Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

87 Barock (1600–1720) zeit lange wenig gebraucht, wurde diese Form der Lyrik im 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Die „konkrete Poesie“ zum Beispiel der Wiener Gruppe in den 50er- und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts (Friedrich Ach­ leitner, H. C. Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Ernst Jandl oder der Schweizer Eugen Gomringer) nehmen die barocken Anregungen auf und setzen sie ein, um Kritik an der verbrauchten Sprache der tradi­ tionellen Dichtung und des Alltags zu üben. ■■ Betrachten und lesen Sie die Figurengedichte (S. 86), die beide mit Bäumen und Früchten zu tun haben. Der „Palmbaum“ (1649) stammt von Philipp von Zesen, einem Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, deren Emblem die Palme war. Reinhard Döhl ist der Verfasser des „Apfelgedichts“ (1965). ■■ Erläutern Sie das Thema und die Absicht des „Palmbaums“ und geben Sie das „Geschehen“ im Gedicht von Döhl wieder. Grenzenlos Muss man die Sprache „schützen“? Sprachwandel und „Sprachverfall“ Während frühere Epochen sprachliche Veränderungen oft als „Sprachverfall“ beklagten, wird der Sprachwan­ del heute eher als selbstverständliches Resultat einer sich ändernden Gesellschaft aufgefasst. Allerdings ist sicher auch heute Kritik angebracht an einer allzu „trendigen“ Sprache, die oft aus Werbung und Medien kommt: Free Call, Flyer, Convenience Food, Factory Out- let, Events, Lifestyle Guide, Kiddie Contest, Webcam Night . Dieses „Denglisch“ genannte Wortgemisch soll modern klingen, verführt aber dazu, seine persönliche Sprache durch nachgeplapperte Modewörter zu erset­ zen. Das Französische allerdings, das in der Barockzeit „Hauptlieferant“ an Fremdwörtern war, glaubt zurzeit, sich selbst schützen zu müssen. Ein Gesetz von 1994 verbietet es bei Strafe, Reklamesprüche auf Englisch zu verfassen. Doch nur wenige halten sich daran. Erläutern Sie anhand der folgenden Beispiele zu Denglisch „extrem“, welcher Zweck hinter diesem Sprachgebrauch steckt, welche sozialen Schichten angesprochen werden sollen und wer sprachlich ausgeschlossen wird. Beispiele Eine deutsche Keramikfirma wendet sich an die friends of decoration und die friends of living . Ihre Produkte sind unter anderem für thirty-something-Frauen . Sie ha­ ben auf ihrem table cooles Geschirr. Dazu gehören die votives und circles und als new wave-eyecatcher die chip & dip-Schüsseln und andere home elements und high- lights des richtigen lifestyle . Das Lebkuchenhäuschen Christmas Germany steht unter dem Weihnachtsbaum, garniert von Engeln als festive friends und treats . Ein Wiener Hotel bietet First-Class-Wohnen mit individuel­ lem Plaisir-Flair , Sport Check up, Cyclothek und Multi-roomsauna . Bausparkassen schreiben über Specials und Fogging effect im Neubau, das Town&Country-Fer- tighaus , Stress für den Housebuilder , über die Keller­ werkstatt als Man’s world , über Fun colors und das Fit- ness feeling unter der Dusche. Gibt es schöne und hässliche Wörter? Manche im Zuge des neuen Sprachbewusstseins im Barock geschaffene Wörter wie Augenblick für Mo­ ment, Ausflug für Exkursion, Briefwechsel für Korres­ pondenz, Anschrift für Adresse, Fernrohr für Teleskop, leidenschaftlich für passioniert, Lustspiel für Komödie, Mundart für Dialekt gehören durchaus zu unserem All­ tagswortschatz. Ebenso unverzichtbar sind die von dem Grammatiker Johann Schottelius (1612–76) einge­ Aufgabe Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Grenzenlos Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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