Zeichen 3, Schulbuch

67 20  G. B. Tiepolo: Europa und die Apotheose (Verherrlichung) des Fürstbischofs Täuschend echt  Vielleicht ist dir beim Betrachten der vorgestellten Bil- der aufgefallen, dass die Abgrenzung zwischen dem Decken fresko und den Wänden des Treppenhauses nicht eindeutig ist. Über dem tatsächlich gemauerten Gesims gibt es ein gemaltes, das die Wand in das Bild hinein fortzusetzen scheint. Die Malerei des Freskos überschreitet an mehreren Stellen den Rahmen des Bildes und reicht hinein in die Fläche des vorge- täuschten Gesimses. Auch plastisch modellierte Figuren überragen die Trennlinie zwischen Malerei und Architektur. Ihre Beine werfen wirkliche Schatten, aber die danebenliegenden Schatten gemalter Personen und Gegenstände erscheinen fast genauso real. Zur Zeit Tiepolos – wir nennen diese Epoche heute das Rokoko, eine Spätform des Barock – waren solche Effekte sehr gefragt. Scheinarchitektur nannte man das Vortäuschen von Architektur- formen durch Malerei. Die Wirkung eines Raumes oder einer Fassade wurde durch diese Technik stark verändert. Hast du selbst schon ein Wand- oder Decken fresko im Original gesehen? In einem Schloss oder in einer Kirche? Gibt es in der Nähe deines Wohnortes eine Möglichkeit, ein solches Kunstwerk zu betrachten? Vielleicht bietet ein Sonntagsausflug, der nächste Urlaub oder ein Lehrausgang mit deiner Klasse eine Gelegenheit dazu. Manchmal erhalten Schülerinnen und Schüler auch die Chance, selbst an der Gestaltung eines Wandbildes mitzuwirken. An der Mauer eines Schulhofs zum Beispiel oder an einer Plakatwand. Die komplizierte Fresko technik wirst du dabei zwar nicht anwenden können, aber du könntest doch vieles über das Malen in großen Formaten, über genaue Planung und Arbeitsteilung und über die Zusammenarbeit in einem Team erfahren. Erkundige dich bei deiner Lehrerin oder bei deinem Lehrer, ob ein Wandbild als Klassenarbeit möglich wäre. Du hast in diesem Kapitel erfahren, wie der Maler Giovanni Battista Tiepolo die Erdteile in seinen Bildern dargestellt hat. Versuche selbst ein Bild zu entwerfen, das ein bestimmtes Land zum Thema hat. Ein Plakat für die Tourismuswerbung zum Beispiel. Welche Merkmale und Kennzeichen sind für dich zur Charakterisierung des gewählten Landes wichtig? 21  G. B. Tiepolo: Illusionsmalerei (Fresko) in der Villa Valmarana, Vicenza, 1757 22  G. B. Tiepolo: Flussgott Main mit Nymphe, Decken fresko im Kaisersaal der Würzburger Residenz, Ausschnitt Fresko  Die Wand- und Deckenbilder der Würzburger Residenz wurden in Fresko ­ technik gemalt. „Fresco“ ist das italieni­ sche Wort für „frisch“. Malerei „al fresco“ heißt, dass die Farben direkt auf den frischen und noch feuchten Verputz der Wand aufgetragen werden. Farbpulver, die so genannten Pigmente, werden dazu mit einer Mischung aus gelöschtem Kalk und Wasser verrührt. Nach dem Auftragen verbinden sich Kalkfarbe und Kalkmörtel zu einer dauerhaften Einheit. Natürlich bleibt der Verputz nur begrenzte Zeit feucht – etwa einen Tag lang. Daher wird am Morgen eines Arbeitstages immer nur eine so große Fläche vorbereitet, wie sie die Maler bis zum Abend voraussicht­ lich bewältigen können. Hart gewordener Mörtel, der nicht fertig bemalt wurde, muss abgeschlagen werden. Der neue Tag beginnt wieder mit dem Auftragen einer frischen Mörtelfläche. Wenn du direkt vor einem Fresko steht, kannst du bei genauem Hinsehen im Streiflicht die Grenzen der einzelnen Putzfelder – sie werden Tagwerke genannt – erkennen. Am Decken fresko des Treppenhauses der Würzburger Residenz wurden 218 solcher Flächen gezählt. v.Chr. 0 500 1000 1500 heute 1757, G. B. Tiepolo: Fresken in der Villa Valmarana, Vicenza Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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