querdenken - Geschichte und Politische Bildung 2, Schulbuch
110 Mittelalter Die mittelalterliche Stadt Städte entstehen Im frühen Mittelalter lebten die meisten Menschen in Europa in kleinen bäuerlichen Siedlungen. Einige antike Städte wurden weiter bewohnt, neue größere Siedlungen entstanden an Flüssen, Handelsstraßen, alten Römersied- lungen oder in der Nähe von Burgen und Klöstern. Zur Stadt wurden diese Siedlungen schließlich durch die Verleihung des Stadtrechts. Dieses enthielt unter anderem die Erlaubnis, innerhalb der Stadtmauern regelmäßig Märkte abzuhalten, eigene Münzen zu prägen, die Rechtsprechung auszuüben sowie an den Stadttoren Zoll zu verlangen. Das Stadtrecht machte die Bürgerinnen und Bürger vom Grundherrn unabhängig. Daher stammt auch der Ausspruch „Stadtluft macht frei“. Viele unfreie Bauern zogen damals in die Städte. Wer dort „ein Jahr und einen Tag“ gelebt hatte, war frei und konnte nicht mehr von seinem Grundherrn zurückgeholt werden (Bürgerrecht). Merkmale europäischer Städte im Mittelalter Mittelalterliche europäische Städte waren von Stadtmauern mit Wachtürmen umgeben. Nachts wurden die Stadttore geschlossen. Die Wohnhäuser standen dicht gedrängt nebeneinander. Dies war einer der Gründe dafür, dass Städte immer wieder durch Feuer zerstört wurden. Das Zentrum der Stadt bildeten die Kirche, das Rathaus und ein Marktplatz. Es gab bereits Spitäler für Kranke und Alte. Bettlerinnen und Bettler erhielten einfache Mahlzeiten. Dies wurde durch Spenden wohlhabender Bürgerinnen und Bürger und mithilfe von Kirchen und Klöstern ermöglicht. Die Städte waren zumeist in Stadtviertel unterteilt, um die Organisation von Gemeinschaftsaufgaben wie Brandbekämpfung, Steuereintreibung oder die soziale Fürsorge zu erleichtern. Manche Häuserbezeichnungen oder Straßen- namen zeugen noch bis heute von ihrer mittelalterlichen Vergangenheit. P Zoll: Abgaben bei der Wareneinfuhr in die Stadt › Zu den ältesten Städten Österreichs zählen Salzburg, St. Pölten, Zwettl, Enns und Wien. › In China wurden Städte streng nach religiösen Vorstel- lungen geplant. Die Ausrich- tung der Straßen verlief meist in regelmäßigen Achsen (z. B. Nord-Süd). Bei Städten im arabischen Raum bildete das Gotteshaus (Moschee) das Zentrum, um das herum die Bevölkerung lebte. Es gab normalerweise keine vorgege- bene Stadtplanung, sondern man passte sich den land- schaftlichen Gegebenheiten an. › Bis heute gibt es einige noch gut erhaltene Stadt- mauern. Nahezu vollständig erhalten sind die Stadt- befestigungen von Dro- sendorf (Niederösterreich), Weitra (Niederösterreich) und Freistadt (Oberösterreich). Linzertor in Freistadt, Foto, 2013 M1 A15 Betrachte den Holzschnitt von Wien genau. Benenne von den oben beschriebenen Merkmalen jene, die du auf der Bildquelle erkennen kannst. Finde in deiner Umgebung zumindest einen Überrest, der aus dem Mittelalter stammt oder zumindest daran erinnert (Stadtmauern, Häuser, Straßennamen, Teile der Kirche etc.). Formuliere Fragen, die dich im Zusammenhang mit diesem Überrest interessieren. Prüfe Möglichkeiten, wie man diese beantworten könnte. (HMK, HFK) Holzschnitt von Wien aus dem Jahr 1493 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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