Erziehung und Unterricht 2018/3+4

254 Kristan, Stimmungsbilder zu den EU-Integrationsschritten Österreichs in den 1990er-Jahren Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 kommt nach eigenen Angaben ausschließlich aus Spenden. Die Kosten werden mit etwa 800.000 Schilling angegeben.” ORF-Mittagsjournal, 6.5.1994, Österreichische Mediathek, jm-940506 (Ausschnitte) 66,6 Prozent stimmen für den EU-Beitritt Am 12. Juni 1994 stimmten 66,6 % der an der Volksabstimmung teilnehmenden Österrei- cherinnen und Österreicher für den Beitritt zur EU. Die Grünen gehörten grundsätzlich zu den Parteien, die den Beitritt ablehnten. So verlangte beispielsweise der damalige Bun- desprecher Peter Pilz vor der Volksabstimmung von der Bundesregierung Antworten be- züglich der Finanzierung eines möglichen Beitritts: „Es geht hier nicht um Denkzettel und wahrscheinlich wenn´s so weiter geht, wird in a paar Tagen die Kanzlerfrage gestellt werden. Es geht nicht darum, ob man der Regie- rung oder der Opposition eins auswischt, sondern es geht schlicht und einfach darum, ob sich bessere Argumente durchsetzen.“ ORF-Mittagsjournal, 31.5.1994, Österreichische Mediathek, jm-940531 (Ausschnitt) Teile der Grünen änderten nach der Volksabstimmung ihre Position zur EU. Alexander Van der Bellen, damals neuer Kandidat der Grünen, war trotz Parteilinie mit Vorbehalt bereits vor der Volksabstimmung für einen EU-Beitritt: „Ich persönlich im Gegensatz zu der offiziellen Mehrheit jedenfalls der Grünen, bin nach wie vor für den Beitritt. Aber wenn man die Opposition im Parlament als sowas versteht wie den Aufsichtsrat in einer Firma, dann kann man wohl langsam fragen „Und wie stellt‘s ihr euch das vor? Warum verschweigt ihr euch zu dieser Frage? Da ist ja nichts Ehrenrühriges dabei. Steigt das Defizit in diesem Ausmaß oder wird es durch zusätzliche Steuern finanziert? Reichen Privatisierungserlöse wirklich aus, um das ab- zudecken? Wie stellt´s ihr euch das vor?“ ORF-Mittagsjournal, 31.5.1994, Österreichische Mediathek, jm-940531 (Ausschnitt) Wenige Tage vor der Volksabstimmung setzten sich Politikerinnen in Führungspositionen aus verschiedenen Parteien bei einem gemeinsamen Auftritt mit Statements für den EU- Beitritt ein. Eine Auswahl an Zitaten der Frauen, die sich mit diesem Aktionismus auch über Parteigrenzen hinwegsetzten: „Dass ein Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gut ist für unser Land. Nun ist es wahrscheinlich bei mir nicht sehr überraschend, aber ich möchte doch darauf hinwei- sen, dass Frauen doch bei gewichtigen Entscheidungen oft etwas länger abwägen und wir wollen heute Entscheidungshilfen geben.“ (SPÖ-Staatssekretärin Brigitte Ederer) „Es ist mit aller Klarheit zu sagen, meine Damen und Herren, dass beim Beitritt Öster- reichs zur Europäischen Union unser stabiler Österreichischer Schilling beibehalten wird.“ (Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer, ÖVP) „Ich möchte dazu allen Österreicherinnen mit auf den Weg geben, dass es an den Grundsätzen unseres Lebensmittelrechtes keine Veränderungen geben wird, sollten wir Europa beitreten.“ (SPÖ-Gesundheitsministerin Christa Krammer) „Dass der Rechtsschutz, wie er in Österreich in einer sehr, sehr hohen Qualität ausge- baut ist, auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft für jeden Einzelnen in sei- nem individuellen Leben weiterhin gewährleistet sein wird.“ (SPÖ-Volksanwältin Evelyn Messner)

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=