sprachreif 1, Schulbuch
103 Eine Zusammenfassung schreiben Schritt 1: Planen Als Rebellion noch möglich war Von Maximilian Probst | 01.09.2008 Von Athen und Sparta zu Lifestyle und Drogenproblemen: Eine kleine Kulturgeschichte des Heranwachsens zwischen Anpassung und Widerstand von Maximilian Probst Jung sein heißt ausprobieren. Es ist die Zeit, in der die Regeln der Gesellschaft nur bedingt gelten: Der junge Barack Obama kann mit Kokain experimentieren und später – vielleicht – trotzdem Präsident werden. […] Natürlich ist jugendliche Auflehnung zu einem Teil Pose: Mit der Geste der entschlossenen Wildheit wird die Unfertig- keit der eigenen Identität überdeckt. Aber sie ist auch ein Korrektiv geltender Konventionen: Der jugendliche Straßenkämpfer zer- schmeißt nicht nur Scheiben, er hält den Erwachsenen auch ihre Le- benslügen unter die Nase – zwingt sie zur Auseinandersetzung mit „unbequemen Wahrheiten“. Die Erwachsenen lassen sich das nicht immer bieten. Im antiken Sparta etwa wurde jede jugendliche Herausforderung von vornher- ein unterbunden. Mit sieben Jahren verließen junge Spartaner ihre Familien, um Gehorsam, Selbstkontrolle und Kollektivbewusstsein eingebläut zu bekommen, Werte, die mit der statischen, auf Behar- rung ausgerichteten Gesellschaft Spartas harmonierten. Beliebt war der Brauch, Jugendliche zur Abhärtung öffentlich züchtigen zu las- sen. Angefeuert von den Eltern, trotz der Schläge nicht in die Knie zu gehen, sank mancher von ihnen, vollendet angepasst an das Sys- tem, dem Tod in die Arme. In Spartas Konkurrenzmetropole Athen war hingegen das Sozialge- füge lockerer, die Erziehung weniger straff und überwiegend privat. Wichtigen Einfluss übten die Sophisten. Sie lösten mit ihrem Glau- ben an den Intellekt die Jugend aus den Fesseln der alten, auf körper- licher Disziplin und Vorbildern beruhenden Erziehung und spra- chen den Einzelnen als selbstbestimmtes Individuum an, nicht als Glied der Gemeinschaft. Dass die Athener Jugend diese Freiräume nutzt, bezeugt Sokrates’ Beschwerde in Platons Staat, Söhne hätten keinen Respekt mehr vor ihren Vätern und Schüler nicht mehr vor den Lehrern. Aristoteles nennt die Jugend heftig, aufbrausend, schwankend und maßlos in all ihrem Tun. Die Jugend in der Moderne hat beide Modelle – das athenische und das spartanische – nachempfunden: einmal im liberal-bürgerlichen, einmal im totalitären Staat. Das Mittelalter hingegen, mit seiner bäu- erlich-adligen Lebensform, kannte das Problem der Jugend nicht – weil sie von ihr selbst nichts wusste. […] Kinder im zarten Alter von sieben Jahren nahmen übergangslos ih- ren Platz an der Seite von Erwachsenen ein: kleideten sich wie sie und teilten deren Arbeit und Vergnügungen. […] 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 Schriftliche Kompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=