Erziehung und Unterricht 2018/3+4

Schachinger/Freynschlag/Pöllmann, Transition Kindergarten und Schule 275 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Visuelle und auditive Reize müssen erkannt, unterschieden und in Verbindung mit früheren Erfahrungen interpretiert werden. Die Wahrnehmung ist Grundlage der kognitiven Entwicklung. Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen setzt Wahrnehmung voraus. Sie zählt damit eindeutig zu den mathematischen Grundfertigkeiten. An der pränumerischen Entwicklung sind außerdem die taktil-kinästhetisch-vestibuläre Wahrnehmung, die räumliche Orientierungsfähigkeit, das Zusammenwirken der Sinne und das Zusammenwirken von Wahrnehmung und Motorik beteiligt. Körpererfahrung steht in Beziehung zur Selbsterfahrung und beinhaltet alle im Verlauf der Entwicklung erworbenen Erfahrungen mit dem eigenen Körper, sowohl kognitiv und affektiv als auch bewusst und unbewusst. Ausgehend vom eigenen Körper erobert das Kind zunächst den persönlichen Raum und dann den Raum um sich. Überall in der Umwelt finden sich Regeln und Gesetzmäßigkeiten, Ordnungen, Muster und Strukturen, deren Erkennen und Beschreiben als mathematische Grunderfahrungen gesammelt und gespeichert werden. Kognitive Leistungen basieren auf Prozessen, die sich im Gehirn abspielen. Das Gehirn ist zugleich die Steuerungszentrale, die die Muskeln des Körpers koordiniert und ziel- gerichtete Handlungen ermöglicht. Was sich dabei genau im Gehirn abspielt, betrifft im Grunde genommen sehr enge medizinische Bereiche, ist aber auch für Pädagoginnen und Pädagogen relevant. Genauso wichtig sind die Erkenntnisse aus den Forschungen über die Geheimnisse des natürlichen Zusammenspiels des Gehirns mit dem übrigen Organismus. Gesprochene Sprache ist eine der Grundlagen für kognitive Leistungen, wichtig für Abstraktion, Benennung, Repräsentation von Gedanken und Konzepten, aus der Mathema- tik nicht wegzudenken. Laut Lehrplan soll der Mathematikunterricht „dem Schüler die Möglichkeit geben, schöpferisch tätig zu sein und rationale Denkprozesse anzubahnen“ (vgl. Lehrplan für Volksschulen , Mathematik, S. 8). Häufig wird Mathematik jedoch bloß rational verstanden, der schöpferische Prozess wird zu wenig wahrgenommen. Dabei bietet gerade dieser Möglichkeiten, positive Gefühlserlebnisse zu vermitteln. Lerninhalte werden besser ver- standen, wenn sie emotional ansprechend sind. Mein Kopf geht nicht allein in die Schule. Ich bin ein ganzes Kind. „Kinder, die lernen wollen, kümmern sich nicht um die traditionellen Fachgrenzen. Ihre Neugier und ihr Wissensdurst richten sich von allem Anfang an aufs Ganze. Was dieses Ganze ist, kann niemand im Voraus wissen. Hat es aber einmal Fuß ge- fasst, so wird es zur persönlichen Kernidee und beginnt zu wirken. Dies zu beobach- ten, geben uns Kinder tagtäglich Gelegen- heit.“ ( Gallin & Ruf 1993, S. 3) Bewusstes Erfassen der Umwelt geschieht ganzheitlich und darf nicht „gefächert“ werden. Der Lehrstoff der Grundschule ist nach Unterrichtsgegenständen gegliedert, denen in den Stundentafeln Zeitrichtwerte zugeordnet werden, man spricht zum Beispiel vom Anfangs- unterricht in Mathematik. Doch es entspricht dem Wesen des Grundschulunterrichts, eine strenge Fächerung zu vermeiden. Lernanlässe sollen fächerübergreifend sein, um von den Erfahrungen, Interessen und Bedürfnissen der Kinder ausgehen zu können.

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