Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
271 Symbolismus, Impressionismus, Fin de Siècle, Wiener Moderne (1890–1920) nachtmahlen geh’n! Irgendwo muss ich doch schließlich hingeh’n … ich könnt’ mich ja in irgend- ein Beisl setzen, wo mich kein Mensch kennt – schließlich, essen muss der Mensch, auch wenn er sich nachher gleich totschießt … Haha, der Tod ist ja kein Kinderspiel … wer hat das nur neulich gesagt? … Aber das ist ja ganz egal. […] Ich möcht’ wissen, wer sich am meisten kränken möcht’? … Die Mama, oder die Steffi? … Die Steffi … Gott, die Steffi … […] – Beim Regiment – kein Mensch hätt’ eine Ahnung, warum ich’s getan hab’ … sie täten sich alle den Kopf zerbrechen … warum hat sich denn der Gustl umgebracht? – Darauf möcht’ keiner kommen, dass ich mich hab’ totschießen müssen, weil ein elender Bäckermeister, so ein niederträchtiger, der zufällig stärkere Fäust’ hat … es ist ja zu dumm, zu dumm! – Deswegen soll ein Kerl wie ich, so ein junger, fescher Mensch … Ja, nachher möchten’s gewiss alle sagen: das hätt’ er doch nicht tun müssen, wegen so einer Dummheit; ist doch schad’! … […] So ein Kerl wie ich, der dasteht und sich einen dummen Buben heißen lässt … morgen wissen’s ja alle Leut’ … das ist zu dumm, dass ich mir einen Mo- ment einbilde, so ein Mensch erzählt’s nicht weiter … überall wird er’s erzählen … seine Frau weiß’s jetzt schon … morgen weiß es das ganze Kaffeehaus … die Kellner werd’n’s wissen … der Herr Schlesin- ger – die Kassierin – – Und selbst, wenn er sich vorgenommen hat, er red’t nicht davon, so sagt er’s übermorgen … und wenn er’s übermorgen nicht sagt, in einer Woche … Und wenn ihn heut’ Nacht der Schlag trifft, so weiß ich’s … ich weiß es … und ich bin nicht der Mensch, der weiter den Rock trägt und den Säbel, wenn ein solcher Schimpf auf ihm sitzt! … So, ich muss es tun, und Schluss! – Was ist weiter dabei? ■■ Analysieren Sie die psychische Situation des Leutnants, bestimmen Sie dazu folgende Aspekte: –– Gustls Gedanken an Auswege und die Zwänge zum Selbstmord, denen er sich ausgeliefert glaubt; –– seine Berufungen auf Militärkollegen als Orientierungshilfe; –– sein Selbstmitleid und seine Wünsche, alles wäre anders gekommen; –– die verschiedenen zeitlichen Ebenen seiner Assoziationen. ■■ Untersuchen Sie die sprachlichen Charakte ristika des inneren Monologs: Satzbau, Stilmittel, Sprachebenen, Einmischung/ Kommentierung durch den Erzähler. ■■ Verfassen Sie den inneren Monolog des Bäckermeisters Habetswallner nach Verlas sen des Konzertes. Das Ende Den Rest der Nacht lässt sich der Leutnant durch Wien treiben, immer damit beschäftigt, sich zu rechtferti gen, Auswege zu erdenken und wieder zu verwerfen – wie z. B. nach Amerika zu gehen –, sich die Reaktionen seiner Angehörigen vorzustellen, seinen Neid auf die Zivilisten, Juden, Akademiker zu artikulieren. Schließ lich schläft er im Prater auf einer Bank ein, wacht in der Früh auf, geht in sein Stammcafé, da er vor dem Selbstmord Abschiedsbriefe schreiben und ordentlich frühstücken möchte, und erfährt dabei vom Ober Fol gendes: „Haben Herr Leutnant schon gehört?“ … „Was denn?“ Ja, um Gotteswillen, weiß der schon was? … Aber, Unsinn, es ist ja nicht möglich! „Den Herrn Habetswallner …“ Was? So heißt ja der Bäckermeister … was wird der jetzt sagen? … Ist der am End’ schon dagewesen? Ist er am End’ gestern schon dagewesen und hat’s erzählt? …Warum red’t er denn nicht weiter? … Aber er red’t ja … „… hat heut’ nacht um zwölf der Schlag getroffen.“ „Was?“… Ich darf nicht so schreien … nein, ich darf mir nichts anmerken lassen … aber vielleicht träum’ ich … ich muss ihn noch einmal fragen … „Wen hat der Schlag getroffen?“ – Famos, famos! – Ganz harmlos hab’ ich das gesagt! – „Den Bäckermeister, Herr Leutnant! … Herr Leutnant werd’n ihn ja kennen … na, den Dicken, der jeden Nachmittag neben die Herren Offiziere seine Tarockpartie hat … […] 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 Aufgabe 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv
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