global 6. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

global 6 Geographie und Wirtschaftskunde Aktualisiert!

global Maturatraining ISBN 978-3-209-08578-8 www.oebv.at globa Maturatra Dieses Üb kompeten kunde vo bereichsk aufgaben Ergänzt w Kompeten kontrolle. ISBN 978-3-209-08578-8 global8mt_08578_umschlag.indd 1 global 6, Schülerbuch und E-Book Schulbuchnummer: 180816 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 16. September 2020, GZ BMBWF-Präs/14, 2020-0.379.683, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß dem Lehrplan 2017 als für den Unterrichtsgebrauch an allgemein bildenden höheren Schulen für die 6. Klasse im Unterrichtsgegenstand Geographie und Wirtschaftskunde geeignet erklärt. Dieses Werk wurde auf der Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, Sie bekommen dieses Schulbuch von der Republik Österreich für Ihre Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist – § 42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Umschlagbilder: Zoonar RF / Thinkstock; Aurora Photos, USA / mauritius images Illustrationen: Wolfgang Schaar, Grafing; SCHWUPP, Atelier für Malerei und Illustration, Hausbrunn Karten: Freytag-Berndt und Artaria KG, Wien 1. Auflage (Druck 0002) © Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2020 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Redaktion: Andrea Truppe, Wien Herstellung: MMag. Andrea Maria Fellner, Wien; Sigrid Prünster, Wien Umschlaggestaltung: Jens-Peter Becker, normaldesign GbR, Schwäbisch Gmünd Layout: Jens-Peter Becker, normaldesign GbR, Schwäbisch Gmünd Satz und Grafik: Arnold & Domnick, Leipzig Druck: Brüder Glöckler GmbH, Wöllersdorf ISBN 978-3-209-11574-4 (global SB 6 + E-Book 6) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

www.oebv.at global Elisabeth Dittrich Johannes Dorfinger Christian Fridrich Bettina Fuhrmann Gottfried Kögler Elisabeth Mayer Barbara Müllauer-Hager Ines Müllneritsch Beratung: Christian Fridrich 6 Geographie und Wirtschaftskunde Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

2 Wie Sie mit global arbeiten 4 Mit Kompetenzorientierung und Basiskonzepten zur Matura 6 Raumbegriff und Strukturierung Europas diskutieren Basiswissen Europäische Union – der Integrationsprozess 8 Die Europäische Union und ich 10 Fallbeispiel Sind wir Europäerinnen und Europäer? 12 Was ist Europa? 14 Naturräume Europas Methode: Satellitenbilder auswerten 16 Klimatische Gliederung Europas 18 Gesellschaftliche Gliederung Europas 20 Fallbeispiel Lebenswelten von Jugendlichen 22 Wirtschaftliche Gliederung Europas 24 Wirtschaftliche Indikatoren auf europäischer Ebene im Vergleich 26 Wissen vernetzen Raumbegriff und Strukturierung Europas diskutieren 28 Maturaaufgabe Vielfalt Europas – gemeinsame Identität? 29 Konvergenzen und Divergenzen europäischer Gesellschaften erörtern Bevölkerungsentwicklung in Europa 30 Bevölkerungspolitik in Europa 32 Fallbeispiel Familienpolitik 34 Fallbeispiel Soziale Versorgung 36 Fallbeispiel Leben an den Rändern der Gesellschaft – Roma in Europa 38 Migration in und nach Europa Methode: Entscheidungen treffen 40 Fallbeispiel Binnenmigration in der EU 42 Fallbeispiel Erwünschte Außenmigration 44 Fallbeispiel Unerwünschte Außenmigration 46 Meine Chancen in EUropa 48 Wissen vernetzen Konvergenzen und Divergenzen europäischer Gesellschaften erörtern 50 Maturaaufgabe Jugendliche und die EU 51 Außerwert- und Inwertsetzung von Produktionsgebieten im Wandel beurteilen Landwirtschaft verändert Landschaften Methode: Bilder analysieren 52 Landwirtschaft im Wandel 54 Fallbeispiel Land Grabbing in Osteuropa 56 Fallbeispiel Spanien: Landwirtschaft unter Plastik 58 Strukturen und Wandel industrieller Gebiete 60 Wandel der industriellen Güterproduktion und der Gesellschaft 62 Fallbeispiel Vom Rostgürtel zu Start-Ups 64 Fallbeispiel Industriepark Höchst 66 Tourismus in Österreich – was er für das Land bedeutet 68 Fallbeispiel Wenn nicht nur einer eine Reise tut … 70 Fallbeispiel Sanfter Tourismus als Antwort auf den Massentourismus 72 Wissen vernetzen Außerwert- und Inwertsetzung von Produktionsgebieten im Wandel beurteilen 74 Maturaaufgabe Wien – eine Wirtschaftsregion im Tertiärisierungsprozess 75 Semestercheck 1. Semester 76 Inhalt Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

3 Wettbewerbspolitik und Regionalpolitik bewerten Die Europäische Union: aus der Vergangenheit lernen – in der Gegenwart leben – in die Zukunft blicken 82 So funktioniert die EU – Institutionen und Aufgaben 84 Politikfelder der EU 86 Der EU-Haushalt: Woher kommt und wohin fließt das Geld? Methode: Statistiken auswerten 88 Wettbewerbspolitik der EU: Wettbewerb statt Konzentration 90 Fallbeispiel Wie die EU-Wettbewerbspolitik unser Leben beeinflusst 92 Agrarpolitik der EU 94 Fallbeispiel Zwei Möglichkeiten der Landwirtschaft 96 Verkehrspolitik der EU 98 Fallbeispiel Alpentransit 100 Energiepolitik der EU: Strategien gegen Klimawandel und Abhängigkeit 102 Fallbeispiel Alpine Windparks und Smart Grids 104 Die Europäische Währungsunion (EWU) – ein Teil des Aufbaus Europas in Etappen 106 Die Europäische Zentralbank – Hüterin der Währung 108 Fallbeispiel Die Europäische Zentralbank vor neuen Herausforderungen 110 Die Europäische Regionalpolitik – Solidarität als Grundwert 112 Fallbeispiel Arm und Reich in der EU – Luxemburg und Bulgarien 114 Verflechtungen der EU – die EU als Global Player 116 Fallbeispiel CETA – Chance oder Risiko? 118 Wissen vernetzen Wettbewerbspolitik und Regionalpolitik bewerten 120 Maturaaufgabe Die EU als Global Player 121 Regionale Entwicklungspfade vergleichen Zentren und Peripherie in Europa 122 Zentren der Macht 124 Veränderungen durch den EU-Beitritt 126 Fallbeispiel Estland 128 Fallbeispiel Kroatien 130 Regionen im Wandel Methode: Projektarbeit 132 Fallbeispiel Grenzübergreifende Zusammenarbeit 134 Fallbeispiel Die Region CENTROPE 136 Fallbeispiel Beitrittskandidaten am Westbalkan 138 Fallbeispiel Umstrittener Beitrittskandidat Türkei 140 Fallbeispiel Ukraine 142 Wissen vernetzen Regionale Entwicklungspfade vergleichen 144 Maturaaufgabe Irland – Erfolgsmodell der Europäischen Strukturpolitik? 145 Semestercheck 2. Semester 146 Vorwissenschaftliche Arbeit 150 Methodenüberblick 152 Register 157 Nachweise 158 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

4 Farben geben Ihnen Orientierung im Buch. Jedem der fünf Großkapitel ist eine eigene Farbe zugeordnet. Wie Sie mit global arbeiten 52 53 Außerwert- und Inwertsetzung von Produktionsgebieten im Wandel beurteilen Landwirtschaft verändert Landschaften Kompetenzorientierte Lernziele die Abhängigkeit landwirtschaftlicher Nutzung vom Naturraumpotenzial hinterfragen Inwertsetzung und Außerwertsetzung von Naturräumen bewerten Außerwert- und Inwertsetzung von Produktionsgebieten im Wandel beurteilen M1 Reisanbau in Vietnam M2 Anbau von Gerste in Ostfriesland M3 Inwertgesetzte Felder aus Moorstreifen Nähe Emden M4 Naturlehrpfad im Naturschutzgebiet Ewiges Meer 1 Finden Sie mit Hilfe digitaler Karten weitere Regionen Ostfrieslands mit einer ähnlichen Parzellierung wie in M3 und beschreiben Sie deren geographische Lage. 2 Analysieren Sie die Bilder M1 bis M4 systematisch nach der Methode der Bildanalyse. Zeichnen Sie dabei relevante Merkmale in die Bilder ein. 3 Bewerten Sie mit Hilfe der Bilder M3 und M4 die Inwertsetzung der Moorlandschaften in Ostfriesland. Ist eine nichtinwertgesetzte Landschaft wertlos? 4 Interpretieren Sie die wahrscheinlichen Blickrichtungen in M2 und M4 mit Hilfe des Satellitenbildes M3. 5 Erläutern Sie anhand von M5 Herausforderungen für eine nachhaltige Landwirtschaft. 6 Ermitteln Sie intakte oder trockengelegte Moore in Österreich und beschreiben Sie deren jetzigen Wert und die jetzige Nutzung. 7 Finden Sie im Internet das für Sie aussagekräftigste Bild zum Ewigen Meer und begründen Sie Ihre Wahl. { { } { { " } Inwert- und Außerwertsetzung Unter Inwertsetzung versteht man die wirtschaftliche Erschließung und Entwicklung bisher nicht oder wenig genutzter Räume. Zu diesem Zweck werden Wälder gerodet, Felder angelegt, Berge erschlossen, Dämme gebaut und Meere aufgeschüttet. Solche Neugestaltungen können aber natürlich auch Schäden im Ökosystem und Veränderungen im Erscheinungsbild von Landschaften verursachen. Umgekehrt können Gebiete durch gesellschaftliche oder technologische Veränderungen auch außer Wert gesetzt werden. Natur- und Kulturlandschaften Naturlandschaften sind heute nur noch selten zu finden. Es handelt sich dabei um unbesiedelte oder von indigenen Völkern bewohnte Flächen in Polarregionen, Wüsten oder Regenwäldern, die nicht vom Menschen beeinflusst sind. Ihr Erscheinungsbild beruht auf der Zusammenwirkung ökologischer Faktoren. In dicht besiedelten Gebieten finden sich Naturlandschaften nur noch in geschützten Gebieten wie Auen oder Nationalparks. Kulturlandschaften hingegen sind durch Menschen geprägte, zur wirtschaftlichen Nutzung überformte Landschaften. Die Menschen tragen entscheidend zur Entstehung und Erhaltung von Kulturlandschaften bei. Kulturlandschaften unterliegen einem ständigen Wandel. Kulturlandschaften können je nach Intensität des menschlichen Einflusses in naturnahe land- und forstwirtschaftlich geprägte und naturferne Kulturlandschaften unterschieden werden. Städte und Industriezonen sind demnach ebenso Kulturlandschaften wie extensiv genutzte Wiesen und Weiden. Monokulturen, als extreme Form von Kulturlandschaften, bewirtschaften teils riesige Flächen mit nur einer Nutzpflanze. Dadurch entstehen Vorteile bei Bodenbearbeitung, Düngung und Ernte, die den Einsatz teurer Maschinen rechtfertigen. Gleichzeitig entstehen aber auch Nachteile in Form von Bodenbelastungen oder regionalen wirtschaftlichen Abhängigkeiten (M1). Schädlinge können sich rascher vermehren, da sie ein Überangebot von Nahrung und eine verminderte Anzahl natürlicher Feinde nutzen können. Als Alternative zur Monokultur wird daher immer öfter versucht Böden durch nachhaltige Bewirtschaftung zu schonen. Landwirtschaft und Ressourcen Mit den steigenden Ansprüchen an die Landwirtschaft läuft ein zunehmender Ressourcenverbrauch einher. Acker- und Weideland machen bereits heute ungefähr 40 Prozent der Landfläche der Erde aus. Einzig der Waldbestand bildet ein ähnlich großes Ökosystem. Zuwächse in der Landwirtschaft können somit nicht durch den Ausbau der landwirtschaftlichen Nutzflächen kompensiert werden, zumindest nicht ohne dabei Naturlandschaften (und Kohlenstoffsenken) wie Regenwälder, Grünland oder Feuchtgebiete zu zerstören. Darüber hinaus erhöhen das Bevölkerungswachstum und der damit einhergehende Siedlungsdruck und Infrastrukturausbau den globalen Flächenbedarf. Hinzu kommt, dass auf einem Großteil der landwirtschaftlichen Fläche die Bodenqualität abnimmt. In den letzten 60 Jahren hat menschliches Handeln fast 40 Prozent der Ackerfläche zumindest teilweise degeneriert. Bodenerosion, Nährstoffverluste durch Auswaschung oder Emission oder Versalzung durch falsche Bewässerung sind einige Ursachen dieser Entwicklung. Die Konsequenz daraus ist, dass die Landwirtschaft die zukünftigen Herausforderungen mit schlechter werdenden Grundvoraussetzungen bewältigen muss. (https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nachhaltige_landwirtschaft_1753.htm, abgerufen am 7.12.2016) M5 Herausforderungen für die Landwirtschaft Ostfrieslands Moore Im Nordwesten Deutschlands erstreckten sich riesige Moorflächen, die in den vergangenen Jahrhunderten sukzessive besiedelt wurden. Zu diesem Zweck wurden parallele Entwässerungsgraben geschaffen, deren Anlage viele Reihendörfer („Aufstrecksiedlungen“) entstehen ließ. Nach dem Abbau des dabei gewonnenen Torfes konnten die gewonnenen Flächen landwirtschaftlich genutzt werden (M2). Im 20. Jahrhundert wurde Torf mit industriellen Maschinen abgebaut und auch heute wird in einzelnen Gebieten noch Torf gewonnen. Die wirtschaftliche Inwertsetzung der Moore hat die Landschaft aus ökologischer Hinsicht aber außer Wert gesetzt. Von der ursprünglichen Moorlandschaft sind heute nur noch vereinzelte Überreste erhalten. Diese Gebiete stehen heute unter Naturschutz. Durch Renaturierungsmaßnahmen wird versucht Moore wieder zu vernässen und sie damit wirtschaftlich wieder außer Wert, aber ökologisch in Wert zu setzen. Ewiges Meer Das Ewige Meer ist der größte Hochmoorsee Deutschlands und liegt in einem Naturschutzgebiet nahe dem Ort Eversmeer. Die charakteristische Vegetation (Torfmoose, Wollgräser, Moosbeere, Moorheide, …), die durch Torfgewinnung entstandenen Rinnen und die Wasserflächen können durch einen 1,8 km langen Moorwanderweg erkundet werden. Bilder analysieren Bilder präsentieren Sachverhalte, wie sie in einem Ausschnitt der visuellen Realität dargestellt werden. Die Analyse von Bildern ist oft komplex und erfordert genaues Arbeiten. Schritt für Schritt: Bild beschreiben: Bildtyp, Bildinhalte wie Landschaften, Pflanzen, Böden, Gebäude oder Strukturen benennen und einzeichnen; Bild verorten; Zusatzinformationen heranziehen Bild erklären: einzelne Bildelemente verknüpfen, Zusammenhänge herstellen, Vorwissen einbringen, Manipulationen erkennen Bild bewerten: Bewertung, Schlussfolgerung, Hypothesenbildung, Medienkritik Methode Online-Code f8mw5c Arbeitsheft S. 27 112 113 Wettbewerbspolitik und Regionalpolitik bewerten Diese Mittel stehen allen EU-Regionen zur Verfügung, jedoch ist die Höhe der Unterstützung abhängig vom Entwicklungsstand der jeweiligen Region. Daraus ergibt sich eine Einteilung in drei Förder-Kategorien (M2). In Österreich besitzen mit Ausnahme des Burgenlands (Übergangsregion) alle Bundesländer den Status „mehr entwickelt“. Voraussetzung für den Erhalt europäischer Mittel ist ein Programm, das mit der Europäischen Kommission vereinbart werden muss. Das Geld soll vor allem für Bereiche verwendet werden, in denen die größten Fortschritte zu erwarten sind (zB Stärkung von Klein- und Mittelbetrieben, Umsetzung von Innovationen, Schaffung von Verkehrsverbindungen und Qualifizierung von Arbeitskräften). Zudem wird von den Regionen eine finanzielle Beteiligung in unterschiedlicher Höhe verlangt, um sicherzustellen, dass die Gebiete tatsächlich Interesse an den Maßnahmen haben. Dadurch kann sich das mögliche Projektvolumen mehr als verdreifachen. EU-Regionalpolitik in bzw. für Österreich Österreich standen bis 2020 Fördergelder in der Höhe von 5,18 Mrd. Euro aus den ESI-Fonds zur Verfügung, wobei der Landwirtschaftsfonds die meisten Mittel beisteuerte. Insgesamt erhielt Österreich seit 1995 mehrere Milliarden Euro Fördergelder, die ua dafür genutzt wurden, tausende Arbeitsplätze zu schaffen, hunderte Forschungsprojekte umzusetzen sowie den landwirtschaftlichen Sektor innovativer, krisensicherer sowie klimafreundlicher zu gestalten. Am meisten hat sicherlich das Burgenland von den Förderungen profitiert. 1995 wurde dem Bundesland der Ziel1-Status (BIP/Kopf < 75 % des EU-Schnitts) gewährt, was dazu führte, dass seither mehr als eine Mrd. Euro in das Land geflossen ist (durch die Beteiligung Österreichs sogar rund 4 Mrd. Euro). Mit Hilfe dieser Mittel konnten Technologiezentren, Wirtschaftsparks, Thermen, Hotels und weitere neue Firmen gegründet werden, was dazu führte, dass das Burgenland heute aus wirtschaftspolitischer Sicht bedeutend besser dasteht als noch vor 25 Jahren. Beispiel: Erneuerbare Energie in Güssing Durch eine neue Anlage, die durch Holzvergasung Wärme, Elektrizität sowie synthetischen Diesel erzeugt, konnten in Güssing viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die EU unterstützte dieses Projekt mit 1,3 Mio. Euro. Leistungen der Regionalpolitik Mit Hilfe der Regionalpolitik wurden zehntausende Projekte in Höhe von 800 Mrd. Euro umgesetzt. Dadurch konnten viele der gesetzten Ziele erreicht werden, nicht zuletzt die Verbesserung des ökologischen Systems sowie der Aufbau eines effizienten transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T). Die Regionalpolitik spielte auch eine große Rolle bei der Abfederung der Auswirkungen der Finanzkrise. Kritik und Ausblick In den letzten Förderperioden sah sich die Regionalpolitik massiver Kritik ausgesetzt. Beispielsweise wurde durch den Einsatz von Subventionen der Wettbewerb in bestimmten Branchen (zB Kohlenindustrie, Schiffbau) teilweise verfälscht. Häufig wurden Fördergelder in nicht mehr zeitgemäße, unrentable Bereiche gepumpt, was zu Lasten von zukunftsträchtigeren Branchen ging. Weitere Probleme ergaben sich durch die Vielzahl von Finanzierungsquellen, mangelnde Transparenz und die aufwändigen Verfahren zur Mittelvergabe. In der Förderperiode 2014–2020 wurde deshalb auf noch klarere Regeln sowie messbare Zielvorgaben Wert gelegt, um sicherzustellen, dass jeder eingesetzte Euro einen maximalen Nutzen erzielt. Insgesamt hat die Kommission hierfür 80 Vereinfachungsmaßnahmen vorgeschlagen. Die Europäische Union zählt zu den wohlhabendsten Gebieten der Welt. Doch innerhalb ihrer Grenzen ist der Wohlstand sehr ungleich verteilt. Die Karte M1 zeigt sehr eindrucksvoll, welche der 276 NUTS-2-Regionen der EU unter dem EU-Durchschnitts-Einkommen liegen (beispielsweise die Region Nordwestbulgarien mit 35 % des EU-Durchschnitts) sowie welche ein deutlich höheres BIP pro Kopf verzeichnen (zB Luxemburg mit 263 % des EU-Durchschnitts). NUTS-Regionen sind geographische Gebiete innerhalb der EU, die nach bestimmten Bevölkerungsgrenzen in drei Kategorien aufgeteilt werden. Die NUTS-Ebene 2 umfasst eine Population von 800 000 bis 3 Mio. Menschen. Diese Einordnung ermöglicht den grenzüberschreitenden statistischen Vergleich von EU-Regionen. Eines der wichtigsten Anliegen der EU ist es, diese große Kluft zwischen Arm und Reich schrittweise zu verringern. Das wichtigste Förderinstrument hierfür ist die Regionalpolitik. Damit sollen regionale und strukturelle Defizite ausgeglichen, das Wirtschaftswachstum in den europäischen Regionen und Städten angekurbelt sowie in weiterer Folge die Lebensqualität aller EU-Bürgerinnen und -Bürger verbessert werden. Besondere Bedeutung hat hierbei der Solidaritätsgedanke, da die meisten Mittel den weniger entwickelten Regionen zugutekommen. Somit sollen auch diese Regionen ihren Rückstand aufholen und ihr wirtschaftliches Potenzial voll entfalten können. Ursprung und aktuelle Zielsetzung Im Laufe der europäischen Integration wurde die Regionalpolitik mehrfach verändert, ihre Wurzeln reichen aber bis zu den Gründungsverträgen von Rom. 1957 erklärten die Unterzeichnerstaaten „ihre Volkswirtschaften zu einigen und deren harmonische Entwicklung zu fördern, indem sie den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringern“. 2014 bis 2020 orientierte sich die Regionalpolitik an den Zielen der Entwicklungsstrategie „Europa 2020“: • Förderung von Wachstum und Beschäftigung durch Innovation, Bildung und die Unterstützung kleiner Unternehmen, • Anpassung an den Klimawandel und Reduzierung der Energieabhängigkeit sowie • Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Funktionsweise und Verteilung der Fördermittel In der Förderperiode 2014 bis 2020 budgetierte die EU für die Regional- und Kohäsionspolitik 351,8 Mrd. Euro (= nahezu ein Drittel des gesamten EU-Haushalts). Diese Mittel sind auf fünf verschiedene Fonds, die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds), aufgeteilt. M2 ESI-Fonds Europäischer Fonds für regionale Entwicklung EFRE ESF Europäischer Sozialfonds KF Kohäsionsfonds ELER Europ. Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums EMFF Europäischer Meeres- und Fischereifonds Verringerung von Ungleichgewichten zwischen den Regionen Investitionen in Verkehrsnetze und Umweltprojekte M3 Mittel für die Kohäsionspolitik Kompetenzorientierte Lernziele räumliche Disparitäten kennzeichnen und anhand ausgewählter Beispiele veranschaulichen Träger, Instrumente, Funktionsweise und Ziele der Regionalpolitik kritisch bewerten 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 75 75 bis 90 90 bis 100 100 bis 110 110 bis 125 > 125 Staatsgrenzen strittige Grenzen BIP/Kopf in KKP 2014 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 75 75 bis 90 90 bis 100 100 bis 110 110 bis 125 > 125 Staatsgrenzen strittige Grenzen BIP/Kopf in KKP 2014 M1 BIP pro Kopf in den EU-Regionen 2019 Die Europäische Regionalpolitik – Solidarität als Grundwert 1 Kennzeichnen Sie die Motive der EU-Regionalpolitik. 2 Nennen Sie die einzelnen ESI-Fonds und erklären Sie, wofür diese zuständig sind. 3 Bewerten Sie die Funktionsweise der Regionalpolitik. 4 Recherchieren Sie zwei Projekte in Ihrem Bundesland, die von ESI-Fonds unterstützt werden. { { } { Arbeitsheft S. 52, 53, 54 Hier ist formuliert, welche kompetenzorientierten Lernziele Sie auf dieser Doppelseite erreichen. 16 17 Raumbegriff und Strukturierung Europas diskutieren Naturräumliche Gliederung Europa ist mit ca. 10 Mio. km 2 der zweitkleinste Kontinent. Trotzdem ist er in seiner Erscheinung stark unterschiedlich. Im Norden, Westen und Süden ist er von Küsten und Meeresbuchten begrenzt. Im Osten finden sich riesige Ebenen, die bis zum Uralgebirge und dem Kaspischen Meer reichen. Naturräumliche Kriterien können helfen, Europa einzuteilen. Solche Kriterien können die Großlandschaften, das Klima und die Vegetation sein. Großlandschaften Europa zeichnet sich durch eine Vielzahl von Landschaften aus, wobei vier Großlandschaften unterschieden werden: die Hochgebirge (mit den Alpen als höchstes Gebirge Europas), das Mittelgebirge, die Tiefländer und die Küsten. • Hochgebirge/Alpen: zahlreiche Berggruppen und -ketten, teilweise Vergletscherung, große Höhenunterschiede auf engem Raum. Die wichtigsten Hochgebirge Europas: Alpen, Karpaten, Pyrenäen, Sierra Nevada, Apenninen, Dinarisches Gebirge, Balkan. • Mittelgebirge: übersteigt nicht die Baumgrenze, vorherrschend flachwellige Oberflächenformen. Einige Mittelgebirge in Europa: Ardennen, Erzgebirge, Bayerischer Wald, Schwarzwald, Böhmerwald, Sudeten, Vogesen, Jura, Zentralmassiv, Ungarisches Mittelgebirge, Apenninen, Mittelrussische Höhen. • Tiefländer: Flachland, liegt etwa auf Meereshöhe, keine größeren Erhebungen. Einige Tiefländer in Europa: Poebene, Norddeutsches Tiefland, Pannonisches Tiefland, Osteuropäisches Tiefland, Pariser Becken, Baltische Seenplatte, Walachei. • Küsten werden zB nach Querschnitt (Flach-/Steilküste) oder Verlauf (Ausgleichsküste/Buchtenküste) unterschieden. Durch Kombination dieser Eigenschaften ergeben sich Spezialküsten wie die Fjord-Schärenküste Norwegens (Steil- und Buchtküste). Ein Satellitenbild auswerten Satelliten erfassen rund um die Uhr Daten über die Erde, zB über die Vegetation, über Meeresströmungen oder über das Wettergeschehen. Mit elektronischen Sensoren und Kameras wird die Erdoberfläche so genau aufgezeichnet, dass Details gut erkennbar sind. Die aufgezeichneten Daten werden zu Bildern verarbeitet. Für diese Bilder werden natürliche Farben oder Falschfarben verwendet, je nachdem, welche Inhalte dargestellt werden sollen. Schritt für Schritt: Verorten: Mit Hilfe der Bildunterschrift oder des Atlas wird ermittelt, welches Gebiet dargestellt ist. Gliedern: Große Strukturen wie Land- oder Wasserflächen, bebaute Gebiete etc. und gleichfarbige Bereiche abgrenzen, sie bieten Hinweise auf ähnliche Vegetation oder ähnliche Oberflächenbeschaffenheit. Beschreiben: Merkmale wie zB Städte, Küstenlinien, landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Eis- und Schneeflächen stichwortartig festhalten. Deuten: Beziehungen zwischen den einzelnen Bildelementen herstellen und nach Zusammenhängen suchen. Auswerten und interpretieren: Mit Hilfe weiterer Informationsquellen die Richtigkeit der Schritte 2, 3 und 4 überprüfen. Methode M1 M2 M3 M4 M5 Satellitenbild Europas Kompetenzorientierte Lernziele Europa nach naturräumlichen Merkmalen gliedern Satellitenbilder auswerten Naturräume Europas 1 Ordnen Sie M1 bis M4 folgenden Beschreibungen zu: Mittelgebirge (mit Blickrichtung SO über das Alpenvorland ins Hochgebirge) im Kobernaußerwald: Tiefland mit Elbe in Norddeutschland: Hochgebirge in den Karpaten: Steilküste bei Cinque Terre: 2 Verorten Sie die Bilder M1 bis M4 in der Karte M5. 3 Ermitteln Sie den höchsten Berg Europas und zeichnen Sie ihn in die Karte ein. Wie heißt der Berg? 4 Zeichnen Sie die im Text genannten Hochgebirge in der Karte ein. 5 Werten Sie das Satellitenbild Europas aus. { " " " { Arbeitsheft S.10 ,11 Die Arbeitsaufträge helfen Ihnen bei der Erschließung der Inhalte und Materialien des Buches und somit beim Erwerb Ihrer Kompetenzen. In jedem Kapitel finden Sie mindestens eine Basisseite, die mit der Erarbeitung einer Fachmethode verknüpft ist. Dabei wird Ihnen die Vorgehensweise in bestimmten Arbeitsschritten empfohlen. Einen Überblick über alle Methoden finden Sie ab S.152. Die Auftaktseiten zu einem Kapitel führen mitten ins Thema. Auf den Basisseiten erfolgt die Erarbeitung der Themen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

5 Zusatzangebot im Internet Weitere Materialien, Lernangebote oder weiterführende Links finden Sie im Internet mit Hilfe der Online-Links. Die Online-Links stehen immer am Beginn eines Großkapitels unten auf der Buchseite. Öffnen Sie die Webseite www.oebv.at und geben Sie den Online-Link im Suchfenster ein. 50 51 Wissen vernetzen Maturaaufgabe Konvergenzen und Divergenzen europäischer Gesellschaften erörtern Konvergenzen und Divergenzen europäischer Gesellschaften erörtern Basiskonzepte • Interessen, Konflikte und Macht S. 32, S. 33, S. 40, S. 41, S. 42, S. 43, S. 44, S. 45, S. 46, S. 47 • Diversität und Disparitäten • Wahrnehmung und Darstellung S. 30, S. 31, S. 34, S. 35, S. 36, S. 37, S. 38, S. 39, S. 40, S. 41, S. 42, S. 43, S. 44, S. 45, S. 46, S. 47, S. 48, S. 49 S. 30, S. 31, S. 38, S. 39, S. 40, S. 41, S. 44, S. 45, S. 46, S. 47 Jugendliche und die EU Um mehr Möglichkeiten und mehr Chancengleichheit für Jugendliche im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen sowie junge Menschen dazu zu ermutigen, aktiv an der Gesellschaft teilzunehmen, verabschiedeten die EU-Fachministerinnen und -Fachminister einen Rahmen für die Zusammenarbeit bis 2018. 1 Arbeiten Sie aus M1 heraus, welche Ziele Erasmus+ verfolgt und welche Aktionen zur Umsetzung dieser Ziele gesetzt werden. 2 Erläutern Sie die Arbeit im Europäischen Freiwilligendienst. Stellen Sie die Ziele des EFD dar. 3 Beurteilen Sie mit Hilfe der Erfahrungsberichte M3 und M4, ob ein Auslandsstudium oder die Mitarbeit beim Europäischen Freiwilligendienst eine Option für Ihre Zukunft sein kann. " { } Was ist Erasmus+? Erasmus+ soll Schlüsselkompetenzen, Qualifikationen und Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen verbessern, ihnen helfen, sich sozial einzugliedern, ihr Wohlergehen fördern und Verbesserungen in der Jugendarbeit und Jugendpolitik auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene herbeiführen. Leitaktion 1: Lernmobilität für junge Menschen und Jugendarbeiter/-innen. Junge Menschen erhalten Gelegenheit zur Teilnahme an einem Jugendaustausch oder können für ein Jahr als Freiwillige in einem anderen Land arbeiten. Jugendarbeiter/-innen können an Weiterbildungen und Networking-Veranstaltungen im Ausland teilnehmen oder einige Zeit in einer Jugendorganisation im Ausland arbeiten (Job-Shadowing/Hospitation). Leitaktion 2: Möglichkeiten der Zusammenarbeit zur Förderung von Innovation und zum Austausch über bewährte Verfahren. Gefördert wird die Bildung von Partnerschaften zwischen Organisationen aus verschiedenen Teilnehmerländern. Dabei sollen innovative Ansätze in der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie in der Jugendarbeit ausgetauscht, entwickelt und vermittelt werden. (http://ec.europa.eu/youth/programme/index_de.htm, abgerufen am 9.4.2016) M1 Erasmus-Programm für Jugendliche Was ist der Europäische Freiwilligendienst? Im Europäischen Freiwilligendienst können junge Menschen ihr persönliches Engagement in einer Vollzeittätigkeit in einem Land in oder außerhalb der EU unter Beweis stellen. Solidarität, besseres Verständnis füreinander und Toleranz unter jungen Menschen sind Werte, die der EFD zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und zur Förderung einer aktiven Bürgerschaft weiterentwickeln möchte. Die dabei gewonnene Lernerfahrung wird formal durch einen Jugendpass anerkannt. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Versicherung werden übernommen, und die Freiwilligen erhalten für die Dauer des Projekts einen Zuschuss (in einigen Fällen müssen sie einen Teil der Reisekosten tragen). Bei EFD-Tätigkeiten im Ausland von mehr als zwei Monaten können Freiwillige zusätzliche Unterstützung beim Lernen der für die Freiwilligentätigkeit benötigten Sprache und beim Überprüfen ihrer Lernfortschritte erhalten. (http://ec.europa.eu/youth/programme/mobility/europeanvoluntary-service_de.htm, abgerufen am 9. 4. 2016) M2 Europäische Freiwilligendienst Erasmus ist nicht nur studieren! Die Universität erwartet, dass man sich als Erasmusstudent einbringt, Kurse und Pflichtprogramme besucht und die gleichen Klausuren wie Home Students schreibt. (…) Allerdings hat Cardiff auch ein unglaublich großes Angebot an Freizeitaktivitäten. (…) Insbesondere unterstützt die „Erasmus society“ die Studenten dabei, sich kennenzulernen, organisiert Ausflüge und Abende in Cardiff. Es ist eine wahre Studentenstadt mit vielen international students. (…) (http://wcms.itz.uni-halle.de/download. php?down=4992&elem=292950, abgerufen am 9.4.2016) M3 Erfahrungsbericht einer Erasmus-Studentin (Auszug) Europäischer Freiwilligendienst Hallo! Ich heiße Katharina und habe mit dem Europäischen Freiwilligendienst 11 Monate und 3 Tage im wunderschönen Süden Norwegens verbracht. Ich habe auf einem kleinen bio-dynamischen anthroposophischen Bauernhof (Stiftelsen Grobunn), der in der norwegischen Pampa 100 km nördlich von Oslo liegt, mit geistig behinderten Jugendlichen gearbeitet. Es gab drei Arbeitsgruppen: Küche, Stall und Werkstatt; in den beiden letzten habe ich jeweils 5 Monate gearbeitet. Im Stall stand morgens Tierpflege an, das heißt melken (7 Kühe mit der Hand), Tiere (Hühner, Schweine, Kühe, Pferde) füttern, Eier einsammeln, Pferde striegeln, den Stall ausmisten,… Nachmittags wurde dann im Garten gearbeitet, im Winter im Lagerkeller. (http://www.jugendinfo.be/downloads/ausland/JIZ-EFDErfahrungsberichte.pdf, abgerufen am 9. 4. 2016) M4 Erfahrungsbericht zum EFD 1 Erläutern Sie das Ursache-Wirkungs-Schema. 2 Erörtern Sie die Chancen und Probleme der Bevölkerungsentwicklung in Europa. 3 Erklären Sie die Schlagzeilen in M2. Begründen Sie Ihre Meinung. 4 Entwickeln Sie Ideen für ein lebenswertes Europa für alle Menschen. Europas Bevölkerung 2050: weniger junge, viele alte Menschen Herausforderung der Zukunft: den demographischen Wandel managen Bevölkerung: Europa wird zum globalen Zwerg In Europa stieg die Zuwanderung um ein Drittel. Migration: die Herausforderung als Chance nutzen Österreich: zu wenig Kinder – ein Problem? M1 gesellschaftlicher Status; religiöse und kulturelle Bindungen Bildungsniveau der Frau Fertilität Mortalität Wanderungsentscheidung räumliche Bevölkerungsentwicklung Abwanderung Zuwanderung Wirkung auf Auswanderungsland Wirkung auf Aufnahmeland natürliche Bevölkerungsentwicklung Bevölkerungswachstum Bevölkerungsrückgang Konsumtion / Lebensstil Tragfähigkeit Biokapazität Klimawandel Ressourcennutzung • Landwirtschaft • Energie • Fischerei • Transport • Industrie / • Wasser Bergbau Ressourcenproduktivität (Technologie) Zugang zu Verhütungsmitteln Familienplanung Heiratsalter Altersstruktur, Geschlechterproportion, Kinderund Säuglingssterblichkeit Ernährung, medizinische Versorgung, Hygiene politische Verhältnisse, Verfolgung, Krieg, Flucht, Naturkatastrophen Arbeitsplatzangebot, berufliche Karriere, Verdienstmöglichkeiten Lebenslage, Familiensituation M2 { } { } 46 47 Fallbeispiel Konvergenzen und Divergenzen europäischer Gesellschaften erörtern „Festung Europa?“ Dies ist ein häufig im Journalismus in kritischer Absicht gebräuchlicher Ausdruck, dem die Behauptung zugrunde liegt, die EU betreibe gegenüber Nicht-EU-Staaten eine Politik der Abschottung, besonders in der Asyl- und Migrationspolitik. Auch in politischen Diskursen wird der Begriff immer wieder verwendet. Im Schengener Abkommen wurde vereinbart, dass es an den Grenzen zwischen den Schengen-Mitgliedstaaten keine Grenzkontrollen mehr geben würde; dafür sollen die Kontrollen an den Außengrenzen verstärkt werden. Damit wurde der Personenverkehr für EU-Bürgerinnen und -Bürger vereinfacht, für einreisende Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger erschwert. Zur Sicherung der Außengrenzen wurde eine eigene EU-Organisation namens FRONTEX gegründet. Dennoch versuchen Jahr für Jahr – insbesondere in jüngster Zeit – tausende Menschen, illegal in die EU zu gelangen. Wenn Menschen zur „Flut“ werden Sprache ist ein mächtiges Instrument. Besonders in der aktuellen, hochemotional geführten Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen werden Begriffe oft gedankenlos verwendet. Begriffe, die früher oft nur am rechten Rand als salonfähig betrachtet wurden, fanden mit dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien in den vergangenen 25 Jahren ihren Weg in breite Diskurse. „Die Flüchtlingszahlen explodieren“, „Asylgegner demonstrieren“, „Europa steht der Flüchtlingswelle hilflos gegenüber“: Diese Schlagzeilen der vergangenen Wochen aus österreichischen Medien werfen ein Licht auf die Tonart, in der die Flüchtlingsdebatte in Österreich derzeit geführt wird. (…) Die Stimmen, die vor einer „Flut von Asylwerbern“ und vor „Flüchtlingswellen“ warnen, mehren sich. Die Begriffe werden quer durch die österreichische Medienlandschaft verwendet. „All diesen Metaphern ist gemein, dass sie sich auf Naturkatastrophen beziehen. Es wird suggeriert, dass man machtlos ist“, sagt die Linguistin Wodak und erläutert, dass derartige Rhetorik eine „dehumanisierende Wirkung“ habe. (…) Die Militarisierung der Sprache ist ebenfalls kein neues Phänomen, Metaphern wie „Festung Europa“, „Ansturm auf die Grenzzäune“ und „belagerte Aufnahmezentren“ werden im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet. Transportiert wird dadurch, dass „‚wir‘ uns in einem Kampf ‚mit den Flüchtlingen‘ befinden“, so Wodak. Eine Verdrehung der Tatsachen, wie die Wissenschaftlerin findet: „Es sind die Flüchtlinge, die vor Kriegen fliehen.“ (http://orf.at/stories/222457/222454/, David Tiefenthaler, 5. 8. 2015, abgerufen am 4. 4. 2016) M1 Wie Sprache die Asyldebatte lenkt Die Tragödie des 21. Jahrhunderts Aus keinem anderen Land sind so viele Menschen geflohen wie aus Syrien. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) gab 2018 die Zahl der Syrer, die seit 2011 ihr Land verlassen haben, mit 6,7 Millionen an. Unter dem Mandat des UNHCR sind weltweit 20,4 Millionen Flüchtlinge registriert. (…) Derzeit leben in Syrien 19,5 Millionen Menschen. 6,6 Millionen von ihnen – also rund 30 Prozent – sind Binnenflüchtlinge, die der Krieg zu einer Flucht innerhalb Syriens gezwungen hat. Mindestens jeder dritte Binnenflüchtling ist seit 2011 wiederholt vertrieben worden. So handelt es sich bei mehr als Hälfte der Bevölkerung Idlibs um wiederholt vertriebene Binnenflüchtlinge, die keine Chance mehr hatten, ins Ausland zu fliehen. Die Nachbarstaaten nehmen seit März 2016 nur noch wenige Flüchtlinge auf. (…) Die Türkei hat 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen und damit mehr als jedes andere Land. Aufgrund des Geburtenzuwachses wird die Zahl der Syrer in der Türkei auf bis zu 4 Millionen geschätzt. Der Libanon nahm 930 000 syrische Flüchtlinge auf, womit etwa jeder fünfte Einwohner des Landes ein syrischer Flüchtling ist. In Jordanien registrierte das UNHCR 660 000 syrische Flüchtlinge, im Irak (insbesondere in der autonomen Kurdenregion) 245 000, und in Ägypten 130 000. Seit 2011 gelangten etwa 1 Millionen Syrer nach Europa, wo sie Asyl beantragt haben oder als Flüchtlinge registriert sind. In Deutschland leben 780 000 Syrer, sie stellen dort die größte Gruppe Schutzbedürftiger. Nur in der Türkei und im Libanon haben sich seit dem Beginn des Kriegs mehr Syrer niedergelassen. In Schweden lag die Zahl der Syrer 2011 bei noch bei niedrigen 20 000; sie ist seither auf 160 000 gestiegen. In allen anderen EU-Ländern liegt die Zahl der syrischen Flüchtlinge wesentlich darunter. (…) Die Internationale Organisation für Migration der UN (IOM) gibt die Zahl der Rückkehrer mit 173 000 an. Sie hat ihr Rückkehrprogramm aufgrund der prekären Sicherheitslage jedoch ausgesetzt. Wiederholt haben Gastländer versucht, Syrer zu einer Heimkehr zu bewegen, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Aus dem Libanon sind nach Angaben der Regierung in Beirut in den Jahren 2018 und 2019 rund 100 000 Syrer zurückgekehrt, mehr als aus jedem anderen Land. Jordanien gibt für denselben Zeitraum die Zahl von 8000 Rückkehrern an. (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/fluechtlingeaus-syrien-die-tragoedie-des-21-jahrhunderts-16661310. html?printPagedArticle=true#pageIndex_2, 3. 3. 2020, Rainer Hermann, abgerufen am 3.6.2020) M2 Flüchtlinge aus Syrien Junger Migrant im Porträt – was möglich sein kann … Ahmed Muhammad Amin ist 1991 als zweitjüngstes von acht Kindern in Erbil (Irak) geboren worden, seine Familie war wohlhabend, lebte in einer Villa, die Mutter hatte einen eigenen Friseursalon. Aber dann war da nachts Lärm, wenn die Soldaten kamen. „Saddam Hussein wird uns alle umbringen, weil wir Kurden sind!“ Die Flucht war von den Erwachsenen lange geplant gewesen, erfährt Ahmed später. Er erinnert sich an einen tränenreichen Abschied von den Großeltern, den Onkeln und Tanten – und daran, dass er auch seine schöne neue Schultasche zurücklassen musste. Zusammen mit der Mutter und fünf Geschwistern geht Ahmed auf die Reise ins Ungewisse. Mit dem Bus, zu Fuß, auf einem Boot, durch sechs Länder, immer wieder Angst. Zweimal kommen sie ins Gefängnis. Ahmeds Vorbild ist der große Bruder, der damals 15 Jahre alt war. Heute lebt die Familie in Bonn. Mit der Mutter spricht Ahmed heute noch soranisch, die Sprache der Kurden im Nordirak. Die Eltern sagen „Kurdistan“, wenn sie von der Heimat sprechen – für Ahmed und seine Schwestern heißt das Land „Irak“. Arabisch hat Ahmed nie gesprochen. Er könnte es jetzt an der Schule lernen, denn er besucht die August-Macke-Schule, eine Europaschule. Aber wozu? „Wir haben alle deutsche Pässe – nur die Mama nicht, die kann nicht gut genug Deutsch“, erklärt Ahmeds große Schwester Bana. (…) (http://www1.wdr.de/archiv/integration/integration240. htmlJunge Migranten im Porträt – Ahmed erforscht seine Familiengeschichte, Archiv, WDR) M3 Ahmed erforscht seine Familiengeschichte 70 Meilen zum Paradies Immer mehr Haschischschmuggler stiegen auf Menschenhandel um. Der Pirat war tatsächlich nur ein kleines Rädchen im mächtigen Apparat der Schleppermafia. Er hatte dafür zu sorgen, dass seine Kunden in Tunesien aufgesammelt, verladen und nach Italien gebracht wurden. (…) Der Alte nahm einen tiefen Zug aus seiner Pfeife und sagte: „Also, obwohl ihre Mittel illegal sind, ihr Anliegen ist gut. Sie helfen den Leuten, dem Elend zu entfliehen. Allein würdet ihr es nicht schaffen. Ihr seid auf diese Gauner angewiesen.“ Es gab sogar Gerüchte, dass Schlepper mittellose Flüchtlinge dazu überredet hatten, sich eine Niere entnehmen zu lassen, damit sie ihre Weiterreise bezahlen könnten. In den Krankenhäusern von Tunis und Tripolis gab es angeblich Ärzte, die mit der Schleppermafia gemeinsame Sache machten. Sie alle fieberten dem Tag entgegen, an dem die verschlüsselte Botschaft sie erreichen würde. Sie wussten genau, was dann zu tun war: Ein Mittelsmann würde sie nachts zur Küste führen. Sie durften kein Gepäck an Bord nehmen. Man versprach ihnen immer wieder, die Reise nach Europa werde perfekt organisiert. Für alles sei gesorgt: Wasser, Essen, ja sogar Zigaretten seien reichlich vorhanden. Sie alle hatten zwar schaurige Geschichten von Bootsuntergängen gehört, doch keiner schreckte zurück. „Entweder wir gelangen nach Europa, oder das Meer verschlingt uns“, lautete ihre Überzeugung. (Klement, Robert: 70 Meilen zum Paradies. Wien: Verlag Jungbrunnen. 3. Auflage 2011) M4 Flucht aus Afrika M5 Flüchtlingsrouten verlagern sich. M6 Eindrücke aus dem Moria Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos. In dem ursprünglich für bis 3 000 Menschen ausgelegten Lager leben inzwischen mehr als 20 000 Menschen. (Foto, 8. 3. 2020) Kompetenzorientierte Lernziele die Darstellung von Flucht in Medien analysieren die Situation von Flüchtlingen erörtern Unerwünschte Außenmigration 1 Analysieren Sie mit Hilfe von M1 die Sprache, mit der der aktuellen Flüchtlingssituation begegnet wird. 2 Erstellen Sie anhand der Materialien auf dieser Doppelseite sowie aktueller Materialien aus den Medien eine Dokumentation zum Thema „Flucht und Asyl“ für eine Präsentation an Ihrer Schule. { { Arbeitsheft S. 23, 24, 25 78 79 Semestercheck 9 Werten Sie die beiden oben stehenden Grafiken M5 und M6 aus. Erörtern Sie die Gründe für das Bevölkerungswachstum. Wie lässt sich das Bevölkerungswachstum trotz des Rückgangs der Geburtenraten erklären? 10 Werten Sie die Grafik zur Lebenserwartung (M7) sowie die Karte zur Kindersterblichkeit (M8) aus. Vergleichen Sie die beiden Darstellungen. Beurteilen Sie, ob zwischen Kindersterblichkeit und Lebenserwartung ein Zusammenhang besteht, und nennen Sie die Gründe. 11 Analysieren Sie den Bericht zum Gesundheitswesen in Europa (M9) und stellen Sie Zusammenhänge zur Kindersterblichkeit, zur Lebenserwartung sowie zur Wirtschaftskraft der jeweiligen Staaten her. 12 Stellen Sie dar, mit welchen Bereichen sich Sozialpolitik beschäftigt. 500 525 475 450 425 400 Mio 0 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 M5 Gesamtbevölkerung EU-28, 1960 bis 2019 6 7 8 5 4 3 2 1 Mio 0 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Zahl Lebendgeburten Zahl Sterbefälle 2020 M6 Geburten- und Sterbefälle EU-28, 1961 bis 2018 } 75 82 79 84 79 84 79 83 69 79 Europa Westeuropa Südeuropa Nordeuropa Osteuropa Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt im Jahr 2019 (in Lebensjahren) M7 Durchschnittliche Lebenserwartung in Europa 2019 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 2 ≤ 3 ≤4 ≤5 5,1 - 10 10,1 - 15 > 15,1 Staatsgrenzen strittige Grenzen Kindersterblichkeit in Europa Sterbefälle von Kindern unter einem Jahr pro 1000 Lebendgeburten 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 2 ≤ 3 ≤4 ≤5 5,1 - 10 10,1 - 15 > 15,1 Staatsgrenzen strittige Grenzen Kindersterblichkeit in Europa Sterbefälle von Kindern unter einem Jahr pro 1000 Lebendgeburten M8 Kindersterblichkeit in Europa 2018 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 2 ≤ 3 ≤4 ≤5 5,1 - 10 10,1 - 15 > 15,1 Staatsgrenzen strittige Grenzen Kindersterblichkeit in Europa Sterbefälle von Kindern unter einem Jahr pro 1000 Lebendgeburten 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 2 ≤ 3 ≤4 ≤5 5,1 - 10 10,1 - 15 > 15,1 Staatsgrenzen strittige Grenzen Kindersterblichkeit in Europa Sterbefälle von Kindern unter einem Jahr pro 1000 Lebendgeburten 0 600 1200 1800 km Maßstab 1:60 000 000 < 2 ≤ 3 ≤4 ≤5 5,1 - 10 10,1 - 15 > 15,1 Staatsgrenzen strittige Grenzen Kindersterblichkeit in Europa Sterbefälle von Kindern unter einem Jahr pro 1000 Lebendgeburten } NGO-Bericht: Die Niederlande haben das beste Gesundheitswesen in Europa Jedes Jahr vergleicht die schwedische Nichtregierungsorganisation (NGO) Health Consumer Powerhouse (HCP) die Gesundheitssysteme in Europa. Zur Bewertung nutzt sie 48 Indikatoren. Darunter fallen Patientenrechte und Patienteninformationen, Zugänglichkeit, Prävention und Ergebnisse. Die Niederlande führen die Wertung unter den 36 europäischen Ländern zum fünften Mal in Folge an. Sie erzielten 898 von 1 000 möglichen Punkten. Im direkten EU-Vergleich folgen Finnland, Dänemark und Belgien. Am schlechtesten schneiden im EU-Vergleich Rumänien, Litauen und Polen ab. Im gesamteuropäischen Vergleich haben die Schweizer das zweitbeste Gesundheitssystem. Norwegen folgt auf dem dritten Platz. (…) Die Überlebensraten bei Herzkrankheiten, Schlaganfällen und Krebs steigen. Und das trotz der Diskussion, die es über Faktoren der Lebensweise wie Fettleibigkeit, den Verzehr von Fastfood und zu viel Sitzen gibt, die die Situation verschlechtern sollen. Sogar die Säuglingssterblichkeit, von HCP „als aussagekräftigster Einzelindikator“ bezeichnet, geht zurück. Das gilt insbesondere für die baltischen Staaten, die sehr stark von der Finanzkrise betroffen sind. Dennoch zeigt der EHCI (Euro Health Consumer Index) 2014, dass die Schere zwischen den ärmeren und reicheren Ländern auseinandergeht. Neun westeuropäische Länder erreichen mehr als 600 von 1 000 möglichen Punkten. Andere wohlhabende Länder wie Frankreich, Österreich und Schweden folgen mit einigem Abstand. Danach klafft eine große Lücke zu der nächsten Gruppe. Sie setzt sich aus zentraleuropäischen Ländern und den Mittelmeerländern zusammen. (http://www.euractiv.de/section/innovation/news/ngobericht-die-niederlande-haben-das-beste-gesundheitswesen-in-europa/, abgerufen am 20.4.2016) M9 Gesundheitswesen in Europa } } 13 Interpretieren Sie die Karikatur. 14 Erklären Sie die folgenden Begriffe: Binnenmigration Außenmigration Flucht Asyl Asylwerber/in Asylberechtigte/r 15 Erläutern Sie aus der Perspektive eines Flüchtlings die Situation in einem Flüchtlingslager (M11). M10 Karikatur zur EU-Flüchtlingspolitik { { { „Austria not very good“ (…) Menschen sitzen in der prallen Hitze am Gehsteig mit Plastiksackerln und dem, was sie am Leib tragen. (…) Wir parken und sofort bildet sich eine Menschentraube um uns. Niemand wirkt gefährlich oder bedrohlich, ist laut. Mir kommt der Gedanke, dass ich mir in der U-Bahn mehr Sorgen um meine Schlüssel und meine Geldbörse mache als hier. Sofort sind helfende Hände da, packen mit an. Jemand fragt nach Wasser, ich hab einen Sechserträger Mineralwasser in der Hand und will ihn ihm geben. „No, only one. Only for me“, winkt er ab. Im Lager gibt es kaum Schatten, kein Gras, kaum Bäume. Außerhalb des Lagers liegt kaum Müll. Es ist sehr sauber in Traiskirchen. Auf jedem Festival gibt es mehr Müll, und das bei fast 4 000 Menschen. Auf jedem Festival gibt es allerdings auch saubere Klos, ausreichend Duschen, ärztliche Versorgung, Zelte mit Boden, Essen, Wasser. Hier nicht. Hier gibt es nicht mal Privatsphäre. (…) Ein kleiner Bub stupst mich schüchtern an und zeigt auf das Sackerl mit Stofftieren. Er bekommt eines und auch er strahlt mich glücklich an. (…) Nachdem sich der erste Ansturm gelegt hat, gehe ich ein paar Schritte und kämpfe mit den Tränen. Ein junger Mann aus Afghanistan fragt mich nach meinem Namen und meiner Herkunft. „Ah, Austria, very good“, sagt er in gebrochenem Englisch. Nein, nicht so, denke ich mir. „Austria“ ist nur „very good“ für die, die auf der richtigen Seite des Zauns geboren sind. „Austria“ ist „very good“ zu mir, weil ich mich nicht entscheiden muss, ob ich mich bei der Schlange bei der Essensausgabe anstelle oder bei der beim Arzt. Ich kann beides haben, rund um die Uhr. Ich brauche nur einen Termin. Wer hier einen solchen verpasst, fällt aus der Grundversorgung. Auch wenn sie nichts davon wussten. Sie verpassen ihn, weil sie die Sprache/n nicht verstehen. So simpel, so bürokratisch. Keine Grundversorgung bedeutet dann: Kein Klo. Kein Schlafplatz. Kein Arzt. Kein Wasser. Kein Essen. Kein Geld. Nichts. Einfach nichts. Es fällt auf, wie viele Kinder im Lager sind. Eine afghanische Familie hat ein Kind mit vier Monaten. Der Vater beherrscht etwas Deutsch, wir können uns aber verständigen. Die Mutter wirkt apathisch, depressiv, erledigt. Ich bin hin- und hergerissen zwischen extremen Emotionen: Auf der einen Seite diese tiefe, ehrliche, echte Freude der Flüchtlinge über jede Kleinigkeit und über jedes Lächeln, auf der anderen gnadenlose Wut auf diejenigen, die immer wieder die gleichen abscheulichen Lügen verbreiten: Es würden nur junge Männer nach Österreich kommen, alle Wirtschaftsflüchtlinge, jeder hat alles, Markenkleidung und Smartphones. Nichts davon stimmt, kein einziges Wort. (http://www.news.at/a/traiskirchen-erfahrungsbericht, Thomas Reitmayer, 20.8.2015, abgerufen am 20.4.2016) M11 Traiskirchen Die Fallbeispielseiten dienen der Vertiefung und Erweiterung des Lehrstoffes. Die Abschlussseiten zu jedem Großkapitel bieten links eine „Wissen-vernetzen-Seite“, die Ihnen einen systematischen Rückblick auf die Inhalte des Kapitels zeigt. Sie sind aber auch immer wieder aufgefordert, Ihr eigenes Wissen und Ihre Kompetenzen einzubringen. Außerdem sind die im Lehrplan verankerten Basiskonzepte hier ausgewiesen. Auf der rechten Seite finden Sie eine zum Kapitel passende Maturaaufgabe, mit deren Hilfe Sie sich schrittweise auf die kompetenzorientierte Reifeprüfung vorbereiten können. Die Semestercheckseiten bieten Ihnen Aufgaben zur selbstständigen Überprüfung Ihrer erworbenen Kompetenzen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

6 Mit Kompetenzorientierung und Basiskonzepten zur Matura Kompetenzorientierter Unterricht Das Zukunftsfach Geographie und Wirtschaftskunde vermittelt den kompetenten Umgang mit wesentlichen und komplexen Fachinhalten und Fachmethoden der Geographie und der Ökonomie und orientiert sich an Ihren Motivationen, Interessen und Bedürfnissen. Aus dem fundierten Verständnis räumlicher und ökonomischer Prozesse entstehen die Möglichkeiten zu kompetenter Kommunikation und zu konstruktivem Handeln. Sie werden so zu mündiger und aktiver gesellschaftlicher Partizipation im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung in einer lebenswerten Welt von morgen befähigt und ermutigt. Kompetenzorientierte Aufgaben- und Problemstellungen im GW-Unterricht gehen grundsätzlich über den Anforderungsbereich I (Reproduktion und Reorganisation) hinaus und beinhalten die Anforderungsbereiche II (Anwendung und Transfer) sowie III (Reflexion und Problemlösung). Aufgaben in diesen höheren Anforderungsbereichen sollen zur Unterstützung des Kompetenzerwerbs in möglichst vielen Phasen des GWUnterrichts zur Anwendung kommen. Anforderungsbereiche und Operatoren Die folgende Übersicht bietet Ihnen eine Hilfe sowohl zum Verständnis der Anforderungsbereiche als auch der Aufgabenstellungen bei allen Prüfungen und Tests in der Oberstufe bis hin zur kompetenzorientierten Reifeprüfung. Die Anforderungsbereiche sind nicht mit den Jahren aufsteigend zu erreichen und Anforderungsbereich III als Ziel der Reifeprüfung zu sehen, sondern die drei Anforderungsbereiche müssen in allen Schuljahren bzw. Kompetenzmodulen parallel eingesetzt werden. Anforderungsbereich I Wiederholung/(einfache) Umorganisation von Wissen/Reproduktion Erklärung: • Wiedergeben von grundlegendem Fachwissen unter Verwendung des Fachvokabulars • Bestimmen der Art des Materials • Benennen und Anwenden von Arbeitstechniken und Methoden • Entnehmen von Informationen aus unterschiedlichen Materialien Operatoren und ihre Definition: nennen: Informationen oder Sachverhalte ohne Kommentierung wiedergeben; Aufzählen oder Auflisten ohne jede Erläuterung; Wissen bzw. angelernte Tatsachen wiedergeben; Informationen aus beigefügtem Material ablesen herausarbeiten: Angaben und Gegebenheiten unter bestimmten Aspekten in beigefügtem Material erkennen, wiedergeben und/oder möglicherweise berechnen beschreiben: wichtige Sachverhalte (Kernaussagen/Besonderheiten/Gesetzmäßigkeiten) aus Kenntnissen oder beigefügten Materialien systematisch und logisch mit eigenen Worten fachsprachlich angemessen wiedergeben darstellen: aus dem Unterricht bekannte oder aus dem Material entnehmbare Informationen und Sachzusammenhänge geordnet mit Worten oder graphisch verdeutlichen ermitteln: Aufgaben mittels vorgegebener Sachverhalte/Daten/Materialien lösen charakterisieren: Sachverhalte und Vorgänge mit ihren typischen Merkmalen beschreiben und in ihren Grundzügen bestimmen lokalisieren: Fall- oder Raumbeispiele in bekannte topographische Orientierungsraster einordnen weitere Operatoren: darlegen, festlegen, benennen, recherchieren, veranschaulichen, finden, herausfinden, auflisten, auswählen, schildern, ordnen, zuordnen, wiedergeben, bestimmen Anforderungsbereich II (schwierige) Umorganisation von Wissen/(einfache) Anwendung und Übertragung von Wissen auf unbekannte Bereiche (Transfer) Erklärung: • Erklären kategorialer, struktureller und zeitlicher Zusammenhänge • sinnvolles Verknüpfen und Einordnen unterschiedlicher (zB ökonomischer, soziologischer, politischer, raumspezifischer, historischer) Sachverhalte • Unterscheiden zwischen Sach- und Werturteil Operatoren und ihre Definition: analysieren/interpretieren: komplexe Materialien oder Sachverhalte in ihren Einzelaspekten systematisch und gezielt untersuchen bzw. auswerten und in ihren Zusammenhängen erklären erklären/erläutern: Zusammenhänge verständlich aufzeigen/Informationen durch eigenes Wissen, eigene Einsichten, aber auch beigefügte Materialien in einen Zusammenhang stellen/mit Beispielen verdeutlichen vergleichen: Berührungspunkte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede gewichtend einander gegenüberstellen und zu einem begründeten Ergebnis kommen erstellen: Sachverhalte inhaltlich und methodisch angemessen darstellen (zB Diagramm, Mindmap, Wirkungsgefüge, Referat) begründen: vielschichtige Grundgedanken argumentativ schlüssig entwickeln und im Zusammenhang darstellen einordnen/zuordnen: einem Raum oder einem Sachverhalt auf der Basis festgestellter Merkmale eine bestimmte Position in einem Ordnungsraster zuweisen kennzeichnen: einen Raum oder einen Sachverhalt auf der Basis bestimmter Kriterien begründet charakterisieren weitere Operatoren: anwenden, gliedern, überlegen, ableiten, klären, definieren, Zusammenhang herstellen, folgern, untersuchen, übertragen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MTA2NTcyMQ==