am Puls Biologie 6, Schulbuch

113 Ökologie Die Umweltkapazität eines Lebensraums begrenzt die Zahl der Individuen einer Art Das Darmbakterium Escherichia coli teilt sich alle 20 Minuten. Nach zwei Teilungen sind aus einem Bakterium 2 2 = 4, nach 3 Teilungen 2 3 = 8 Bakteri- en geworden. Die Anzahl der Bakterien steigt exponentiell. 24 Stunden später würden alle ent- standenen Bakterien zusammen das Volumen eines Mehrfamilienhauses ausfüllen. Nach einem weiteren Tag wäre die Größe der Erde erreicht. Da wäre dein Darm längst geplatzt. Natürlich kommt es nicht soweit. Denn die Menge verfüg- barer Nährstoffe nimmt mit zunehmender Zahl der Bakterien ab. Ausgeschiedene Stoffwech- selprodukte hemmen zudem die Vermehrung. Der Platz wird eng. Daher vermehrt sich kein Lebewesen dauerhaft exponentiell. Biotische und abiotische Faktoren eines Lebensraumes regeln die Anzahl der Mit- glieder einer Art. Jeder Lebensraum hat ein be- stimmtes Fassungsvermögen für eine Art, die Umweltkapazität (K). Die meisten Arten vermeh- ren sich deswegen eher logistisch: Die Anzahl der Individuen steigt zunächst fast exponentiell, schwächt sich dann ab und pendelt sich schließ- lich bei dem Kapazitätswert ein, der für diese Art in diesem Lebensraum gilt ( k Abb.13). Allerdings unterscheiden sich einzelne Arten hinsichtlich ihrer Vermehrungsgeschwindigkeit. Bakterien oder Blattläuse können in extrem kur- zer Zeit beinahe explosionsartig an Zahl zuneh- men, wenn die Lebensbedingungen günstig sind. Solche Arten werden r-Strategen (r = Reproduk- tion) genannt. Bäume oder Großsäuger wie der Elefant halten die Zahl ihrer Individuen relativ konstant an der Kapazitätsgrenze ihres Lebens- raums und gelten daher als K-Strategen (K = Kapazität). Das gelingt aber nur, wenn die Um- weltbedingungen einigermaßen gleichbleiben. r- und K-Strategien sind idealisierte Grenzfälle, zwischen denen es fließende Übergänge gibt. Merkmale von r- und K-Strategen sind in Tabel- le 5 gegenübergestellt. r-Strategen investieren viel Energie in die Erzeugung hoher Nachkom- menzahlen. Sie bleiben daher meist klein und sind kurzlebig. K-Strategen investieren mehr in die Sicherung der individuellen Existenz, indem sie die Nachkommen oft aufwändig versorgen. Die Einordnung einer Art als r- oder K-Stratege ist relativ. Die Maus ist im Vergleich zum Wasserfloh ein K-, im Vergleich zum Elefant ein r-Stratege. Die meisten Arten wachsen logistisch Abb.13: a) Erwartete Vermehrung bei exponentiellem, logistischem und linearem Wachstum. b) Die Vermehrung des Getreidekapuzinerkäfers stellt eine logistische Wachstumskurve dar. Zeit (Tage) Anzahl geschlechtsreifer Käfer 200 400 K 200 100 Zeit (Wochen) Anzahl Blattläuse 250 100 120 750 500 0 35 30 25 20 15 10 5 Umweltkapazität Bei exponentiellem Wachstum wird der Zuwachs immer größer (nach 10 Wochen gäbe es 120 Blattläuse). Bei linearem Wachstum hätten Sie nach 10 Wochen nur 35 Blattläuse. Das ent- spricht nicht der Realität. Bei logistischem Wachstum wird der Zuwachs mit der Zeit geringer (ca. 100 Blatt- läuse nach 10 Wochen). Das ist realistischer. Modellrechnung logistisches Wachstum Messwert Tab. 4: Die Vermehrung von r- und von K-Strategen ist an ihre Umwelt angepasst. Merkmal r-Strategen (optimieren die Zuwachsrate r) K-Strategen (optimieren die Umweltkapazität K) Umweltpräferenz wechselhafte Umwelt konstante, vorhersagbare Umwelt Körpergröße meist klein oft recht groß Lebensdauer kurz lang Nachkommenzahl sehr hoch gering Vorsorge für die Nachkommen fehlend bis gering hoch (Brutpflege bei Tieren, Reservestoffe bei Pflanzen) Konkurrenzkraft gering hoch Ortstreue gering hoch Populationsgröße stark schwankend relativ konstant Beispiele Bakterien, viele Planktonorganismen Waldbäume, Großsäuger Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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