Zeichen 3, Schulbuch

33 4  Piktogramme von Abfallbehältern Reduktion  Unter den heutigen Entwürfen für Piktogramme gibt es eine starke Vorliebe für strenge, geometrische Gestaltungen. Wenn man z. B. die Piktogramme von Abfallbehältern aus den letzten zehn Jahren betrachtet, wird diese Entwicklung zur Einfachheit sehr deutlich. Das erste Beispiel (Weiß auf Grün) zeigt noch den gesamten Vorgang des Wegwerfens: Eine Person tritt zum Abfallkorb hin und wirft ein Papier hinein. Bei der menschlichen Figur gibt es zwar Ansätze zu geometri- schen Umformungen ( Stilisierungen ), aber insgesamt ist die Darstellung noch sehr an der Wirklichkeit orientiert. Beim zweiten Bild rechts dane- ben macht sich die Tendenz zu rechtwinkeliger Ordnung stärker bemerk- bar. Der Behälter ist nur noch schematisch angedeutet. Eine kleine, freiere Form soll das Herunterfallen eines zerknüllten Papierstückes darstellen. Die dritte Variante reduziert zwar den Vorgang des Wegwerfens auf die Hand und den Behälter, weist aber sonst mehrere realistische Details (Bananenschale!) auf. Die letzte Version geht in der Reduktion noch einen Schritt weiter. Trotz der strengen Geometrisierung ist das Gefühl des Fal- lenlassens stärker spürbar als beim dritten Beispiel. Die vier Beispiele zeigen in dieser Reihenfolge einen immer stärker wer- denden Verzicht auf die Vielfalt der Wirklichkeit, um das Wesentliche kon- zentrierter ausdrücken zu können. Man nennt diese Vorgangsweise Ab- straktion . Meistens verbindet man diesen Begriff mit dem Abrücken vom Naturvorbild in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Aber auch die Kunst des Mittelalters oder Ägyptens ist voll von abstrahierenden Darstellungen. Die Funktionen sind allerdings unterschiedlich: Während die Symbole damals in vielschichtigen geistigen Zusammenhängen standen, haben unsere heutigen Piktogramme nur die Aufgabe, Informationen schnell zu vermitteln. Die letzt Version geht in der Reduktion noch ei en Schritt weiter. Trotz der strengen Geometrisierung ist das Gefühl des Fallenlassens stärker spürbar als beim dritten Beispiel. Die vier Beispiele zeigen in dieser Reihenfolge einen immer stärker werdenden Verzicht auf die Vielfalt der Wirklichkeit, um das Wesentliche konzentrier- ter ausdrücken zu können. Man nennt diese Vor- gangsweise Abstraktion. Meistens verbindet man diesen Begriff mit dem Abrücken vom Naturvorbild in der Ku st des 20.Jahrhunderts. Aber auch die Kunst des Mittelalters oder Ägyptens ist voll von abstrahierenden Dars ellungen. Die Funktion n sind allerdings unterschiedlich: Während die Symbole damals in vielschichtigen geistigen Zusammen- hängen standen, haben unsere heutigen Pikto- gramme nur die Aufgabe, Informationen schnell zu vermitteln. 5  Ein Kreisverkehr: Wo ist die Ausfahrt zum Flughafen? Ein Piktogramm schafft Klarheit. Lernhilfe!  Gemeinsam mit dem Grafiker Gerd Arntz (1900–1988) entwickelte der österreichische Philosoph und Volksbildner Otto Neurath (1882–1945) ab etwa 1930 ein Visualisierungssystem names „Isotype“ (International System of Typograhic Picture Education). Es sollte helfen komplexe Informationen international verständlich darzustellen. Neurath war von der Aussagekraft und Einfachheit der Bilder überzeugt und setzte seine Piktogramme als Unterstützung von Lernprozessen ein. Olympia  Der nächste große Schritt in der Entwicklung weltweit gültiger und verständlicher Piktogramme waren Gestaltungen für die Olympischen Spiele. Für die Wettkämpfe in Tokio 1964 war es unumgänglich, bildhafte Leitsysteme zu entwerfen, um in der fremden Schrift­ kultur Japans Orientierungshilfen anzubieten. Die noch sehr figurativen japanischen Vorbilder wurden für die Spiele in München 1972 vom deutschen Grafiker und Designer Otl Aicher (1922–1991) weiter reduziert und systematisiert. Seine Gestaltungsserien waren prägend für nachfolgende Generationen. 6  Die Piktogramme von Otl Aicher werden auch 40 Jahre nach ihrer Entstehung noch verwendet. Fechtveranstaltung in Leibzig, 2011 v.Chr. 0 500 1000 1500 heute Otl Aicher (1922–1991) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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