Erziehung und Unterricht 2018/3+4
Reiter, Neue Pfade zu „alten“ Zielsetzungen? 323 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 nung des Unterrichts, Motivation und Entlastung im Unterricht) an digitale Medien gestellt (vgl. Krauthausen 2014, S. 7-11). Mit dem Einsatz von Computern im Unterricht sollen neben dem Erwerb computerbezogener Fähigkeiten, die teilweise als Schlüsselkompetenzen in der Gesellschaft gelten, bildungsbezogene Kompetenzen unterstützt werden. Bei aller Eu- phorie, die erkennbar war und ist, muss eine kritische Haltung eingenommen werden, denn auch diese Medien stellen per se kein didaktisches Konzept dar; dies gilt im Übrigen für jedes Unterrichtsmittel. Ein Unterricht, der bisher fragwürdig war, wird durch den Ein- satz digitaler Medien nicht besser. Nicht der Computer ist zentrales Element, sondern die methodisch-didaktische Gestaltung des Lernprozesses steht im Mittelpunkt der Über- legungen (vgl. Senkbeil & Wittwer 2010, S. 153). Wesentlich dabei erscheint, dass „alte“ und „neue“ Medien keine Gegensätze darstellen, sondern, dass eine Ergänzung, unter Wahrung der jeweiligen Spezifika, das Ziel sein sollte. Die Fachdidaktik als Grundstein Es muss Klarheit darüber herrschen, dass es beim Einsatz des Computers stets auch um die Aneignung von (mathematischen) Inhalten geht. Je nach Auffassung darüber, unter wel- chen Rahmenbedingungen der Lehr- und Lernprozess ablaufen soll, welche Zielsetzungen verfolgt, welche Kompetenzsteigerung angestrebt und welche didaktischen Konzepte zu- grunde liegen, ist die Funktion der Medien festzulegen. In einem konstruktivistisch orien- tierten Unterrichtssetting sollen Medien handlungsorientiertes und selbstständiges Lernen unterstützen. Sie übernehmen damit die Funktion eines „Mittels“ im Rahmen einer situier- ten Lernumgebung (vgl. Rodemerk 2016, S. 19; Krauthausen 2012, S. 2; Schwetz 2001, S. 45- 49; Peterßen 2000, S. 423-426). Becker (1998, S. 122-124) formuliert bereits 1998 grund- legende Fragen bezüglich eines begründeten Einsatzes von Medien, die auch im digitalen Zeitalter ihre Bedeutung nicht verloren haben. In diesem Zusammenhang weist Schwetz (2001, S. 50) darauf hin, dass zuerst die Bildungsziele festgelegt und danach die adäquaten Medien bestimmt werden müssen. Nach Vollstädt (2002, S. 33) müssen bei der Planung von Unterricht die Ziel-, Inhalts- und Methodenfrage im Vordergrund stehen. Erst danach kann die Frage beantwortet werden, ob digitale Medien zur Erreichung der gesteckten Ziele hilf- reich sind. Nach Radatz et al. (1999, S. 31) ist vor jedem Computereinsatz sogar die Frage zu stellen, ob nicht bisherige didaktisch begründete Wege unter Verwendung traditioneller Medien für die Schülerinnen und Schüler sinnvoller erscheinen als der große technologi- sche Aufwand. Die häufig postulierten Vorteile eines computerunterstützten Lernens kön- nen nur dann zum Tragen kommen, wenn passende didaktische Konzepte als Rahmen zur Verfügung stehen und andererseits die Lehrerinnen und Lehrer über entsprechende Kom- petenzen hinsichtlich des Umganges mit Computer (als Werkzeug) verfügen. Diese müssen nicht nur Expertinnen und Experten des Lehrens und Lernens, sondern auch Fachkräfte hinsichtlich der Computernutzung sein (vgl. Krauthausen 2012, S. 75; Granzer 2003, S. 11). Zentraler Aspekt bei der Überlegung, Computer im Mathematikunterricht der Grundschule einzusetzen, ist, dass erfolgreich angewandte didaktische Konzepte ihre Gültigkeit behal- ten und der Einsatz digitaler Medien weitere Chancen ermöglichet, um den konstruktivisti- schen Ansatz von Lernen noch stärker zu betonen. Der Computer als Werkzeug bildet dafür die technische Grundlage (vgl. Leuders 2003, S. 199; Weigand & Weth 2002, S. XI). Im Rah- men eines individuellen Lernprozesses sollen auch die Schülerinnen und Schüler entschei- den können, ob der Computer ein für sie geeignetes Medium im Sinne eines Werkzeugs darstellt. Um computerbasierende Medien im Unterricht erfolgreich einsetzen zu können, sind seitens der Schülerinnen und Schüler Kompetenzen erforderlich, die sie im traditio- nellen Unterricht nicht erlangen können. Daher ist eine Hilfestellung seitens der Lehrper-
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