sprachreif 1, Schulbuch
144 Dokus. Alberti: „Die Real-Do- kus sind wie ein Gewächs, das sich jetzt durch den Asphalt drückt.“ […] Mittlerweile gibt es ungezählte Varianten und Mischformen des Real-People- TV. Wir erleben „den Aufbruch der klassischen Formen und ein Feuerwerk der Mix-Ästhetik“, sagt Nico Hofmann. „Uns fehlt die Nomenklatur“, gibt Mat- thias Alberti angesichts des Durcheinanders neuer Formate und Begriffe zu. Der Begriff „Hybridformate“ versucht zu fassen, was kaum zu fassen ist. Zurzeit wird alles mit allem ge- kreuzt, Fiction mit Doku, Zu- schauershow mit Krimi, Dating mit Soap – eine Portion Reality gehört jedoch fast immer dazu. Was die Fernsehindustrie von der Echtmenschelei hat, ist offensichtlich: Billigeres und willigeres Sendematerial gibt es schlechterdings nicht. Selbst wenn die Sendungen aufwändig produziert werden, den Roh- stoff Normalmensch gibt es massenhaft – und damit kon- kurrenzlos günstig. Und die moderne Videotechnik tut ihr Übriges. „Durch die DV-Tech- nik sind Langzeitbeobachtun- gen finanzierbar geworden“, sagt der WDR-Unterhaltung- schef Axel Beyer. Gelingt es ei- nem Sender dann noch, die Frau und den Mann von der Straße per Talentshow zum Star zu stilisieren, bringen sie ihm nicht nur Werbemillionen, Te- lefon-Euro undMerchandising- Gelder ein. Man kann seine Ge- schöpfe auch noch hundertfach als Sendezeitfüller verwerten. So machen sich die Sender ihre Nachrichten, den Stoff für Specials, Boulevardshows und Beckmann-Talks kurzerhand selbst. Ein geschlossenes Sys- tem. „ We have a dream “ singen die von RTL geschaffenen „Su- perstars“ – die Senderchefs ha- ben ihn sich verwirklicht. Was das große Publikum am Echtmenschenfernsehen reizt, ist schwerer zu durchschauen. Sicher, mit „echten Menschen“, etwa der sympathisch-rundli- chen Schwarzwaldhaus-Familie aus Berlin, kann sich der Durchschnittsmensch eher identifizieren als mit makello- sen Blondinen, die in Spiels- hows Buchstaben umdrehen. Verständlich, dass es bei Cas- tingshows vielen Spaß macht, den Traum vom Berühmtwer- den mitzuträumen. Und so mancher feixt ganz gern, wenn sich seine Mitmenschen in maßloser Selbstüberschätzung lächerlich machen. Natürlich will bei den Doku-Soaps der Voyeur in uns nur allzu gern und immer wieder wissen, wie es bei den Hempels unterm Sofa aussieht. Doch all das erklärt den Erfolg der „echten Leute“ nicht vollständig. Ein großer Reiz dürfte im Oszillieren zwi- schen Realität und Fiktion lie- gen. Schon bei der als „Experi- ment “ vermarkte ten Big Brother -Show lag der Kick in der vermeintlichen Authentizi- tät, die der Zuschauer als Insze- nierung zu entlarven lernte. […] QUELLE: http://www.zeit.de/2003/35/Reality-TV ; (abgerufen am 03.05.2014) 158 160 162 164 166 168 170 172 174 176 178 180 182 184 186 188 190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 214 216 218 220 222 224 226 228 230 232 234 236 238 240 242 244 246 Verfassen Sie gemeinsam einen Kurztext in der Länge von 200 Wörtern, in dem Sie die Kernaussagen des Berichtes zusammenfassen. Überlegen Sie außerdem, zu welchen Erörterungsthemen dieser Text passen würde. Formulieren Sie mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner vier mögliche Themenstellun- gen. Finden Sie mindestens fünf Zitate im Text, die Sie in einer Erörterung mit diesem Ausgangstext verwenden könnten. Nehmen Sie anschließend zu den ausgewählten Zitaten in drei bis vier Sätzen Stellung. Zwischenstopp Sie sollten jetzt folgende Teilkompetenzen erworben haben: • verschiedene Familienbilder (damals und heute) miteinander vergleichen können • moderne mediale Entwicklungen und ihre Darstellung von Familien und deren Strukturen darstellen können • die Idee hinter Realityshows erklären können A48 B A49 Text- kompetenz Mediale Bildung 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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