Erziehung und Unterricht 2018/3+4

Kristan, Stimmungsbilder zu den EU-Integrationsschritten Österreichs in den 1990er-Jahren 255 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 „Wenn in dieser Abstimmung nicht für die Europäische Union entschieden wird, dann wird die Türe lange verschlossen bleiben.“ (ÖVP-Umweltministerin Maria Rauch-Kallat) „Es ist nämlich auch spannend und reizvoll, Frauenanliegen, die sehr häufig Männer- interessen entgegenstehen, auf nationaler Ebene durchzusetzen – das kann ich ihnen sagen. Noch reizvoller finde ich es, dann gegen die Männerinteressen von 16 Ländern aber gemeinsam aufzutreten und dann auch gemeinsam für die Frauen mehr zu errei- chen, als es Frauen in einem Land alleine können.“ (SPÖ-Frauenministerin Johanna Dohnal) „Wissen sie, die Frauen sollen durch so eine Solidarität erkennen, dass uns die Sache wirklich enorm viel wert ist und dass wir für das, was es uns wert ist, über ideologische Schatten springen und dass da eben eine Fekter vom Wirtschaftsministerium neben da Ministerin Dohnal sitzt und um dieselbe Sache kämpft.“ (ÖVP-Wirtschafts- staatssekretärin Maria Fekter) ORF-Mittagsjournal, 8.6.1994, Österreichische Mediathek, jm-940608 (Ausschnitte) In Teilen der Sozialwissenschaften gab es Vorbehalte gegen einen EU-Beitritt. Der Politik- wissenschaftler Emmerich Tálos war Teil einer Plattform, die sich gegen den Beitritt ein- setzte. In einem Mittagsjournal einen Tag nach der Volksabstimmung und der Bekannt- gabe des Ergebnisses erläuterte er seine Vorstellungen zu zukünftigen Entwicklungsszena- rien: „Ich nehme nicht an, dass jetzt in Sozialpolitik übermorgen der österreichische Sozial- staat zusammenbricht. Davon war auch in den kritischen Auseinandersetzungen nie die Rede. Wir werden sehen, wie sich verschiedene Aspekte entwickeln, wie es mit dem Arbeitsmarkt geht, und so weiter. (…) Was für mich auch wichtig sein wird, wie wird sich in Zukunft sowohl was wirtschaftliche wie soziale Fragen anbelangt, wie werden sich Erwartungen, geweckte Erwartungen verhalten – eben zur Realität des Arbeits- marktes, der wirtschaftlichen Entwicklung? Und ich glaub hier ist das große Vertrauen, das ausgesprochen worden ist der Regierung und all jenen, die den EU Beitritt unter- stützt haben, dieses große Vertrauen ist zugleich eine enorme Last. Nämlich diesen Erwartungen dann auch zu entsprechen. (…) EU-Kritiker werden auch nach wie vor viel Arbeit zu tun haben: Im Hinblick darauf zu überprüfen, zu hinterfragen, zu analysieren, in welche Richtung die Wirtschaft verläuft, in welche Richtung der Arbeitsmarkt, das soziale Sicherungssystem und ob Regierungen auf Ebene der EU und dann die einzel- nen Mitgliedsländer was sie hier eigentlich an Problemlösungskompetenz anbieten und was sie hier an konkreten Problemlösungen realisieren. (…) ORF-Mittagsjournal, 13.6.1994, Österreichische Mediathek, jm-940613 (Ausschnitt) Österreich wird Mitglied der Europäischen Union Nachdem am 24. Juni 1994 der EU-Beitrittsvertrag auf der Insel Korfu in Griechenland un- terzeichnet wurde und National- sowie Bundesrat im November desselben Jahres dem Bei- trittsvertrag zustimmten, war Österreich mit 1. Jänner 1995 EU-Mitglied. Auf dem Radio- sender Ö1 befragte man zwei Tage vor dem Start der Mitgliedschaft den populären Fuß- baller Toni Polster zu seiner Meinung: „(…) Im Fußball glaub ich, im Fußball redet man ja schon lange, dass es über kurz oder lang sein könnte, dass jetzt ein österreichischer Verein praktisch mit zehn, übertrieben jetzt mit zehn oder elf Italienern, spielt. Das weiß ich nicht, ich glaube, dass wird es im Fußball nie geben und da muss man abwarten, was die nächsten Erkenntnisse da brin-

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