Zeichen 3, Schulbuch

62 Weltreise im Stiegenhaus Die Residenz Im Spätherbst 1750 verließ Giovanni Battista Tiepolo (1696–1770) seine Heimatstadt Venedig, um einen neuen Auftrag in Würzburg zu übernehmen. Seine Bilder, die an den Wänden zahlreicher Villen, Schlösser, Paläste und Kirchen Norditaliens zu sehen sind, hatten ihn berühmt gemacht. Seine zwei Söhne, der jüngere war gerade vierzehn Jahre alt, waren bereits wichtige Mitarbeiter seines Unternehmens. Sie begleiteten ihn auf der wochenlangen und mühsamen Reise in den Norden. Es dauerte drei Jahre, bis sie wieder mit ihrer Familie, die in Venedig zurückblieb, zusammenkamen. Die Fresken, die sie in dieser Zeit als Gastarbeiter an die Wände der Würzburger Residenz malten, gehören heute zu den großartigsten Kunstwerken ihrer Art. 1  Salomon Kleiner: Die Residenz in Würzburg, Zeichnung um 1740 Kunstbetrieb  Giovanni Battista Tiepolo hatte bei einem Onkel das Malerhand­ werk gelernt und sich schon als Acht­ zehnjähriger in Venedig selbstständig gemacht. Er war als Unternehmer erfolgreich. Sein Spezialgebiet wurden Bildprogramme, mit denen er Paläste und Villen der reichen Oberschicht ausstattete. Dabei wurden Maler besonders geschätzt, denen es gelang, mit ihrer Kunstfertigkeit überraschende Raumeindrücke zu erzeugen. Oft wurden die Konzepte von Architekten und Malern aufeinander abgestimmt. Als Giovanni Battista den Großauftrag aus Würzburg erhielt, hatte er bereits mehrere Projekte gemeinsam mit seinem älteren Sohn Giovanni Domenico verwirklicht. Auch in Würzburg arbeiteten sie zusammen und schufen, unterstützt von Mitarbeitern ihrer Werkstatt, das größte Deckenfresko der Welt. Das Honorar, das G.B. Tiepolo für seine Leistug bekam, war fürstlich: 22.000,- Gulden. Zusätzlich wurden der Meister und sein Team während der Dauer ihres Aufenthalts angemessen versorgt. Der Auftraggeber stellte freie Unterkunft und Verpflegung. In der kalten Jahreszeit, wenn an den Fresken der Residenz nicht gearbeitet wurde, konnte Tiepolo nebenbei auch andere Arbeiten annehmen, was er auch tat. 2  Würzburg, Residenz, Ehrenhof 3  Würzburg, Haupteingang der Residenz von der Stadtseite Die neue Residenz  Als Carl Philipp von Greifenklau seine Regentschaft als Fürstbischof von Würzburg und Herzog von Franken begann, über- nahm er von seinemVorgänger eine große Baustelle. Das riesige Gebäude der neuen Residenz war zwar im Rohbau bereits fertiggestellt, der nächste Bauabschnitt, der Innenausbau, stand aber erst noch bevor. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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