sprachreif 2, Schulbuch
189 Signale aus Vorarlberg, wo man eigentlich gerne das ganze Bun- desland zur Modellregion ma- chen möchte, sei die nunmehr angestrebte Regelung nicht ideal. Auch der Neuregelung der Schulverwaltung durch die neu zu schaffenden Bildungsdi- rektionen kann Lassnigg nichts abgewinnen. Er sieht lediglich eine „Vereinfachung am Papier – de facto ist es aber eine Ver- länderung“. Die Bildungsdirektionen und ihre Leiter sieht der Forscher „in einer vollkommenen Sand- wichposition zwischen dem Landeshauptmann und dem Bund“. Organisatorisch trügen die geplanten neuen Bund-Län- derbehörden dazu bei, das Sys- tem zu entwirren, „aber es ist in der falschen Richtung verein- heitlicht. Meiner Meinung nach schafft das ein geschlossenes System auf Länderebene“, sagte der Bildungsforscher. Insgesamt werde offenbar keine der vier Ebenen (Bund, Länder, Ge- meinden und die Schulen selbst), die in die Schulverwal- tung eingebunden sind, tatsäch- lich eliminiert. „Besser als befürchtet“ Seine Kollegin Spiel kann der Reform wiederum auch in die- sem Punkt etwas abgewinnen. Sie sieht die Frage der Verwal- tung im „Standard“ „wesentlich besser als befürchtet“ gelöst. Der Föderalismus ziehe sich durch alle Politikfelder und sei nicht nur über den Bildungsbe- reich aufzulösen. Verhandler Hopmann hätte sich in diesem Punkt mehr erhofft, gibt aber zu bedenken, dass es nicht zu er- warten gewesen sei, dass sich eine aus Politikern bestehende Reformgruppe selbst entmach- tet. Generell habe die Reform „we- niger als erhofft“, aber „mehr als erwartet“ gebracht. Er hätte sich „mehr Mut gewünscht, nicht nur punktuell Veränderungen in Bestehendes einzubauen, sondern tatsächlich die Struk- turen anzugehen“, fasste Hop- mann zusammen. Statt nur et- was Mitbestimmung bei der Personalauswahl oder der Ver- fügung über Sachmittel hätte es Möglichkeiten zur Verände- rung der Personalstrukturen oder echte Budgetautonomie geben können. Trotzdemwürde jetzt endlich auch darüber ge- sprochen, „wo Unterricht ge- macht wird“. Froh zeigte sich Hopmann, dass es gelungen sei, „das Schulautonomiethema ei- nigermaßen unzertrümmert aufrecht zu erhalten. Da ist jetzt auch nichts drinnen, das per se schädlich wäre“. Autonomie kann auch lähmen Trotzdem könnten die am Dienstag präsentierten Pläne für die Schulautonomie auch gegenteilige Effekte haben. Wenn man im in Österreich traditionell stark reglementier- ten Bildungssystem jetzt mehr Verantwortung an die Schule überträgt, gleichzeitig aber „die Haltbarkeit der Schulleitungs- funktion begrenzt (ein Direktor soll künftig vorerst für fünf Jah- re bestellt werden, Anm.) und neue Kontrollmechanismen einführt“, könnte das die Schu- len, „die nicht die Strukturen verändern, sondern nur an Stellschrauben drehen können“, gewissermaßen lähmen. Als Schulleiter müsse man sich in dieser Situation gut überle- gen, wie viel Risiko man auf sich nimmt. „Weil, ich werde ja haftbar dafür gemacht, wenn nicht rauskommt, was hätte rauskommen sollen“, erklärte Hopmann. Aus der vermeintli- chen neuen Freiheit könnte da- her Zurückhaltung an den Schulstandorten werden. Dass mehr Freiheit zu konformerem Verhalten führen kann, sei zwar auf den ersten Blick paradox, allerdings auch nicht überra- schend, erklärte der Wissen- schafter, der betonte, nieman- dem zu unterstellen, „dass das Absicht ist. Es liegt einfach in der Logik von sozialen Syste- men.“ Auch Spiel warnt davor, dass plötzlich viel Autonomie zu ha- ben auch „bedrohlich“ wirken könne. Sie spricht sich für eine schrittweise Ausweitung der Autonomie mit der Zielper- spektive aus, irgendwann auch das Lehrerdienstrecht an diese veränderten Gegebenheiten an- zupassen. Es gehe aber „ganz klar in die richtige Richtung“, wie auch die gesamte Reform. Es sei zwar nicht der „riesigste Wurf “, aber sie sei „positiv überrascht“. QUELLE: http://www.news.at/a/durchwachsene-reaktionen-bildungsreform ; (abgerufen am 20.12.2015) 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 136 138 140 142 144 146 148 150 152 154 156 158 160 162 164 166 168 170 172 174 176 178 180 182 184 186 188 190 192 194 196 198 200 Text- kompetenz Schriftliche Kompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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