Zeichen 2, Schulbuch
Brave Buben, wilde Mädchen 26 Aktiv und passiv Ein Mann und eine Frau auf einem Boot. Das Bildmotiv erinnert an Caspar David Friedrichs Gemälde „Auf dem Segler“ (Abb. 1). Das ist kein Zufall, denn der Maler Carl Gustav Carus (1789–1869) war ein enger Freund und Bewunderer Friedrichs und orientierte sich stark an dessen Ideen. Aber gerade durch die Verwandtschaft der Motive fallen die Unterschiede besonders deutlich auf: Bei Friedrich sitzt das Paar gemeinsam am Bug, lässt sich vomWind dem fernen Hafen entgegentra- gen und reicht sich die Hände. Bei Carus steht der Mann alleine an der Spitze des Schiffes und führt das Ruder. Die Frau sitzt hinter ihm unter einem schützenden Kajütendach und schaut ihm zu. Er ist aktiv, sie ist passiv. Während er draußen im Licht arbeitet, hält sie sich im Schatten Rollenbilder in Kunst und Alltag Was als typisch weiblich und was als typisch männlich gilt, hat sich im Lauf der Geschichte oft geändert. Vieles, was als „naturgegebener“ Un- terschied zwischen den Geschlechtern empfunden wurde, ist eher auf ErziehungundDenkgewohnheiten zurückzuführen. Dabei der Entstehung und Verfestigung solcher Vorstellungen auch Bilder sehr einflussreich sein können, werden seit einigen Jahren die Darstellungen von Frauen und Männern beziehungsweise Mädchen und Buben in Film und Fern- sehen, in der Werbung, aber auch in der Kunst zunehmend kritisch be- trachtet. Wie romantisch! Das Eigenschaftswort „romantisch“ beschreibt einen stark gefühlsbetonten Zustand und wurde direkt von einem Stilbegriff, der Romantik , abgeleitet. Im Kapitel „Im Atelier“ (Seite 64–69) findest du mehr dazu. In vielen Bildern malt C. D. Friedrich Menschen in der Rückenansicht. Ihr eigener Blick ist der Natur, dem Horizont zugewandt. Dichterinnen In dieser Epoche konnten Damen der oberen Schichten erstmals einigermaßen gleichberechtigt am bis dahin von Männern dominierten Kultur- leben teilhaben. Vor allem Schrift- stellerinnen hatten nachhaltigen Erfolg und wurden gefeierter Mittelpunkt einer eigenen Literaturszene. Obwohl einige Werke zwar nur unter einem männlichen Pseudonym veröffentlicht werden konnten, war ein erster Schritt in Richtung Gleichstellung getan. 2 Carl Gustav Carus: Kahnfahrt auf der Elbe, 1827 1 Caspar David Friedrich (1774–1840): Auf dem Segler, 1818 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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