Zeichen 1, Schulbuch
76 7 Albrecht Dürer: Rhinoceros, Holzschnitt , 21 × 30 cm, 1515 Ein Vergleich zwischen Dürers Darstellung des Rhinoceros und dem Holz- schnitt Giovanni Pennis macht deutlich, dass Dürers Bild wesentlich detailreichere Informationen über das Aussehen des Tieres liefert. Die Abbildung auf der gegenüber liegenden Seite (Abb. 8) zeigt einen Ausschnitt, der ungefähr der Originalgröße von Dürers Holzschnitt ent- spricht. Jeder winzige Zwischenraum zwischen zwei schwarzen Linien musste mit dem Konturmesser umrandet und dann mit einem Hohleisen oder dem Geißfuß aus der Holzplatte herausgeschnitten werden. Al- brecht Dürer hatte es in dieser Technik schon früh zur Meisterschaft gebracht. Später führte er diese zeitraubende Arbeit nicht mehr selbst aus, sondern beauftragte einen Spezialisten, den sogenannten Form- schneider , mit dieser Aufgabe. Der Druck wurde in einer Druckerei durch- geführt. Davon gab es in Nürnberg sehr viele, denn seit der Erfindung des Buchdrucks um etwa 1460 waren breite Bevölkerungsschichten von einem wahren Bildungshunger erfasst. Was aber geschah mit dem wirklichen Nashorn aus Lissabon? Die Ge- schichte endete traurig: Nachdem das Tier einige Monate lang bestaunt worden war, wurde es auf Befehl des Königs wieder auf ein Schiff verla- den. Es sollte nach Rom gebracht und dem Papst als Geschenk überreicht werden. Kurz vor der italienischen Küste brach ein Sturm los. Das Schiff sank. Der Kadaver des Tieres wurde an Land gespült, geschmückt mit gol- denen Ketten. Die Technik des Holzschnitts Beschreibung Dürers Holzschnitt wurde ein erklärender Text beigefügt, der sach- liche Information mit Übertreibungen mischt. In heutiges Deutsch übersetzt, ergibt sich etwa folgender Inhalt: „Im Jahre 1515 nach Christi Geburt hat man Emanuel, dem großen und mächtigen König von Portugal, aus Indien ein solches lebendes Tier nach Portugal gebracht. Das nennen sie Rhinozeros. Das ist hier mit all seiner Gestalt abgebildet. Es hat eine Farbe wie eine gesprenkelte Schildkröte. Und ist ganz von dicken Schalen bedeckt. Und es hat die Größe eines Elefanten, aber kürzere Beine und ist sehr wehrhaft. Es hat ein scharfes, starkes Horn auf der Nase. Das fängt es an zu wetzen, wenn es irgendwo Steine findet. Dieses Tier ist des Elefanten Todfeind. Der Elefant fürchtet es sehr, denn wenn es ihn trifft, läuft ihm das Rhinozeros mit dem Kopf zwischen die Vorderbeine und reißt ihm den Bauch auf und tötet ihn. Dagegen kann er sich gar nicht wehren, denn das Rhinozeros ist so gewappnet, dass ihm der Elefant nichts antun kann. Man sagt auch, dass das Rhinozeros schnell, mutig und listig sei.“ „ … des Helffandt todt feyndt“ Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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