Kinder haben andere Gehirne als Erwachsene. Sie sind noch in der Entwicklung und Reifung, weswegen selbst bei gleicher Aufgabe und sogar gleicher Leistung andere Bereiche und vermutlich auch andere Prozesse involviert sind. Manfred Spitzer: Nervensachen (5. Aufl. 2009), S. 62. Wir sind zu unterschiedlichen Zeiten für unterschiedliche Erfahrungen empfänglich. Aus entwicklungspsychologischer Perspektive gibt es Phasen, in denen bestimmte Lerninhalte aufgenommen werden können und andere nicht. Es macht in der Regel keinen Sinn, Menschen im Alter von sechs oder sieben Jahren Integralrechnungen beibringen zu wollen, weil die allermeisten von ihnen den dafür notwendigen Grad abstrakten Denkens noch nicht erreicht haben. Auch dem Beobachtungslernen oder sozialen Lernen wird nach wie vor große Bedeutung zugemessen. Durch Beobachtung von Personen oder auch von Filmse- quenzen werden bestimmte Verhaltensmuster nachgeahmt (imitiert) und auf diese Weise angeeignet. Diese Art des Lernens spielt vor allem in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (Sozialisation) eine große Rolle. Früher herrschte die Ansicht vor, Kinder würden vor allem ihre Eltern oder einen Elternteil als Vorbild betrachten und sich an ihnen orientieren. In der medialen Kultur des 21. Jahrhunderts steht gewiss ein viel breiteres Spektrum an möglichen Vorbildern zur Verfügung. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Notieren Sie ganz assoziativ und stichwortartig Ihre Überlegungen, ob Sie gelegentlich jemanden als Vorbild bezeichnen und welche Vorbilder Sie in Ihrer Kindheit hatten! 3.7 Erinnerungsräume Letzten Endes sind es immer wieder Bilder, auf die wir reagieren und die deshalb auch besonders gut geeignet sind, Erinnerungsreize herzustellen. Eine Methode, sich dies etwa für einen Vortrag zunutze zu machen, geht auf ein antikes Rhetorikhand- buch zurück, das lange Zeit fälschlich dem römischen Redner, Politiker und philosophi- schen Schriftsteller Marcus Tullius Cicero zugeschrieben wurde. Stellen Sie sich einen oder mehrere Räume vor, die Sie sehr gut und bis in jedes Detail kennen! In Betracht kommen etwa Ihr Schlaf- oder Arbeitszimmer. Versetzen Sie sich dort hinein und ordnen Sie jedem Gegenstand darin einen Satz oder Absatz Ihres AuSFüHrunG VErTiEFunG úú Kapitel 4 2 r GrundlaGEn úú Kapitel 6.2.7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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