Zeichen 2, Schulbuch

Sehen und Wissen ~1500 v.Chr. 22 Bilder für das Jenseits Wir gehen manchmal davon aus, dass Bilder das wiedergeben sollen, was die Augen sehen. Aber darum ging es in den Bildern des alten Ägypten nicht. Sie waren nicht als Wandschmuck für die Lebenden gedacht, sie sollten den Toten dieWeiterführung ihres gewohn- ten Lebens im Jenseits ermöglichen. Man glaubte, dass die Verstorbenen weiterhin all das benötigen würden, was ihnen zu ihren Lebzeiten wichtig war. Was man ihnen nicht als Gegenstand mitgeben konnte, wurde sym- bolisch beigegeben, indem man es an die Wände der Grabkammern malte. Dabei ging es nicht um irgendeine zufällige Ansicht, sondern um eine ruhige, klare, eindeutige und vollständige Form. Betonung des Wesentlichen Bei der Darstellung der menschlichen Figur wurde jeder Körperteil von seiner charakteristischen Seite gezeigt: Der Kopf mit der vorspringenden Nase kann am besten in Profilhaltung abge- bildet werden, das Auge in der Vorderansicht. Auch Schultern und Brust Bilder für das Jenseits Viele Menschen empfinden die Art, wie Personen in ägyptischen Wand- bildern dargestellt sind, als sehr eigentümlich. Ihre Haltung erscheint steif und unnatürlich. Die Körper wirken irgendwie verdreht und flach- gedrückt. Auch die Größenverhältnisse stimmen nicht. Alles schaut aus, als ob es ausgeschnitten und aufgeklebt wäre. Wenn man allerdings danach fragt, wozu diese Bilder eigentlich gemacht wurden, dann wird schnell klar, dass diese Darstellungsweise ihrem Zweck sehr gut ent- spricht. 1 Bemaltes Relief im Grab des Königs Haremhab, um 1300 v. Chr. Sehen und Wissen In Bildern aus dem alten Ägypten finden wir Elemente genauer Naturbeobachtung und zugleich eher abstrakte, oft schematisch wirkende Gestaltungen. Jede dieser Darstel- lungsweisen ist für einen bestimmten Zweck besonders gut geeignet. Ein Foto kann zum Beispiel das Aussehen eines Hauses aus einer bestimmten Blickrichtung sehr gut vermitteln. Wenn wir aber wissen möchten, wie dieses Haus aufgebaut ist, benötigen wir andere Hilfsmittel. Wir greifen zu abstrakteren, oft auch zu schematischen Bildern: zu Plänen, Aufrissen oder Schnitten . Sehen und Wissen ergänzen einander als Grundlagen der Bildsprache. ca. 1300 v. Chr., Grab des Nebamun Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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