Zeichen 3, Schulbuch

82 Dionysos in Kärnten Verlassene Stadt  Bevor Rom die Provinz Noricom in sein Imperium eingliederte, lag das Verwaltungszentrum des Landes auf dem Magdalensberg im heutigen Kärnten. Am Fuße dieses Berges, auf der Ebene des Zollfeldes, wurde die römische Stadt Virunum gegr ndet. Sie hatte keine Wehrmauern. Als im 5. Jahrhundert immer wieder fremde Völker das Gebiet durchquerten, fühlten sich die Bewohnerinnen und Bewohner zu wenig geschützt und verließen die Stadt, die danach bald verödete. Neues Zentrum  Die Verwaltungs­ aufgaben übernahm nun Teurnia in Ober­ kärnten, westlich von Spittal an der Drau. Hier hatte das Christentum schon früh Fuß gefasst. Auch an diesem vergleichs­ weise abgelegenen Ort wurden Bauten errichtet, an denen die Gemeinde sich versammeln und die Liturgie feiern konnte (Abb. 17). Iphigenie  Das Bild der Iphigenie ist mit den Mosaiken, die in diesem Kapitel vorgestellt wurden, nicht direkt vergleich­ bar. Der Kopf (Abb. 15) ist ein Detail aus einem Fresko, das auf dem Magdalens­ berg in Kärnten freigelegt und geborgen wurde. Natürlich kann mit dem Pinsel auf einer glatten Putzfläche ein Bild leichter und lockerer hergestellt werden, als durch das langwierige Zusammensetzen tausender kleiner Mosaik würfel. Trotz­ dem lohnt sich ein genauer Blick auf das Gesicht der Iphigenie. Die Natürlichkeit und Lebendigkeit, die das Bild ausstrahlt, entspricht genau der antiken Bildauf­ fassung, die schon kurze Zeit nach der Entstehung des Freskos schrittweise aufgegeben wurde. 15  Iphigenie, Ausschnitt eines Freskos, Magdalensberg in Kärnten, 1. Jh. v. Chr. 16  Dionysos mosaik aus Virunum, um 280 n. Chr. Virunum  Diese Entwicklung von der antiken Eleganz zur vergröberten Zeichensprache lässt sich auch anhand von zwei Beispielen zeigen, die vor etwa hundert Jahren in Kärnten freigelegt wurden. Das erste Beispiel (Abb. 16) fand man am Zollfeld, nördlich von Klagenfurt. Dort lag in römi- scher Zeit die Provinzhauptstadt Virunum (vgl. Zeichen 3, Expertinnen und Experten ermitteln). 1898 entdeckte man in einem Acker ein gut erhaltenes 5,36 × 5,58 m großes Boden mosaik, das vermutlich zu einem Speisesaal gehörte. Aus einem Münzfund lässt sich schließen, dass es ungefähr um 280 n. Chr. angefertigt wurde. In der Mitte eines geometrisch gegliederten Quadrates ist Dionysos, der Gott des Weines, dargestellt. Er ist von seinen tanzenden Begleiterinnen und Begleitern sowie von Pfauen und anderen Vögeln umgeben. Die breite Umrahmung besteht aus vielerlei Ornamenten, darunter auch plas- tisch wirkende Zopf- und Mäander- Bänder. Alles ist in höchster hand- werklicher Perfektion gestaltet, die mit der Qualität der Arbeiten in Aqui- leia durchaus vergleichbar ist. Vom Abbild zum Zeichen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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