Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

276 Symbolismus, Impressionismus, Fin de Siècle, Wiener Moderne (1890–1920) ■■ Untersuchen Sie, auf welche Aspekte der Menschen in der Straße sich Maltes Wahrnehmungen beziehen. ■■ Überprüfen Sie den Satz, den die Literaturwissenschaftlerin Käthe Hamburger als Kommentar zum hier zitierten Textausschnitt geschrieben hat: „Malte dringt in die Mitte der Leiderfahrungen der anderen ein.“ ■■ Die von Malte geschilderte Frau verliert buchstäblich ihr Gesicht. Erläutern Sie, was die Metapher „sein Gesicht verlieren/sein Gesicht wahren“ bedeutet. ■■ Vergleichen Sie Maltes Wahrnehmungen mit Ihren Wahrnehmungen in einer belebten Straße. 4 „Meine kleinen Sachen Dichtungen?! Keineswegs.“ Peter Altenberg: „Die Abrechnung“ und „Das Hotel-Stubenmädchen“ (1912) Texte als Extrakte Sind die Taschen seines Mantels mit seinen schnell hingeschriebenen Prosaskizzen gefüllt, schickt Peter Altenberg sie an seinen Verleger Fischer in Berlin, ei­ nen für die Wiener Moderne bedeutenden Verlag. So spontan entstehen alle Bücher Altenbergs. Schon die Titel zeigen ihren Charakter: „Wie ich es sehe“, „Was der Tag mir zuträgt“, „Bilderbögen des kleinen Lebens“. Sie enthalten kleine, impressionistische, Augenblicke und Stimmungen einfangende Texte. Nicht als „Dich­ tungen“ versteht Altenberg das, was er schreibt, son­ dern als „Extrakte des Lebens. Das Leben der Seele und des zufälligen Tages, in 2–3 Seiten eingedampft.“ Auf zwei, drei Seiten, meint Altenberg, könne man dassel­ be sagen wie in einem Roman. Zwei Texte sollen da­ von eine Probe geben. Die Abrechnung Ein sehr eleganter fremder Herr trat auf der Straße an eine sehr elegant gekleidete junge schöne Dame heran, grüßte ehrerbietig und sagte: „Dieses Kleid ist sehr schön, das ich Ihnen geschenkt habe –.“ „Das ist eine gemeine Frechheit! Wie können Sie mit mir so sprechen?!?“ „Regen Sie sich nicht auf, süße Gnädigste. Es ist so, wie ich es Ihnen sage. Aber ich gönne es Ihnen ja von ganzem Herzen. Ihr Gatte ist mir nämlich Geld schuldig; und wenn er mir korrekterweise dieses Geld, das ich dringendst brauche und ihm liebens- würdigsterweise geliehen habe, zurückgegeben hätte, hätte er Ihnen jedenfalls dieses herrliche Kleid nicht kaufen können! Also ist dieses Kleid von meinem Gelde bezahlt worden. Nur einen Rat erlaube ich mir Ihnen zu geben: Sie sind schön genug, um auf diese prächtigen Hüllen verzichten zu können. […] Verzei- hen Sie, Adieu.“ Die Dame kam nach Hause, zerschnitt ihr Kleid, machte sich selbst ein ganz einfaches, merkwürdig wunderbares und apartes, wie noch niemand es je gesehen hatte. Ihr Gatte sagte: „Wo ist das neue Kleid, das ich dir gekauft habe?!?“ „Es ist mir Tinte darüber gekommen, verzeihe, es ist gänzlich unbrauchbar geworden für mich –“ Das Hotel-Stubenmädchen Sie saß nachts, ganz zerpatscht von Stiegensteigen, Sorgsamsein für fremde Menschen, Aufmerken auf fremde Wünsche, in der Portiersloge, zählte einen Haufen Trinkgelder in ihre Schürze. Ich wusste, dass sie ein entzückendes dreijähriges Mäderl habe, und der Gatte war verschollen. Ich sagte: „Woher sind Sie, Marie?!“ „Aus Kärnten.“ Aufgabe 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 2 4 6 8 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=