am Puls Biologie 5, Schulbuch

117 Tierphysiologie Blick in die Forschung I-Lung atmet im Labor Tief Luft holen – mit einer lebenden Lunge im Glaskasten ? Wer die Liste der Inhaltsstoffe eines handelsüblichen Haar- sprays liest, glaubt vielleicht, eine Dose Insektenvertilgungs- mittel in den Händen zu halten: Methylacrylat, Aminomethyl­ propanol und viele andere Bezeichnungen sind hier zu finden. Sind diese Stoffe unbedenklich, wenn sie in die Lungen ge- langen? Während Belastungen durch Feinstaub oder Tabakrauch gut erforscht sind, weiß man noch sehr wenig im Bereich der Kos- metikaerosole – das sind die festen oder flüssigen Feinparti- keln zum Beispiel in Haarsprays oder Parfums. Eine For- schungsgruppe rund um den Wiener Biomediziner Mathias Forjan hat ein Verfahren entwickelt, die Belastung dieser Par- tikel an echten Lungen zu testen, ohne Menschen oder Tiere zu gefährden (Forjan et al., 2012). Die Ergebnisse von Experi- menten an mechanischen Lungensimulatoren (mit Latexbeu- teln) oder Computermodellen, die bisher verwendet wurden, können nicht unbedingt auf lebende Lungen übertragen wer- den. Das System aus Alveolen und Blutgefäßen ist deutlich komplexer als ein Latexbeutel. Die Methode des Wiener Forschungsteams löst dieses Pro- blem: Angelehnt an die Transplantationsmedizin werden ech- te Schweinelungen in künstliche Druckkammern eingesetzt, komplett mit Anschluss an einen künstlichen Kreislauf mit Blutersatz ( k Abb. 25). Diese „i-Lung“ kann über eine Pumpe ein Luft-Aerosol-Gemisch atmen. Sensoren registrieren, wel- che Inhaltsstoffe in die Lungen gelangen und welche diese wieder verlassen. Die Ergebnisse waren deutlich: Während rein mechanische Lungensimulatoren mit Latexbeuteln kaum Aerosolpartikeln aufnehmen, blieb in der i-Lung ein größerer Anteil der künstli- chen Stoffe zurück. Forjan betont, dass diese i-Lungs künftig verwendet werden können, um Schadstoffbelastungen an di- versen Orten zu ermitteln (etwa im Friseursalon, wo viele Haarsprays zum Einsatz kommen). In weiterer Folge ist aber auch ein Studium von Langzeitfolgen denkbar, wenn Zellen dieser Testlungen entnommen und kultiviert werden. Es wird aber noch einige Zeit vergehen, bevor wir beim Friseur Kästen mit Schweinelungen begegnen, die für uns die Luftbelastung messen. Abb. 25: Aufbau der i-Lung. künstliche Brustkorbkammer (1, 2) mit Schweinelunge (3) und integriertem PC zur Messung (4). Das zu untersu- chende Luft-Aerosol-Gemisch wird über eine Pumpe in die Lunge geblasen (5–7). Die Partikel in der Luft verursachen Streuung im Licht, das von einer Lichtquelle ausgeht und mit einem Sensor gemessen wird (8, 9). Literatur: Forjan, M.; Stiglbrunner, K.; Bureš, Z.; Drauschke, A.: Development of an Integrated Aerosol Measurement System in the i-Lung. In: ALTEX Proceedings, Proceedings of WC8. 2012, Jg. 1, S. 115–120. Aufgaben W/E 1 Welche Inhalte aus den Themen- seiten stecken hinter diesem Experiment? E 2 Suche im Internet nach einfachen Kunstlungenmodellen, die du selbst konstru- ieren kannst. Baue ein solches Modell. Stelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu dem oben beschriebenen Experiment dar. S 3 Reflektiere über die Bedeutung, die dieses Experiment für deinen Alltag/die Ent- wicklung der Gesellschaft hat. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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