Zeichen 3, Schulbuch

Alles bewegt sich 24 Fortschritt Eine charakteristische Eigenheit der modernen Kunst ist ihr Drang nach dem Neuen. Während frühere Stilepochen sich über lange Zeiträume erstreckten, gibt es heute einen ständigen Wechsel. Schon zu Beginn des des 20. Jahrhunderts wurden gewohnte Wege verlassen, um neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. Eine Zeit der Experimente begann. Aus den Biografien vieler Künstlerinnen und Künstler wird deutlich, wie wichtig es ihnen war, immer weiter zu forschen und nicht auf einer einmal erreichten Stufe stehen zu bleiben. 1  Jean Tinguely: „Weiße, sich bewegende Formen auf schwarzem Grund“, bemaltes Holz und Metall, Elektromotor, 72,1 × 63,5 × 24,1 cm, 1957. Die zwei Abbildungen zeigen zwei Bewegungsmomente des Objektes. 2  Jean Tinguely: Meta-mechanisches Relief, Rahmen aus Stahlrohr; Draht, bemalter Karton und Elektromotor, 1954 Veränderung  Ein Künstler, der von seiner Sehnsucht nach laufender Ver- änderung zu immer neuen Experimenten getrieben wurden, war der Schweizer Jean Tinguely (1925–1991). Zu Beginn seiner Karriere war er von der abstrakten Malerei seiner Zeit beeinflusst: Ihn interessierte vor allem die spannungsreiche Beziehung von Farben und Formen – also die Kom- position. Doch er merkte bald, wie schwer es ihm fiel, sich auf eine end- gültige Gestaltung festzulegen. ln einem Rückblick auf diese frühen Jahre sagte er einmal: „Ich konnte mich nicht dazu durchringen zum Abschluss zu kommen und zu sagen: So, es ist fertig.“ Er sah in dieser Schwierigkeit aber nicht nur eine persönliche Schwäche, sondern er empfand sie als typischen Ausdruck des modernen Lebens, in dem es keinen festen Orien- tierungsrahmen mehr gibt. Kinetische Kunst  Tinguely hörte auf, unveränderliche Kompositionen zu malen. Stattdessen schnitt er aus Blech Formen aus und versetzte sie mit- hilfe eines Elektromotors, den er an der Rückseite der Bildtafel befestigte, in kreisende Bewegungen. Auf diese Weise ergaben sich immer neue Beziehungen zwischen den Formen. Ein Pariser Kunstkritiker fand diese Idee interessant. In Anlehnung an das griechische Wort „kinesis“ (= Be­ wegung) bezeichnete er diese neue Ausdrucksform als kinetische Kunst. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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