Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
110 Aufklärung (1720–1770) Vorfall sich durch große Landstrecken verbreitet; an vielen Orten waren schwächere Erschütterungen zu verspüren, an manchen Quellen, besonders den heil- samen, ein ungewöhnliches Innehalten zu bemerken gewesen: um desto größer war die Wirkung der Nachrichten selbst, welche erst im Allgemeinen, dann aber mit schrecklichen Einzelheiten sich rasch ver- breiteten. Hierauf ließen es die Gottesfürchtigen nicht an Betrachtungen, die Philosophen nicht an Trostgrün- den, an Strafpredigten die Geistlichkeit nicht fehlen. So vieles zusammen richtete die Aufmerksamkeit der Welt eine Zeit lang auf diesen Punkt, und die durch fremdes Unglück aufgeregten Gemüter wurden durch Sorgen für sich selbst und die Ihrigen um so mehr ge- ängstigt, als über die weitverbreitete Wirkung dieser Explosion von allen Orten und Enden immer mehre- re und umständlichere Nachrichten einliefen. Ja viel- leicht hat der Dämon des Schreckens zu keiner Zeit so schnell und so mächtig seine Schauer über die Erde verbreitet. Der Knabe, der alles dieses wiederholt vernehmen musste, war nicht wenig betroffen. Gott, der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die Erklärung des ersten Glaubens-Artikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerechten mit den Ungerechten gleichem Verderben preisgab, keineswegs väterlich bewiesen. Vergebens suchte das junge Gemüt sich gegen diese Eindrücke herzustel- len, welches überhaupt um so weniger möglich war, als die Weisen und Schriftgelehrten selbst sich über die Art, wie man ein solches Phänomen anzusehen habe, nicht vereinigen konnten.“ Aufgabe 2: Die Instrumentalisierung von Naturkatastrophen Verfassen Sie einen Kommentar. Situation: Sie stehen Meinungen, die Naturkatastrophen als Strafe Gottes deuten, kritisch gegenüber und möchten Ihrer Kritik öffentlich Raum geben. Günstig scheint Ihnen dafür ein Kommentar in der Zeitung Ihrer Schule. Lesen Sie die Zeitungsmeldungen „,Erdbeben ist Strafe Gottes‘: Priester sorgt in Italien für Eklat“ (Text 1) und „,Göttliche Strafe‘ für homophoben Politiker“ (Text 2). Verfassen Sie nun den Kommentar und berücksichtigen Sie dabei die folgenden Arbeitsaufträge: ■■ Geben Sie die Meinungen des zitierten Priesters und des US-Politikers wieder. ■■ Beurteilen Sie diese Meinungen. ■■ Kommentieren Sie die Aussage des US-Politikers in Hinblick auf die ihn betreffende Naturkatastrophe. Schreiben Sie zwischen 540 und 660 Wörter. Text 1: „Erdbeben ist Strafe Gottes“: Priester sorgt in Italien für Eklat Der Vatikan reagiert hart auf Aussagen eines Pries- ters, der im Rahmen einer Sendung des erzkatholi- schen Radiosenders „Radio Maria“ das Erdbeben in Mittelitalien als „Strafe Gottes“ bezeichnet hatte. Gott habe die Italiener mit dem Erdbeben für die jüngst beschlossene gesetzliche Anerkennung von homose- xuellen Lebensgemeinschaften strafen wollen, so Pater Giovanni Cavalcoli in seiner monatlichen Sen- dung. Der vatikanische Innenminister Erzbischof Ange- lo Becciu bezeichnete die Worte des Priesters als „be- leidigend für Gläubige und skandalös für Nicht-Gläu- bige“. Becciu entschuldigte sich bei den durch die schweren Erdbeben der vergangenen Woche obdach- los gewordenen Menschen. „Wer von ‚Radio Maria‘ aus von einer göttlichen Strafe spricht, beleidigt den Namen der Muttergottes, die Gläubige als barmherzi- ge Mutter betrachten“, sagte Becciu. […]Nach empör- 30 35 40 45 50 55 5 10 15 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv
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