Treffpunkt Deutsch 1, Schulbuch

Rund ums Buch Hinter mir bleibt es still. Ich tippe Seite um Seite. Nanu, denke ich mir, ist die Miriam rausgegangen? Ich drehe mich um. Die Miriam ist noch da. Sie sortiert meinen Mist. Sie sagt: „Manche Seiten hast du gleich zehnmal geschrieben!“ Ich nicke. Die Miriam sagt: „Dann brauchst du für ein Buch ja nicht 20 Stunden, sondern 200!“ „Schnecken!“, sage ich. Ich ziehe die große Schreibtischschublade heraus und nehme aus ihr einen Packen linierter Hefte. Die werfe ich der Miriam zu. Ich sage: „Bevor ich die Geschichte auf der Schreibmaschine schreibe, schreibe ich sie doch zuerst mit der Hand. Und das dauert!“ Die Miriam blättert in den linierten Heften mit den vielen durchgestrichenen Wörtern und Zeilen. Dann sieht sie auf einer Seite nichts als viele Strichmännchen, die an Galgen baumeln. „Wozu sind die?“, fragt die Miriam. „Da ist mir nichts eingefal- len“, sage ich. „Da habe ich nachgedacht!“ „Wie lange?“, fragt die Miriam. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich damals nachgedacht habe und mir trotzdem nichts eingefallen ist. Aber um der Miriam einen Gefallen zu tun, sage ich: „Zwei Stunden!“ Die Miriam blättert wieder. „Du malst aber oft Männchen“, sagt sie. „Dir fällt ja oft nichts ein!“ „So ist es!“, sage ich. „Jeden Tag zwei Stunden lang?“, fragt sie. „Manchmal einen ganzen Tag lang“, sage ich. „Warum fällt dir nichts ein?“, fragt die Miriam. Ich sage: „Das passiert meistens, wenn ich mich in eine Sackgasse hinein- geschrieben habe. Da geht es dann einfach nicht weiter. Da muss ich zuerst aus der Sackgasse heraus!“ „Wie geht das?“, fragt die Miriam. „Wie beim Stricken“, sage ich. „Wenn man da etwas falsch gemacht hat, muss man bis zum Fehler hin aufribbeln!“ Die Miriam fragt: „Wie ribbelt man eine Geschichte auf?“ Ich sage: „Man liest sie. Einmal, zweimal, dreimal, vielleicht auch zehnmal. Und findet heraus, von welcher Seite an die Geschichte in die Sackgasse reingeht. Und von dort fängt man neu zu schreiben an!“ 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 Lies den Text von Christine Nöstlinger und beantworte die folgenden Fragen schriftlich in deinem Heft: • • Was macht Christine Nöstlinger, bevor sie ihre Geschichten tippt? • • Was findet Miriam im Weidenkorb? • • Die Autorin sagt, dass sie ihre Geschichten „aufribbeln“ muss. Was meint sie damit? Denkt euch eine „Miriam-Szene“ aus: Stellt euch vor, ihr seid verwandt mit eurer Lieblingsschrift- stellerin bzw. eurem Lieblingsschriftsteller. Ihr seid bei ihr oder ihm zu Hause. Was fragt ihr sie oder ihn? Was antwortet sie oder er? Spielt die Szene der Klasse vor. 1 N 2 C 151 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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