am Puls Biologie 5, Schulbuch
158 6.2 Biotechnologie: Medizin, Brot und Gentechnik Ein Antibiotikum aus einem Pilz Stell dir vor, du erforscht das Wachstum von Bakterien und bist auf der Suche nach Stoffen, die eine Vermehrung dieser Mikroorganismen verhindern. Nach den Ferien kommst du in dein Labor und entdeckst mit Schrecken: In einer Schale, in der du Bakterien gezüchtet hast, hat sich ein Schimmelpilz breitgemacht! Du schaust genauer hin und stellst erstaunt fest: Um den Pilz herum wachsen keine Bakterien. Abb.16: Alexander Flemings Entdeckung des Penicil lins. Das Foto zeigt die originale Petrischale aus dem Jahr 1928. Der große weiße Fleck am unteren Rand ist der Schimmelpilz Penicillium. Die kleinen Flecken sind Bakterienkolonien. Kolonien in der Nähe des Pilzes sind abgestorben und verblasst. Genau das erlebte der schottische Mikrobiologe Alexander Fleming im Jahr 1928 ( k Abb. 16). Er vermutete sofort, dass eine vom Pilz produzierte Substanz dafür verantwortlich sein musste. Doch erst zehn Jahre später gelang es Howard Florey und Ernst Chain, diesen Stoff zu isolieren. Weil der Pilz, der ihn produzierte, Penicillium hieß, wurde dieses erste Antibiotikum Penicillin genannt. Im Mai 1940 infizierten die beiden Forscher 16 Ratten mit einer tödlichen Dosis Streptokok ken. Vier Ratten erhielten Penicillin und über lebten, während alle Ratten, die unbehandelt blieben, nach 16,5 Stunden tot waren. Ein Jahr danach wurde ein Londoner Polizist mit dem neuen Stoff behandelt. Er hatte sich mit einer Rasierklinge geschnitten und litt unter einer Blutvergiftung. Nach fünf Tagen war er fieber frei. Nur war mittlerweile das gesamte Penicillin verbraucht. Der Mann starb einen Monat später. Offenbar erforderte eine erfolgreiche Therapie, dass ein Patient die Medizin auch dann noch ein nimmt, wenn er sich wieder gesund fühlt. Im merhin, endlich gab es ein Medikament gegen viele bakterielle Infektionen. Im Jahr 1945 erhielten Fleming, Florey und Chain dafür den Nobelpreis. Alexander Fleming und das Penicillin Biotechnologie ist die Kombination der Nutzung von Lebewesen und Technik Millionen von Menschen verdanken diesem Stoff ihr Leben. Doch zeigt die Geschichte des Penicil lins, dass die Entdeckung allein nicht ausreichte, um Leben zu retten. Erst die industrielle Herstel lung brachte den Durchbruch. Dafür brauchte man einerseits Pilzstämme, die viel Penicillin produzierten, denn die Ausbeute normaler Kulturen war viel zu gering. Bald waren Mutanten gefunden, die aufgrund eines Gen defekts deutlich mehr Penicillin absonderten. Die Pilze werden mittlerweile in großen Behäl tern, den Fermentern gezüchtet ( k Abb. 17). Sauerstoffgehalt und Temperatur werden genau geregelt. Die Behälter müssen absolut steril sein, denn die Pilzmutanten sind empfindlich, und natürlich darf es in der Medikamentenherstellung keine Verunreinigungen geben. Schließlich muss das Penicillin isoliert, gereinigt und für die Behandlung in Form von Spritzen oder Tabletten zubereitet werden. All das ver langt eine ausgefeilte Technologie. Abb.17: Produktion von Penicillin. Die Herstellung von Penicillin geschieht in so genannten Fermentern. Penicillin wird heute industriell erzeugt Glossar 1 Antibiotikum: Substanz, die Bakterien abtötet oder ihre Vermehrung hemmt 2 Mutant: Lebewesen, das sich genetisch von anderen seiner Art unterscheidet 3 Streptokokken: Bakterien, die zB Blut vergiftung, Hirnhautentzündung oder Lungenentzündung hervorrufen können Aufgabe S 1 Warum ist es nötig, Antibiotika über einen längeren Zeitraum zu nehmen? Frage deine Hausärztin oder deinen Hausarzt und schreibe einen kurzen Beratungstext für die Arztpraxis. Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv
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