Zeichen 3, Schulbuch
66 Auf dem Olymp Großformat Eine Gesamtansicht des Decken freskos in der Würzburger Residenz zu fotografieren ist ziemlich schwierig. Erstens ist die Bildfläche riesig – 32 Meter lang und 19 Meter breit – und außerdem ist die Decke nicht flach, sondern gewölbt. Die Verzerrungen, die sich dadurch ergeben, hat Tiepolo für den Blick der Betrachterinnen und Betrachter, die ja nicht alle Details auf einmal wahr nehmen, ausgleichen können. Für eine Fotografie des Gesamtbildes müsste aber ein Weitwinkel objektiv verwendet werden, dessen Blickfeld wesentlich größer ist als das eines Menschen. Die einzelnen Teile des Bildes würden dadurch verzerrt abgebildet. Digitale Fotografie und die Möglichkeiten der Nachbearbeitung am Computer haben für fotografische Dokumentationen neue Möglichkeiten geschaffen. 13 G.B. Tiepolo: Apollo, Ausschnitt 14 G.B. Tiepolo: Ares (Mars), Ausschnitt 15 G.B. Tiepolo: Porträt des Fürstbischofs 16 G. B.Tiepolo: Apollo 17 G.B. Tiepolo: Apotheose des Fürstbischofs 18 G. B. Tiepolo: Selbst porträt 19 G. B. Tiepolo: der Architekt Balthasar Neumann Ein Bischof auf dem Olymp Die Botschaft des Decken freskos reicht aber über die allegorische Darstellung der vier Kontinente hinaus. Über den Köpfen der Figurengruppen, die die Erdteile symbolisieren, öffnet sich der Ausblick in einen lichtstrahlenden Himmel, der das gesamte Mittel- feld des Bildes bedeckt. Zwischen Wolkenformationen sehen wir eine Vielzahl schwebender Gestalten. Eine von ihnen ist von einem Strahlen- kranz umgeben, der an die Sonne erinnert. Sie bildet offensichtlich den Schwerpunkt des Bildes. Die Wolken und die Gruppen der schwebenden Figuren führen wie in einem kreisenden Wirbel auf sie zu. Wer die griechischen Götter- und Heldensagen gelesen hat, wird den Gott Apollon (römisch: Apollo) erkennen. Er trägt seinen Köcher mit den unfehlbaren Pfeilen und auf der Wolke zu seiner Rechten schieben geflü- gelte Wesen den Sonnenwagen auf ein Pferd zu, das vielleicht ange- spannt werden soll. Weiter unten sitzt auf einer dunklen Wolke der bewaffnete Kriegsgott Ares (römisch: Mars). Neben ihm Aphrodite (römisch: Venus), die Göttin der Liebe. Es ist also der antike Götterhim- mel, der Olymp, in den uns der Maler hier blicken lässt. Und in diesen Himmel tragen andere geflügelte Gestalten von Europa aus ein Porträt des Fürstbischofs Carl Philipp von Greifenklau. Über seinen Kopf wird der Herzogshut gehalten, daneben bläst eine Frau in die Posaune, um auf das Ereignis aufmerksam zu machen. Und die Welt schaut zu. Weltreise im Stiegenhaus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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