Erziehung und Unterricht 2018/3+4
Gunesch, Notwendigkeit von mathematischem Fachwissen 299 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Zustände haben (0 oder 1 bzw. schwarz oder weiß) und einer einfachen Regel, die nur die Zustände der benachbarten Zellen zählt und mit dieser Anzahl den nächsten Zustand auswählt. Diese Berechnung des nächsten Zustands ist deshalb auch ohne Computer und für Schülerinnen und Schüler möglich; dies ist ein Beispiel für Entdeckendes Lernen / Forschendes Lernen durch die Schülerinnen und Schüler (vgl. Gunesch 2015). Trotz der sehr einfachen Struktur der Regeln tauchen im Game of Life Muster erstaunlicher Komplexität auf, ohne dass sie in die Regeln explizit hineingeschrieben wurden, z.B. ganze Turing- Maschinen, d.h. vollständige Computer (vgl. Rendell 2000) oder hübsche fraktale Muster (z.B. das Sierpiński - Dreieck). Begeisterung von Schülerinnen und Schülern Der Autor dieses Beitrags hat festgestellt, dass Schülerinnen und Schüler ab der Primar- stufe das Konzept von dynamischen Systemen nachvollziehen konnten, interessant fanden und sich für die Folgerungen geradezu begeisterten, z.B. bei der Erzeugung von fraktalen Mustern oder der Frage nach der Stabilität unseres Planetensystems (vgl. Gleick 1987). Das könnte daran liegen, dass dies eine Art der Mathematik ist, bei der sich Schülerinnen und Schüler selbst stark beteiligen und eigenständig Dinge (wie z.B. hübsche fraktale Muster) erschaffen können. Die Frage, wieso die Mathematik so gut auf die Welt passt, wurde schon öfter gestellt und versucht zu beantworten (vgl. Mainzer 2014, Kap. 14, Wigner 1960). Technik, Informatik, IT Technik jeder Art, speziell Informationstechnik, entwickelt sich rasant weiter. Hier ist es unmöglich, ohne grundlegendes Wissen einen Überblick zu behalten. Technik durchdringt fast alle Alltagsbereiche und hat daher enorme Bedeutung (vgl. Mainzer 2014). Verstehen von Technik statt bloßer Nutzung Es ist eine (gefährliche) Illusion, dass Fachwissen nicht mehr nötig sei, da Geräte und Programme ohnehin zunehmend leichter zu bedienen würden. Dies ist deshalb eine Illusion, weil einerseits die Zunahme von Funktionen und Fähigkeiten technischer Systeme die Benutzerschnittstellen teilweise komplexer macht und weil andererseits Mangel an technischen Fähigkeiten zu ungewollten Kontrollverlusten und Abhängigkeiten führen kann: Z.B. können Daten statt auf eigenen Geräten auch in der „Cloud“ abgelegt werden, wo sich die Benutzerin/der Benutzer dann nicht so sehr selbst um sie kümmern muss; allerdings erzeugt dies u.a. Abhängigkeit vom Cloud-Provider, was langfristig problematisch werden kann. Daten, Information, Wissen, Weisheit Es gibt die Unterscheidung der (etwas schwierig zu definierenden) Begriffe Daten, Information und Wissen. Diese werden manchmal in der „DIKW-Pyramide“ dargestellt (nach den Anfangsbuchstaben der englischen Worte, wobei der 4. Buchstabe für Weisheit steht). Das DIKW-Modell besagt im Wesentlichen: Daten an sich sind i.a. noch keine (nützliche) Information, Information an sich ist i.a. noch kein (nützliches) Wissen, und Wissen an sich ist i.a. noch keine Weisheit. Dies erinnert auch an die kritischen Aussagen von Weizenbaum (vgl. Weizenbaum 1978) über problematische Anwendungen von Computertechnik. Heutzutage erleben wir natürlich täglich problematischen IT-Umgang, wobei manche der Probleme durch mehr Wissen der betroffenen Personen vermieden oder gemindert werden könnten.
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