Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

77 Wir unterscheiden eine Vielzahl voneinander relativ unabhängiger kreativer Unterfangen. Ein kreativer Mensch kann ein bislang verzwicktes Problem lösen […], eine neue schwierige Frage oder Theorie formulieren […], ein Werk einer bestimmten Gattung produzieren […], online an realen oder gespielten Schlachten teilnehmen […]. Darüber hinaus kennen wir eine Reihe kreativer Leistungen […]. Was besonders wichtig ist: Wir erwarten nicht, dass sich eine Person, die sich in einem Bereich als kreativ erweist […], ohne weiteres durch eine Person ersetzen lässt, die in einem anderen Bereich kreativ ist. Howard Gardner: Five Minds for the Future (2006), S. 80. Gardner verweist hier auf Parallelen zwischen Kreativität und Intelligenz; man könnte auch sagen, es sei ein Schluss von etwas Besonderem auf Allgemeines, weil Kreativi- tät in der Regel als eine Facette von Intelligenz gilt. Wie es keine universellen Krite- rien für Kreativität gibt, so gibt es, zumindest Gardner zufolge, auch keine für Intelli- genz. Es kommt immer darauf an, um welche konkrete Intelligenz es geht. Schon die Schwierigkeiten, Intelligenz überhaupt zu definieren, zeigen, dass es im Grunde auch nicht möglich ist, sie zu messen. Intelligenz ist unstrittig ein Konstrukt, das abhängig von wissenschaftlichen Vorannahmen und sozialen Übereinkünften unterschiedlich bestimmt wird. In der Regel messen Intelligenztests auch keine Intelligenz schlechthin oder gar etwas, das allen Definitionen von Intelligenz gerecht werden könnte. Vielmehr werden bestimmte Fähigkeiten gemessen, insbesondere das Vorhandensein und die Ausprägung räumlicher Vorstellungen, Verständnis mathema- tisch-technischer Zusammenhänge sowie sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Der Schwerpunkt auf geometrischen und algebraischen Faktoren ist keineswegs zwin- gend und verweist schon an sich recht deutlich auf bestimmte soziale (bzw. ökonomi- sche) Wertigkeiten und Gewichtungen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Recherchieren Sie die Einsatzbereiche von Intelligenztests und erstellen Sie eine Übersicht! Diskutieren Sie gemeinsam, ob Intelligenztests dazu geeignet sind, Urteile über Menschen zu fällen! 4.3 Wird Intelligenz vererbt? Einige Vertreter/innen der Intelligenzforschung gehen davon aus, dass Intelligenz zu einem hohen Grad genetisch bedingt sei. Diese Annahme basiert auf Schätzungen, die ihrerseits wieder auf gruppenspezifischen statistischen Werten beruhen. All dies gründet zudem ausschließlich auf Intelligenzquotienten (IQ), die im Rahmen von Intelligenztests ermittelt werden. Häufig wird darauf verwiesen, dass Intelligenztests statistisch gesehen eine hohe Aussagekraft darüber entfalten würden, wie erfolgreich oder erfolglos schulische, universitäre oder berufliche Karrieren verlaufen. Woher die so gemessene Intelligenz stammt, kann aus den Tests selbst allerdings nicht geklärt AuSFüHrunG Howard Earl Gardner (geb. 1943) VErTiEFunG 2 3 t GrundlaGEn Wahrnehmung und Kognition Wahrnehmung und Kognition 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=