sprachreif 1, Schulbuch

61 Glücklich, lernen zu dürfen Von Mag. Ute Brühl | 12.02.2014 Zwei Migranten und Stipendiaten erzählen, warum sie gerne in die Schule gehen. Sie ist in Pakistan aufgewach- sen, er in Afghanistan. Vor ein paar Jahren sind der 19-jährige Mohammed Ali Ataie und die 16-jährige Mahrukh Syed nach Österreich gekommen – „dem Land der unbegrenzten Mög- lichkeiten.“ Davon sind die bei- den Schüler überzeugt. Mohammed ist voll des Lo- bes für seine neue Heimat: „Hier ist alles perfekt. Ich be- komme die Bildung, die ich will. Die gebotenenMöglichkei- ten muss ich nur nutzen.“ Mah- rukh sieht das genauso: „In Pa- kistan musst du für gute Schulen viel bezahlen. Hier ist alles gratis.“ Doch ganz so gratis ist auch in Österreich das Schulwesen nicht. Ohne eigenen Laptop kann ein Schüler heutzutage fast keine Matura mehr ma- chen. Und die Kosten für Sprachreisen oder Projektwo- chen übersteigen das Budget vieler Eltern. Für begabte Schü- ler mit Migrationshintergrund gibt es deshalb seit sieben Jah- ren das „Start-Stipendium“: Mahrukh und Mohammed be- kommen aus diesem Topf Un- terstützung. Mohammed konn- te sich so eine Sprachreise nach Italien finanzieren. Zusätzlich gibt es für die Stipendiaten Kurse und Workshops, die sie beim Lernen – etwa beim Schreiben der vorwissenschaft- lichen Arbeit – unterstützen. Ehrgeizig Was im Gespräch mit Moham- med und Mahrukh auffällt: Sie sind sehr zielstrebig. Und: Ihr Deutsch ist perfekt. Während des KURIER- Interviews unter- läuft Mohamed kein einziger Grammatikfehler. Dabei ist er erst vier Jahre im Land: „Im Al- ter von 16 Jahren kam ich ohne Eltern nach Österreich. Ich sprach kein Wort Deutsch. Am Vormittag besuchte ich die Hauptschule, am Nachmittag lernte ich die Sprache.“ Den Hauptschulabschluss hat er bra- vourös gemeistert. Doch damit gab er sich nicht zufrieden. Sein Ziel: „Ich will die Matura ma- chen und Medizin studieren.“ Eine große Hürde auf dem Weg dahin war es, eine AHS zu finden, die einen so „alten“ Schüler aufnimmt. „Das Brigit- tenauer Gymnasium in Wien war bereit, mich aufzunehmen und zu fördern. Auf die erste Deutsch-Schularbeit hatte ich einen Fünfer“, erinnert er sich. Doch sein Professor hat den Schüler aus Afghanistan nicht aufgegeben: „Er war sehr streng mit mir, hat mich immer wieder verbessert und mir zusätzliche Übungen aufgegeben.“ Die Mühe hat sich gelohnt: „Heute schreibe ich fast nur noch Ein- ser oder Zweier in Deutsch“, sagt Mohammed stolz. Für Mahrukh Syed war die Sprache ebenfalls die größte Hürde: „Ich kam mit fünf Jah- ren nach Wien und war damals nur ein paar Monate imKinder- garten. In der Volksschule tat ich mir anfangs sehr schwer, weil ich fast nichts verstand.“ Das ist Geschichte. Jetzt geht sie in die 6. Klasse der AHS Erlgas- se. Wie Mohammed ist sie äu- ßerst ehrgeizig: „Ich lerne viel – ich mache mehr als nur meine Hausübungen.“ Warum sie so zielstrebig ist? „Ich will etwas erreichen“, sagt sie bestimmt. Wie Mohammed möchte sie am liebsten Medizin studieren. „So kann ich anderen Menschen helfen“, erklärt sie ih- ren Berufswunsch. Jus oder Pharmazie wären ebenso eine Option für ihre berufliche Zu- kunft. Augenrollen Ein großes Lob gibt es von den beiden für ihre Lehrer: „Die sind sehr engagiert und stren- gen sich wirklich an, dass wir in der Schule etwas lernen“, sagt Mohammed. Wie sich das zeigt? „Sie rollen zum Beispiel nicht die Augen, wenn man etwas fragt. Sie erklären es so oft, bis man das verstanden hat“, er- zählt Mahrukh Syed. Bildung als Geschenk, für das man dankbar sein kann. Das wissen nicht alle ihre Mit- schüler zu schätzen – den bei- den Schülern aus Afghanistan und Pakistan fällt das immer wieder auf: „Die Schule ist für viele hier selbstverständlich. Das gilt nicht nur für die Öster- reicher, sondern auch für viele Migranten, die hier aufgewach- sen sind.“ QUELLE: http://kurier.at/thema/schueleranwalt/gluecklich-lernen-zu-duerfen/50.911.240 ; (abgerufen am 21.02.2014) 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 Kompetenz- check Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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