Zeichen 2, Schulbuch

12 Karikatur Charles Philipon (1800–1861) war Zeichner und Herausgeber einer regierungskritischen Zeitung. Er prangerte Missstände in Frank- reich an und machte sich über den König lustig. Angeregt auch durch die äußere Ähnlichkeit, wurde dieser sehr früh als Birne dargestellt. „Poire“ bedeutet im Französischen aber nicht nur „Birne“, sondern auch „Einfalts- pinsel“ oder „Dummkopf“. Da man damals für Majestätsbeleidigung noch vor Gericht kam, versuchte Philipon in einer Zeichnung den Weg vom König zur Birne zu veranschaulichen. Daran kann man die Entstehung einer Karikatur hervorragend nachvollziehen: Die Einzelheiten werden reduziert, das Wesentliche wird umso deutlicher herausgearbeitet. Es half nichts, er wurde trotzdem zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Caricare Dieses italienische Wort bedeutet unter anderem „belasten, überladen, verfremden, verzerren“. Dabei müssen es nicht immer äußere Merkmale sein, die übertrieben dargestellt werden. Auch der Charakter einer Person kann zugespitzt auf den Punkt gebracht werden: eine faule überreife Birne als Sinnbild für einen verschwenderischen König. Tabubruch Das Wort „Tabu“, abgeleitet aus der polynesischen Sprache („tapu“), bedeutete ursprünglich „heilig, unverletzlich“. Humor kann auch den bewussten Bruch von Regeln bedeuten: ein Verbot zu verletzen, Normen in Frage zu stellen oder sich über Herrschende lustig zu machen. Wo der Spaß aufhört und die Beleidigung beginnt, wird von der Gesell- schaft seit Jahrhunderten heiß diskutiert. Ganz schön aufgeblasen! Malerstar Albrecht Dürer (1471–1528), einer der bekanntesten Maler der Renaissance , wurde durch seine Kunst auch wohlhabend. Selbstbewusst zeigt er im Bild oben seine privilegierte Stellung. Er malt sich, angelehnt an Christus- Darstellungen, im kostbaren Pelzmantel. Eine Signatur und ein Text verweisen zusätzlich auf die Bedeutung des Künstlers. In vielen Werken, für die damalige Zeit unüblich, beschäftigt sich Dürer mit dem eigenen Abbild. Selbstironie? Dürer scheint aber auch über eine Portion Humor verfügt zu haben. Der schon zu Lebzeiten berühmte und hoch angesehene Künstler kritzelt an den Blattrand eines Briefes eine Karikatur . Eine lächerliche Figur mit abstehenden, wirren Haaren, der Mund zu einem Lachen weit aufgerissen. Über wen er sich damit lustig machen wollte, ist umstritten. Möglicherweise über eines seiner Modelle, vielleicht aber doch über sich selbst? Von der erhabenen Schönheit seiner anderen Bilder blieb in diesem kleinen Gekritzel nicht mehr viel übrig. 8 Links das Monogramm AD und die Jahreszahl: Albrecht Dürer, Selbstbildnis im Pelzrock, Öl auf Holz, 67 × 49 cm, 1500 9 Albrecht Dürer, Randzeichnung in dem Brief an Willibald Pirkheimer, 8.11.1506 10 Um die Zensur zu umgehen, zeichnete man nicht mehr den König, sondern einfach nur mehr eine Birne. Erschienen in der Wochenzeitung „La Caricature“ sowie in der Tageszeitung „Le Charivari“ (Katzenmusik). Charles Philipon, 1834 Bitte lächeln! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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