am Puls Biologie 5, Schulbuch

Mit Online-Codes im Buch am Puls Biologie Barbara Fischer | Michel Fleck | Uwe K. Simon mit erweitertem Aufgabenbereich

am Puls Biologie OS SB 5 + E-Book Schulbuchnummer: 205250 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung vom 1. September 2021, 2020-0.674.273, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch an allgemein bildenden höheren Schulen für die 5. Klasse im Unterrichtsgegenstand Biologie und Umweltkunde geeignet erklärt. Dieses Werk wurde auf Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, Sie bekommen dieses Schulbuch von der Republik Österreich für Ihre Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist - §42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Bearbeitung auf der Grundlage von Markl Biologie Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150010-9, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2010; Markl Biologie 1, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150020-8, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2014; Markl Biologie 2, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150030-7, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015; Markl Biologie Arbeitsbuch Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150012-3, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2010; Markl Biologie Experimentebuch Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150014-7, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2011 (Herausgeber: Jürgen Markl; Autoren: Berthold Brose, Ika Friedrich, Sven Gemballa, Tobias Grümme, Jürgen Heinze, Holger Knerich, Hans-Peter Krull, Ralf Küttner, Inge Kronberg, Jürgen Markl, Nico K. Michiels, Matthias Nolte, Harald Paulsen, Benjamin Roser, Ulrich Schmid, Walter Stöcker, Roland Strauss) Umschlagbild: Elysia chlorotica - Nicholas E. Curtis and Ray Martinez, University of South Florida Illustrationen: Christine Pleyl, Wien; vasp datatecture GmbH, Zürich; Nadja Stadelmann und Andrea Ulrich, DESCIENCE, Luzern; CMS – Cross Media Solutions GmbH, Würzburg 1. Auflage (Druck 0001) © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart, Bundesrepublik Deutschland, 2010 © der Lizenzausgabe: Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2022 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Redaktion: Mag. Johanna Kramer-Gerstacker, Iwona Dullinger, PhD, Dr. Stefan Kapeller Herstellung: Martin Stumpauer, Wien Umschlaggestaltung: Jens-Peter Becker, normalsdesign GbR, Schwäbisch Gmünd Layout: Jens-Peter Becker, normaldesignGbR, Schwäbisch Gmünd, Martin Stumpauer, Wien Satz: CMS – Cross Media Solutions GmbH, Würzburg Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Horn ISBN 978-3-209-11667-3 (am Puls Biologie OS SB + E-Book 5) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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2 Inhalt So arbeitest du mit „am Puls Biologie“ 4 Basiskonzepte 6 Jahreseinstieg 5. Klasse (1. und 2. Semester) 8 1 Die Ordnung des Lebendigen 10 1.1 Kennzeichen des Lebens 11 1.2 Prokaryoten und Eukaryoten 13 1.3 Tiere, Pilze und Pflanzen 19 1.4 Biomembranen 21 1.5 Aufbau der Zelle 28 1.6 Mitose 35 1.7 Mikroskopie 38 Methoden in der Praxis Chemotherapie 42 Blick in die Forschung Hämoglobin 43 Kompetenz-Check Die Ordnung des Lebendigen 44 2 Zellstoffwechsel 46 2.1 Energie und Enzyme 47 2.2 Auf- und abbauender Stoffwechsel 53 2.3 Fotosynthese 56 2.4 Zellatmung 63 Methoden in der Praxis Die Entdeckung von Sauerstoff 72 Blick in die Forschung Sonnenbetriebene Meeresschnecken 73 Kompetenz-Check Zellstoffwechsel 74 3 Ernährung 76 3.1 Die Bestandteile der Nahrung 77 3.2 Der Nährstoffbedarf des Menschen 86 3.3 Gesunde Ernährung 87 3.4 Körpergewicht und Essstörungen 91 3.5 Ernährung im Tierreich 93 3.6 Die Verdauung im Tierreich 96 3.7 Das menschliche Mikrobiom 103 Methoden in der Praxis Diagnose und Behandlung von Laktoseintoleranz 104 Blick in die Forschung Dorothy Hodgkin 105 Kompetenz-Check Ernährung 106 Nur zu Prüfzwecken – Eigent m des Verlags öbv

3 4 Tierphysiologie 108 4.1 Stoffwechsel im Tierreich 109 4.2 Exkretion im Tierreich 112 4.3 Die Niere des Menschen 114 4.4 Atmungssysteme im Tierreich 116 4.5 Das Atmungssystem des Menschen 121 4.6 Blutkreislauf und Stofftransport 125 Methoden in der Praxis Blutwäsche durch Dialyse 132 Blick in die Forschung xPULM: Eine im Labor atmende Lunge 133 Kompetenz-Check Tierphysiologie 134 5 Botanik 136 5.1 Botanik: Die faszinierende Welt der Pflanzen 137 5.2 Pflanzenernährung: Vom heterotrophen Keimling zur autotrophen Pflanze 139 5.3 Auch Pflanzen haben Sex: Von der Blüte zu Samen und Frucht 153 5.4 Pflanzenökologie: Wechselwirkungen mit der Umwelt 156 Methoden in der Praxis Du bist dran! 162 Blick in die Forschung Der Lotos-Effekt 163 Kompetenz-Check Botanik 164 6 Humanökologie 166 6.1 Humanökologie: Die Zukunft der Menschheit 167 6.2 Biotechnologie: Medizin, Brot und Gentechnik 176 Methoden in der Praxis Sauberes Wasser durch Mikroorganismen 184 Blick in die Forschung Algen reinigen Abwasser 185 Kompetenz-Check Humanökologie 186 Jahrescheck 5. Klasse (1. und 2. Semester) 188 Register 190 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

4 So arbeitest du mit „am Puls Biologie“ Kapiteleinstieg 10 Die Ordnung des Lebendigen 1. Du lernst in diesem Kapitel … W Wissen organisieren … Du verstehst, was Leben ist. … Du lernst die Zelle als Grundbaustein der Organismen kennen. … Du wirst etwas über den Aufbau und die Bestandteile bakterieller, tierischer und pflanzlicher Zellen erfahren. … Du erfährst etwas über die Prozesse, die dem Zellwachstum, der Zellerneuerung und der Zelldifferenzierung zugrunde liegen. E Erkenntnisse gewinnen … Du kannst prokaryotische von eukaryotischen Zellen sowie tierische von pflanzlichen Zellen unterscheiden. … Du verstehst, wie mikroskopische Untersuchungen durchgeführt werden und lernst Zellpräparate zu interpretieren. … Du lernst, Zusammenhänge zwischen Lebensvorgängen und Zellstrukturen zu ziehen. … Du kannst die Bedeutung der Mitose für die Zellteilung erklären. S Schlüsse ziehen … Du kannst das Wissen, das du über die Zellvorgänge erworben hast, in unterschiedlichen Lebensbereichen anwenden. … Du kannst die Bedeutung der Mitose für das Entstehen mehrzelliger Organismen bewerten. Genau wie ein herkömmlicher Automotor nicht ohne Benzin oder Diesel läuft, so benötigen auch Zellen eine Art Treibstoff, das Adenosintriphosphat (ATP). Hergestellt wird ATP beim Abbau von Traubenzucker, der in einer Art „Proteinmaschine“ verarbeitet wird. Ein Teil dieser Maschine dreht sich wie ein durch eine Kurbelwelle angetriebenes Rad. Das Rad, das bei so manchen als die „größte Erfindung der Menschheit“ gilt, existiert somit innerhalb unserer Zellen in der mit freiem Auge unsichtbaren Nanowelt (1 Nanometer (nm) = 1 Milliardstel Meter) schon seit Jahrmilliarden. Dieses molekulare Rad ist an einen Rotor gekoppelt, der sich in einer Biomembran befindet (das Bild oben zeigt einen solchen Rotor-Ring). Angetrieben durch einen Strom von geladenen Teilchen, dreht sich der Rotor mit über 2 000 Umdrehungen pro Minute. Ein Auto-Drehzahlmesser zeigt meist ähnliche Werte. So wie ein PKW aus vorgefertigten Teilen hergestellt wird, besteht eine Proteinmaschine aus vielen Einzelteilen und muss erst richtig zusammengesetzt werden, bevor sie funktioniert. Diese Einzelteile sind verschiedene kleinere Proteine und oft noch andere Moleküle. Zwischen der Herstellung eines PKWs und einer Proteinmaschine gibt es aber einen entscheidenden Unterschied: Die Teile der Proteinmaschine bauen sich wie von Geisterhand selbst zusammen. Der Zusammenbau erfordert also keine Werkstatt. So etwas würde jeden Automobilkonzern glücklich machen, aber wie ist das möglich? Alle Moleküle bewegen sich in Flüssigkeiten und Gasen regellos hin und her – sie bewegen sich umso heftiger, je höher die Temperatur ist (man nennt das die Brown’sche Molekularbewegung). Das machen auch die Einzelteile der Proteinmaschinen: sie wandern zufällig umher und stoßen laufend mit anderen Molekülen zusammen. Dabei erkennen sich die Bauteile von Proteinmaschinen gegenseitig und bleiben passgenau aneinander kleben, bis schließlich die ganze Maschine fertiggestellt ist. « Das älteste Rad der Welt ist eine Erfindung der Natur » 1 nm Ó hc28ec Lerninhalte Hier findest du eine Übersicht über die wichtigsten Lerninhalte des Kapitels. Kapiteleinstieg Ein neues Kapitel beginnt immer mit einer spannenden Einleitung. Mit aktuellen Fragestellungen und Themen des Alltags wirst du auf die kommenden Inhalte eingestimmt. Themenseiten Hier findest du auch Infos zu den Basiskonzepten . Sie stellen einen Zusammenhang mit den farbig hervorgehobenen Passagen im Text her. Aufgaben 111 Tierphysiologie Die Konstanz des inneren Milieus ist lebenswichtig Der Begriff „Milieu“ bezeichnet im Alltag unsere soziale Umwelt, in der Biologie hat der Begriff eine andere Bedeutung: Das äußere Milieu, die Umwelt, unterscheidet sich vom inneren Milieu, also der Zusammensetzung des Körperinneren. Das innere Milieu ist von großer Bedeutung: Alle Zellen von Tieren leben in einer wässrigen Welt, der so genannten Gewebsflüssigkeit, die alle Hohlräume des Körpers erfüllt. Die Zusammensetzung der Gewebsflüssigkeit ist entscheidend für das Überleben der Zellen. Faktoren wie Wasseranteil, Gehalt an Salzen und anderen Inhaltsstoffen, pH-Wert etc. müssen sehr genau reguliert werden. Diese Aufrechterhaltung des inneren Milieus wird als Homöostase1 bezeichnet. An der Homöostase sind sämtliche Organsysteme des Stoffwechsels beteiligt (kAbb. 3), die Regulation und Steuerung erfolgt über das Hormonsystem und das vegetative Nervensystem. Wahrscheinlich erscheint dir dieser Prozess wenig aufregend und selbstverständlich, doch die Homöostase ist die Grundlage für das Überleben und Funktionieren unseres Körpers. Hast du schon einmal nach einer schweren Mahlzeit versucht, intensiv Sport zu betreiben? Wenn ja, ist es dir wahrscheinlich nicht gut dabei ergangen. Das liegt daran, dass du die Regulation der Homöostase gestört hast! 1 Homöostase: homoios (griech.) = gleichartig, statos (griech.) = stehend, eingestellt; ganz allgemein die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtszustandes in einem offenen System. Dieser Begriff wird auch in anderen naturwissenschaftlichen Fächern, aber zB auch in der Psychologie oder Rechtswissenschaft angewandt. Die Aufrechterhaltung des inneren Milieus, die Homöostase, ist ein lebenswichtiger Vorgang Steuerung und Regelung Homöostase ist der Regulationsmechanismus, der nötig ist, damit alle anderen Steuerungs- und Regulationsprozesse überhaupt ablaufen können. So muss für ein ausgeglichenes inneres Milieu gesorgt sein, damit zB die Reizleitung an Nerven funktioniert, damit Hormone funktionstüchtig bleiben, damit die Proteine in den Zellmembranen ihre Form behalten etc. Der Energiebedarf dafür ist unser Grundumsatz, also die Energie, die wir auch in völliger Ruhe verbrauchen. Struktur und Funktion Der Austausch von Stoffen ist durch große Oberflächen möglich. In den Nieren wie im Verdauungs- und Atmungssystem erfolgt Oberflächenvergrößerung durch bestimmte Strukturen (vgl. S. 114, 121). Nährstoffe Magen Herz Gewebeflüssigkeit Mund Darm Wärmeenergie After Unverdautes (Kot) Stoffwechselabfälle (Harn) Nahrung CO2 CO2 CO2 O2 O2 O2 Kreislaufsystem Abfallstoffe Abfallstoffe Nährstoffe Lunge Niere Blut Zellen Atmungssystem Das schwammartige Gewebe der Lunge liefert eine feuchte Oberfläche von etwa 100m2 für den Gasaustausch. Haut Die Austauschfläche der Haut beträgt beim Menschen etwa 2m2. Verdauungssystem Die Auskleidung des Dünndarms hat zur Oberflächenvergrößerung Zotten (siehe S. 101), die zusammen mit Falten und Mikrovilli für eine Austauschfläche von 30 bis 40m2 sorgen. Exkretionssystem In der Niere bewerkstelligt eine Million Gefäßknäuel die Reinigung des Blutes und stellen dafür 0,3m2 Filtrationsfläche bereit. Abb. 3: Organsysteme im Stoffwechsel. Haut, Lunge, Darm und Niere tauschen Stoffe zwischen Organismus und Umwelt aus. Das Kreislaufsystem verbindet alle Organe und hat damit eine zentrale Rolle. 1 E Bei einem durchschnittlichen Erwachsenen liegt der Grundumsatz bei ca. 10 000 kJ pro Tag. Suche im Internet nach einem Grundumsatz-Rechner, der dir erlaubt den Grundumsatz eines Menschen in Abhängigkeit von Körpergewicht, Körpergröße, Alter und Geschlecht zu berechnen. Berechne deinen eigenen Energiebedarf. Variiere die Parameter und vergleiche die Werte. Kernaussagen In der Randspalte findest du wichtige Kernaussagen zu einem Thema. Fußnoten Wichtige Fachbegriffe werden in den Fußnoten erklärt. Aufgaben Überprüfe dein Wissen! Die Symbole W, E und S weisen darauf hin, welche Handlungskompetenzen (siehe S. 5) bei dieser Aufgabe gefragt sind. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

5  Aufgaben 148 Wasser und Sauerstoff gegen Kohlenstoffdioxid: Regulation durch die Spaltöffnungen 1 E/S Seit Beginn der Industrialisierung nimmt der CO2-Gehalt der Atmosphäre ständig zu. Erstelle eine Hypothese, was dies für den Öffnungsgrad der Stomata bedeuten könnte. Auf Seite 147 hast du die Spaltöffnungen (Stomata) bereits kennengelernt. Durch sie findet der weitaus größte Teil des Gasaustauschs statt: Bei offenen Stomata verliert die Pflanze Sauerstoff (den wir atmen) und Wasser, weil es außerhalb des Blattes meist trockener ist als innen. Um den Wasserverlust zu minimieren, befinden sich die Stomata bei den meisten Landpflanzen auf der Blattunterseite. Hier sind die Temperaturen bei Sonnenschein deutlich geringer als auf der Oberseite. Folglich verdunstet weniger Wasser. Die Bewegungen der Schließzellen beruhen auf Änderungen des Turgors (Zelldrucks): Beim Öffnen werden Ionen, vor allem Kalium, von den Nachbarzellen in die Schließzellen gepumpt. Ihnen nach strömen Wassermoleküle, um die nun unterschiedlichen Ionen-Konzentrationen zwischen Schließ- und Nachbarzellen auszugleichen. Dadurch dehnen sich die Schließzellen, eine Öffnung wird sichtbar (kAbb. 25). Diese Vorgänge benötigen viel ATP1. Deswegen besitzen die Schließzellen der meisten Pflanzen im Gegensatz zu den normalen Epidermiszellen Chloroplasten. Die Öffnung der Schließzellen wird von vielen Faktoren reguliert, nicht nur von der aktuellen Wasserversorgung. Bei der Mehrzahl der Pflanzen schließen sich die Stomata bei Dunkelheit, denn ohne Licht kann keine Fotosynthese stattfinden. Zu große Hitze kann ebenfalls ein Schließen der Stomata bewirken, etwa zur heißen Mittagszeit. Auch der CO2-Gehalt im Blatt beeinflusst den Öffnungszustand: Ist zu wenig CO2 vorhanden, öffnen sich die Stomata. Neben den Faktoren Wasser, CO2, Temperatur und Licht spielt das Pflanzenhormon Abscisinsäure2 eine wichtige Rolle bei der Regulation des Öffnungszustands der Stomata. 1 ATP: Adenosintriphosphat (siehe S. 47). 2 Abscisinsäure: Pflanzenhormon, das bei Trockenstress vermehrt gebildet wird und letztlich ein Schließen der Stomata bewirkt 3 Apoplast: Gesamtheit aller Zellwände und Interzellularräume Wasser, CO2, Licht und Temperatur beeinflussen den Öffnungszustand der Stomata Struktur und Funktion Ob die Stomata auf der Blattoberseite oder Blattunterseite zu finden sind, hängt vom Lebensraum und den Umweltbedingungen ab. Bei Wasserpflanzen sind sie auf der Blattoberseite zu finden. Steuerung und Regelung Öffnen und Schließen der Stomata wird von vielen Faktoren, wie Wassergehalt, CO2, Temperatur und Licht, gesteuert. Abb. 25: Spaltöffnungen. Pflanzen öffnen und schließen ihre Spaltöffnungen durch Veränderung des Innendrucks in den Schließzellen. Ion (stark vergrößert) geöffneter Spalt geschlossener Spalt Vakuole Chloroplast Öffnen Schließen Zellkern Nebenzelle Schließzelle Schließen: Ionen strömen aus den Vakuolen der Schließzellen in die Nebenzellen aus, Wasser strömt osmotisch nach. Der Innendruck (Turgor) sinkt, die Schließzellen entspannen sich und verschließen die Spaltöffnung. Die Zellwände der Schließzellen sind an der dem Spalt zugewandten Seite verdickt, an der dem Spalt abgewandten Seite dünner. Das ermöglicht die Krümmung bei steigendem Turgor. Öffnen: Ionen werden von den Nebenzellen aktiv in das Zytoplasma der Schließzellen gepumpt. Der größte Teil davon gelangt dann, wiederum durch aktiven Transport, in deren Vakuolen. Um die erhöhte osmotische Konzentration auszugleichen, strömt Wasser aus dem Apoplasten3 in die Schließzellen. Der Innendruck (Turgor) steigt, die Schließzellen krümmen sich und geben die Spaltöffnung frei. Basiskonzepte Sonderseiten „Blick in die Forschung“ Auf diesen Seiten werfen wir einen Blick in die aktuelle Forschung. Welche Fragen stellen sich Wissenschafterinnen und Wissenschafter? Wie versuchen sie Antworten zu finden? „Methoden in der Praxis“ Auf diesen Seiten lernst du wichtige Methoden kennen, die in der Wissenschaft oder in der Medizin angewendet werden. Es werden spannende Beispiele vorgestellt, wie die eben gelernte Therorie in der Praxis angewendet werden kann. Aufgaben 42 Methoden in der Praxis Chemotherapie Was ist eine Chemotherapie? Der Begriff Chemotherapie (oder kurz „Chemo“) ist wohl bekannt – und viele denken dabei an eine Behandlung von Krebs. Tatsächlich ist der Begriff allgemeiner: Unter einer Chemotherapie versteht man jede Behandlung einer Erkrankung mit Chemikalien. Das bedeutet, dass eine Chemotherapie nicht nur gegen Krebserkrankungen eingesetzt werden kann, sondern auch gegen Infektionskrankheiten (Antibiose). Chemotherapie gegen Infektionen Werden Chemikalien als Medikamente gegen lebende Krankheitserreger (i. d. R. Bakterien) eingesetzt, spricht man von Antibiose. Die verwendeten Stoffe heißen Antibiotika1 (siehe S. 13 ff.). Früher wurden Antibiotika aus Pilzen gewonnen. Das bekannteste Beispiel ist Penicillin. Heute kommen vielfach synthetische Antibiotika zum Einsatz. Der große Vorteil beim Einsatz von Antibiotika ist, dass sie spezifisch gegen Bakterien, also Prokaryoten wirken, und eukaryotische Zellen nicht angreifen. Die Wirkung beruht darauf, dass Strukturen oder Prozesse angegriffen werden, die nur bei Prokaryoten vorkommen. Manche Antibiotika hemmen die Vermehrung von Bakterien, andere zerstören die bakterielle Zellwand, und wieder andere hemmen den bakteriellen Stoffwechsel. So genannte Breitbandantibiotika wirken gegen ein breites Spektrum verschiedener Bakterien. Du hast gelernt (siehe S. 13 ff.), dass eine zu häufige Verwendung von Antibiotika zu Resistenzen führen kann. Entsprechend wichtig ist es, dass Dosis und Einnahmedauer von Antibiotika ausreichend hoch ist, um die Erreger möglichst vollständig abzutöten. Beendet man die Einnahme zu früh, können sich die Bakterien, die zB durch eine Mutation gegen das Antibiotikum resistent sind, vermehren. Anders gesagt werden so Bakterien gezüchtet, die gegen Antibiotika resistent sind – ein großes Problem der heutigen Medizin! Chemotherapie gegen Krebs Eine Krebserkrankung ist keine Infektionskrankheit: Hier entarten Körperzellen, das heißt, sie geraten außer Kontrolle, teilen sich ungehemmt – es entsteht ein Tumor. Dadurch verdrängen und zerstören sie umgebendes Gewebe. Besonders gefährlich sind Krebszellen, die sich im Körper ausbreiten und an verschiedenen Stellen sekundäre Tumore (Metastasen) bilden. Die Chemotherapie gegen Krebszellen richtet sich also gegen körpereigene Zellen. Sie soll nur Krebszellen angreifen, normale Körperzellen aber möglichst unbeschadet lassen. Daher kommen hier Chemikalien zum Einsatz, die gezielt auf Vorgänge wirken, die für Zellteilung und Zellwachstum wichtig sind. Solche Stoffe werden Zytostatika2 (Zellhemmer) genannt. Manche Zytostatika ähneln den Bausteinen der DNA, den Nukleotiden. Diese Moleküle werden bei der Zellteilung anstatt der natürlichen Nukleotide eingebaut. Dadurch wird die DNA wirkungslos und die Zelle stirbt. Andere Zytostatika behindern die Vermehrung der DNA, dadurch können sich Zellen nicht mehr teilen. Wieder andere blockieren die Enzyme, die für den Aufbau von Proteinen und damit das Wachstum der Zelle wichtig sind. Der große Nachteil der Chemotherapie ist, dass auch gesunde Körperzellen geschädigt werden. Überall im Körper wachsen und vermehren sich Zellen, die dann „Opfer“ der Zytostatika werden. Gewebe mit hoher Zellteilungsrate (zB Haarfollikel oder Darmschleimhaut) sind besonders betroffen – daher fallen Patientinnen und Patienten bei einer Chemotherapie meist die Haare aus. Heute wird die Chemotherapie als eine von mehreren Therapien gegen Krebs genutzt. Neben der operativen Entfernung des Tumors kommen weitere moderne Behandlungsmethoden zum Einsatz: Bei der Strahlentherapie werden beispielsweise energiereiche Strahlen zur Therapie von Krebs eingesetzt. Auch Antikörper können eingesetzt werden, um Tumorzellen gezielt anzugreifen. Weiters kann versucht werden, die körpereigenen Immunzellen zu aktivieren, oder Tumore durch Hormoneinsatz auszuschalten. 1 Antibiotika: Einzahl Antibiotikum; anti (griech.) = gegen, bios (griech.) = Leben; Natürliche Antibiotika werden von Pilzen produziert, um konkurrierende Bakterien zu schwächen oder zu töten. Die Medizin hat sich diese Stoffe für die Therapie von bakteriellen Erkrankungen zu Nutze gemacht. 2 Zytostatika: cytos (griech.) = Zelle, stare (lat.) = anhalten; Ein Zytostatikum ist eine Substanz, die in der Medizin als Arzneistoff vor allem bei Chemotherapie zur Bekämpfung von Tumorzellen eingesetzt wird. 1 W Wie oben beschrieben greifen Antibiotika keine eukaryotischen Zellen an. Dennoch kommt es bei der Einnahme von Antibiotika oft zu Beschwerden im Verdauungstrakt. Finde eine Erklärung dafür. Aufgaben 43 Die Ordnung des Lebendigen Blick in die Forschung Hämoglobin Aufklärung der Struktur von Hämoglobin durch Max F. Perutz mit Hilfe von Röntgenkristallografie Hämoglobin (siehe auch S. 123) ist ein wichtiges Protein, das in den roten Blutkörperchen vorliegt und dessen Aufgabe es ist, Sauerstoff zu binden. Das Hämoglobin gibt dem Blut seine rote Farbe. Es sorgt dafür, dass der eingeatmete Sauerstoff in deinem Körper dorthin transportiert wird, wo er benötigt wird – eine essenzielle Aufgabe! Um die Funktion eines Proteins zu verstehen, muss man zunächst seine räumliche Struktur kennen (siehe S. 50). Die Erforschung der Struktur des Hämoglobins gestaltete sich äußerst schwierig. Heute wissen wir, dass Hämoglobin aus vier Proteinen, so genannten Untereinheiten, besteht, die miteinander verbunden sind. Jede Untereinheit enthält ein zentrales Eisenatom (Fe2+, siehe S. 123), das für die Sauerstoffbindung zuständig ist. Ein Hämoglobin-Komplex kann also vier Sauerstoffatome binden. Max Perutz (1914–2002) war es, der 1959 gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Struktur von Hämoglobin aufklären konnte. Perutz war ein in Österreich geborener britischer Biochemiker, der zuerst in Wien Chemie studierte und dann in Cambridge in Großbritannien mit seiner Forschungsarbeit begann. Er kehrte 1938, nach dem so genannten „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland, nicht mehr nach Österreich zurück, weil er aus einer jüdischen Familie stammte. Für seine Erkenntnisse bekam er gemeinsam mit John Kendrew 1962 den Nobelpreis für Chemie verliehen. Die Aufklärung der molekularen Struktur von Hämoglobin war ein Thema, das Perutz fast über seine gesamte Berufslaufbahn beschäftigte. Stell dir vor, welche Leidenschaft für die Forschung es braucht, um 20 Jahre am Verständnis eines einzigen Moleküls zu arbeiten! Die Methode, die Perutz dabei benutzte, war die Röntgenkristallografie1. Durch Röntgenkristallografie werden heute jährlich die olekularen Strukturen von Tausenden neuen Proteinen analysiert. In den Max F. Perutz Laboratories (MFPL), einem Forschungsinstitut in Wien, das nach Perutz benannt ist, forschen Wissenschafterinnen und Wissenschafter heute an molekularbiologischen Fragestellungen sowie an Projekten in der Zellbiologie. 1 Röntgenkristallografie: Dabei handelt es sich um eine Methode, mit Hilfe derer man den Aufbau von Molekülen studieren kann. Röntgenstrahlen, die auf einen Kristall auftreffen, werden beim Auftreffen auf das Kristallgitter gebeugt. Die Bilder, die diese gebeugten Röntgenstrahlen auf ei er Aufnahme erzeugen, geben Aufschluss über den Aufbau des Moleküls. Damit die Methode funktioniert, müssen Proteine allerdings in Form reiner Kristalle vorliegen. Abb. 51: Max F. Perutz. Aufnahme aus dem Jahr 1962 mit einem Modell der molekularen Struktur von Hämoglobin. Abb. 52: Röntgenkristallografie. Das Bild zeigt einen Teil eines so genannten Röntgen-Einkristalldiffraktometers zur Strukturaufklärung von Proteinen. In die Halterung links im Bild wird der Kristall eingesetzt. Rechts vorne ist ein Mikroskop zu sehen, das die Zentrierung erleichter , dahint r die Röntgenröhre, aus der di gebü delte Röntgenstrahlung austritt. Literatur: Perutz, M. F., Rossmann, M. G., Cullis, A. F., Muirhead, H., Will, G., North, A. C: Structure of haemoglobin: a three-dimensional Fourier synthesis at 5.5-A. resolution, obtained by X-ray analysis. In: Nature. 1960, Vol. 185, I. 4711, p. 416–422. 1 W Lies auf den Seiten 122–123 über Hämoglobin nach und beschreibe die Aufgaben dieses Moleküls im Körper sowie dessen chemischen Eigenschaften. 2 W Erkläre aus welchen Einzelmolekülen Proteine bestehen und wie diese miteinander verbunden sind. Lies dazu in Kapitel 2 (siehe S. 46 ff.) nach. 3 W Recherchiere im Internet über die Arbeit der Forscherin Rosalind Franklin, die sich ebenfalls mit Röntgenkristallografie beschäftigte Kompetenzorientierung Im Biologieunterricht werden drei Kompetenzbereiche unterschieden. Der Erwerb von Kompetenzen hilft dir nicht nur dabei, biologisches Wissen anzueignen, sondern auch Zusammenhänge zu verstehen und dir eine eigene Meinung zu bilden. Mit jeder Aufgabe in diesem Buch werden Kompetenzen aus diesen Bereichen trainiert. Aus welchem, wird durch die Buchstaben hinter der Aufgabennummer angezeigt. W Fachwissen aneignen und kommunizieren Du trainierst, dir Fachwissen anzueignen. Du lernst biologische Vorgänge zu benennen, zu kommunizieren und in verschiedenen Formen (in Worten, bildlich) zu erklären und darzustellen. E Erkenntnisse gewinnen Du lernst, durch Beobachten selbst Erkenntnisse zu gewinnen und eigene Fragen und Hypothesen zu formulieren. Du übst Untersuchungen und Experimente zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Du eignest dir das Analysieren und Interpretieren von Daten und Ergebnissen aus Untersuchungen an. S Standpunkte begründen und reflektiert handeln Du lernst, fachlich Standpunkte zu begründen und die Bedeutung, Chancen und Risiken der erlernten Inhalte für deinen Alltag und die Gesellschaft abzuschätzen. Du trainierst, Schlüsse zu ziehen, Entscheidungen zu treffen und dementsprechend zu handeln. Basiskonzepte sind wichtige Grundprinzipien und Eigenschaften lebendiger Systeme. Du wirst ihnen das ganze Jahr lang bei unterschiedlichen Themen wieder begegnen. Eine Übersicht über die sieben Basiskonzepte findest du auf den Seiten 6 und 7. So werden die Basiskonzepte im Buch gekennzeichnet: Farbige Markierung im Text Basiskonzept-Symbole in der Randspalte Aufgaben 148 Wasser und Sauerstoff gegen Kohlenstoffdioxid: Regulation durch die Spaltöffnungen 1 E/S Seit Beginn der Industrialisierung nimmt der CO2-Gehalt der Atmosphäre ständig zu. Erstelle eine Hypothese, was dies für den Öffnungsgrad d r Stomata bedeuten könnt . Auf Seite 147 hast du die Spaltöffnungen (Stomata) bereits kennengelernt. Durch sie findet der weitaus größte Teil des Gasaustauschs statt: Bei offenen Stomata verliert die Pflanze Sauerstoff (den wir atmen) und Wasser, weil es außerhalb des Blattes meist trockener ist als innen. Um d Wasserverlust zu minimieren, befinden sich die Stomata bei den meisten Landpflanzen auf der Blattunt rsei . Hier sind die Temperaturen bei So nenschein deutlich geringer als auf der Oberseite. Folglich verdunstet weniger Wasser. Die Bewegungen der Schließzellen beruhen auf Änderungen des Turgors (Zelldrucks): Beim Öffnen werden Ionen, vor allem Kalium, von den Nachbarzellen in die Schließzellen gepumpt. Ihnen nach strömen Wassermoleküle, um die nun unterschiedlichen Ionen-Konzentrationen zwischen Schließ- und Nachbarzellen auszugleichen. Dadurch dehnen sich die Schließzellen, eine Öffnung wird sichtbar (kAbb. 25). Diese Vorgänge benötigen viel ATP1. Deswegen besitzen die Schließzellen der meisten Pflanzen im Gegensatz zu den normalen Epidermiszellen Chloroplasten. Die Öffnung der Schließzellen wird von vielen Faktoren reguliert, nicht nur von der aktuellen Wasserversorgung. Bei der Mehrzahl der Pflanzen schließen sich die Stomata bei Dunkelheit, denn ohne Licht kann keine Fotosynthese stattfinden. Zu große Hitze kann ebenfalls ein chließen der Stomata bewirken, etwa zur heißen Mittagszeit. Auch der CO2-Gehalt im Blatt beeinflusst den Öffnungszustand: Ist zu wenig CO2 vorhanden, öffnen sich die Stomata. Neben den Faktoren Wasser, CO2, Temperatur und Licht spielt das Pflanzenhormon Abscisinsäure2 eine wichtige Rolle bei der Regulation des Öffnungszustands der Stomata. 1 ATP: Adenosintriphosphat (siehe S. 47). 2 Abscisinsäure: Pflanzenhormon, das bei Trockenstress vermehrt gebildet wird und letztlich ein Schließen der Stomata bewirkt 3 Apoplast: Gesamtheit aller Zellwände und Interzellularräume Wasser, CO2, Licht und Temperatur beeinflussen den Öffnungszustand der Stomata Struktur und Funktion Ob die Stomata auf der Blattoberseite oder Blattunterseite zu finden sind, hängt vom Lebensraum und den Umweltbedingungen ab. Bei Wasserpflanzen sind sie auf der Blattoberseite zu finden. Steuerung und Regelung Öffnen und Schließen der Stomata wird von vielen Faktoren, wie Wassergehalt, CO2, Temperatur und Licht, gesteuert. Abb. 25: Spaltöffnungen. Pflanzen öffnen und schließen ihre Spaltöffnungen durch Veränderung des Innendrucks in de Schließzellen. Ion (stark vergrößert) geöffneter Spalt geschlossener Spalt Vakuole Chlorop ast Öffnen Schließen Zellkern Nebenzelle Schließzelle Schließen: Ionen strömen aus den Vakuolen der Schließzellen in die Nebenzellen aus, Wasser strömt osmotisch nach. Der Innendruck (Turgor) sinkt, die Schließzellen entspannen sich und verschließen die Spaltöffnung. Die Zellwände der Schließzellen sind an der dem Spalt zugewandten Seite verdickt, an der dem Spalt abgewandten Seite dünner. Das ermöglicht die Krümmung bei steigendem Turgor. Öffnen: Ionen werden von den Nebenzellen aktiv in das Zytoplasma der Schließzellen gepumpt. Der größte Teil davon gelangt dann, wiederum durch aktiven Transport, in deren Vakuolen. Um die erhöhte osmotische Konzentration auszugleichen, strömt Wasser aus dem Apoplasten3 in die Schließzellen. Der Innendruck (Turgor) steigt, die Schließzellen krümmen sich und geben die Spaltöffnung frei. Aufgaben 148 Wasser und Sauerstoff gegen Kohlenstoffdioxid: Regulation durch di Spaltöffnungen 1 E/S Seit Beginn der Industrialisierung nimmt der CO2-Gehalt der Atmosphäre ständig zu. Erstelle eine Hypothese, was dies für den Öffnungsgrad der Stomata bedeuten könnte. Auf Seite 147 hast du die Spaltöffnungen (Stomata) bereits kennengelernt. Durch sie findet der weitaus größte Teil des Gasaustauschs statt: Bei offenen Stomata verliert die Pflanze Sauerstoff (den wir atmen) und Wasser, weil es außerhalb des Blattes meist trockener ist als innen. Um den Wasserverlust zu minimieren, befinden sich die Stomata bei den meisten Landpflanzen auf der Blattunterseite. Hier sind die Temperaturen bei Sonnenschein deutlich geringer als auf der Oberseite. Folglich verdunstet weniger Wasser. Die Bewegungen der Schließzellen beruhen auf Änderungen des Turgors (Zelldrucks): Beim Öffnen werden Ionen, vor allem Kalium, von den Nachbarzellen in die Schließzellen gepumpt. Ihnen nach strömen Wassermoleküle, um die nun unterschiedlichen Ionen-Konzentrationen zwischen Schließ- und Nachbarzellen auszugleichen. Dadurch dehnen sich die Schließzellen, eine Öffnung wird sichtbar (kAbb. 25). Diese Vorgänge benötigen viel ATP1. Deswegen besitzen die Schließzellen der meisten Pflanzen im Gegensatz zu den normalen Epidermiszellen Chloroplasten. Die Öffnung der Schließzellen wird von vielen Faktoren reguliert, nicht nur von der aktuellen Wasserversorgung. Bei der Mehrzahl der Pflanzen schließen sich die Stomata bei Dunkelheit, denn ohne Licht kann keine Fotosynthese stattfinden. Zu große Hitze kann ebenfalls ein Schließen der Stomata bewirken, etwa zur heißen Mittagszeit. Auch der CO2-Gehalt im Blatt beeinflusst den Öffnungszustand: Ist zu wenig CO2 vorhanden, öffnen sich die Stoma a. Neben den Faktoren Wasser, CO2, Temperatur und Licht spielt das Pflanzenhormon Abscisinsäure2 eine wichtige Rolle bei der Regulation des Öffnungszustands der Stomata. 1 ATP: Adenosintriphosphat (siehe S. 47). 2 Abscisinsäure: Pflanzenhormon, das bei Trockenstress vermehrt gebildet wird und letztlich ein Schließen der Stomata bewirkt 3 Apoplast: Gesamtheit aller Zellwände und Interzellularräume Wasser, CO2, Licht und Temperatur beeinflussen den Öffnungszustand der Stomata Struktur und Funktion Ob die Stomata auf der Blattoberseite oder Blattunterseit u finden sind, hängt vom Leb nsraum und de Umweltbedingungen ab. Bei Wasserpflanzen sind sie auf der Blattoberseite zu finden. Steuerung und Regelung Öffnen und Schließen der Stomata wird von vielen Faktoren, wie Wassergehalt, CO2, Temperatur und Licht, gesteuert. Abb. 25: Spaltöffnungen. Pflanzen öffnen und schließen ihre Spaltöffnungen durch Veränderung des Innendrucks in den Schließzellen. Ion (stark vergrößert) geöffneter Spalt geschlossener Spalt Vakuole Chloroplast Öffnen Schließen Zellkern Nebenzelle Schließzelle Schließen: Ionen strömen aus den Vakuolen der Schließzellen in die Nebenzellen aus, Wasser strömt osmotisch nach. Der Innendruck (Turgor) sinkt, i Schließzellen entspannen sich und verschließ n die Spaltöffnung. Die Zellwände der Schließzellen sind an der dem Spalt zugewandten Seite verdickt, an der dem Spalt abgewandten Seite dünner. Das ermöglicht die Krümmung bei steigendem Turgor. Öffnen: Ionen werden von den Nebenzellen aktiv in das Zytoplasma der Schließzellen gepumpt. Der größte Teil davon gelangt dann, wiederum durch aktiven Transport, in deren Vakuolen. Um die erhöhte osmotische Konzentration auszugleichen, strömt Wasser aus dem Apoplasten3 in die Schließzellen. Der Innendruck (Turgor) steigt, die Schließzellen krümmen sich und geben die Spaltöffnu g fr i. N r zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv

6 Kompartimentierung Lebende Systeme bestehen aus abgegrenzten Reaktionsräumen, aus Kompartimenten. Dieses Bausteinprinzip macht es möglich, dass unterschiedliche Prozesse nebeneinander ablaufen können, ohne einander zu beeinflussen. Die Abgrenzung von Reaktionsräumen ermöglicht Spezialisierung und Arbeitsteilung. Eine Form der Arbeitsteilung lernen wir zB innerhalb von Zellen kennen: Unterschiedliche Stoffwechselprozesse finden in verschiedenen Zellbereichen statt. Dadurch werden die Abläufe geordneter und effizienter (siehe S. 21). Ähnliches kennst du bereits in einem anderen Zusammenhang: Auch die Arbeiterinnen in einem Bienenstock teilen sich die Arbeit und erledigen dadurch ihre Aufgaben rascher. Steuerung und Regelung Lebewesen können auf Veränderungen reagieren. Durch Regelprozesse bleiben die inneren Zustände in einer Zelle, in einem Organ oder in einem Organismus trotz wechselnder Umwelt- und Lebensbedingungen in einem funktionsgerechten Rahmen (Sollbereich). Dies bezeichnet man als Homöostase. Ein häufiger Regelmechanismus ist die negative Rückkopplung: Du findest dieses Prinzip vielfach bei der Regulierung des Stoffwechsels (siehe S. 69). Es sorgt dafür, dass Stoffwechselreaktionen nur dann ablaufen, wenn sie wirklich notwendig sind. Basiskonzepte Basiskonzepte sind themenverbindende Grundprinzipien bzw. Phänomene, die quer über verschiedene Bereiche der Biologie immer wiederkehren. Sie ordnen Fachwissen auf einer übergeordneten Ebene. Basiskonzepte erleichtern die Vernetzung unterschiedlicher Themen und helfen, Rückbezüge zu bereits erlernten Inhalten herzustellen. Du wirst im Laufe des Jahres verschiedenen unterschiedlichen biologischen Mechanismen und Prinzipien begegnen, die sich einem von sieben themenverbindenden Basiskonzepten zuweisen lassen. Nutze die Seite 189, um einen Überblick zu gestalten. Struktur und Funktion Bei Lebewesen hängen Struktur und Funktion zusammen. Bestimmte biologische Funktionen machen die Ausbildung bestimmter Strukturen notwendig. Ein Beispiel dafür ist das Prinzip der Oberflächenvergrößerung: Oberflächen, die dem Austausch von Stoffen dienen, sind oft stark gefaltet oder eingestülpt, um die Oberfläche zu erhöhen und so mehr Platz zum Austausch zu bieten. Wir finden dieses Prinzip bei der stark gefalteten Wand des Dünndarms (siehe S. 101). Auch der Lotos-Effekt bei Lotospflanzen beruht auf der besonderen Struktur der Blattoberfläche (siehe S. 163). Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

7  Reproduktion Lebewesen sind fähig zur Reproduktion (Fortpflanzung und Vermehrung), das heißt, sie können sich selbst vervielfältigen. Durch die begrenzte Lebenszeit von Organismen kommt es dadurch zu einer Abfolge von Generationen. Möglich wird diese Selbstvervielfältigung dadurch, dass jede Zelle ihren gesamten Bauplan (Erbinformation) in sich trägt. Wenn sich eine Zelle teilt, gibt sie eine Kopie dieses Bauplans an die Folgezellen weiter. Das geschieht im Prozess der Kernteilung (Mitose), die ab S. 35 erläutert wird. Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Eine Anpassung an bestimmte Umweltverhältnisse ist nur durch biologische Vielfalt und Auslese möglich. Ähnlichkeiten von Lebewesen einerseits und Vielfalt anderseits sind das Ergebnis stammesgeschichtlicher Entwicklungsprozesse. Du findest dieses Prinzip zum Beispiel bei Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Großgruppen der Lebewesen (siehe S. 13). Alle Lebewesen sind miteinander verwandt. Information und Kommunikation Lebewesen – und auch Zellen und Gewebe – haben die Fähigkeit Informationen aufzunehmen, weiterzuleiten, zu speichern, zu bearbeiten und an andere Organismen weiterzugeben. Tiere haben komplizierte Sinnesorgane und Nervensysteme entwickelt, um Informationen aus der Umwelt aufnehmen und verarbeiten zu können. Kommunikation findet aber auch zwischen zwei benachbarten Zellen statt, die über kleine Öffnungen in den Zellwänden miteinander verbunden sind (siehe S. 34). Auch zwischen Lebewesen verschiedener Arten findet Kommunikation statt (zB bei der Bestäubung oder bei Symbiosen). Stoff- und Energieumwandlung Lebewesen sind für alle Abläufe und Vorgänge (Bewegung, Zellstoffwechsel, Wachstum etc.) an Energiezufuhr von außen angewiesen. Je nach Bedarf muss diese Energie in andere Energieformen umgewandelt werden. Der Energiebedarf muss also ständig durch eine ausreichende Energiezufuhr ausgeglichen werden. Lebewesen werden daher als „offene Systeme“ bezeichnet. Die Energiezufuhr geschieht bei Tieren in der Regel durch Nahrungsaufnahme und Umwandlung der Energie, die chemisch in ihr gespeichert ist. Pflanzen nutzen die Energie des Sonnenlichtes. Während der so genannten Fotosynthese (siehe S. 54) bilden sie energiearme anorganische Moleküle mit Hilfe von Lichtenergie zu energiereichen organischen Verbindungen um. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

8 5. Klasse Kapitel 1 Die Ordnung des Lebendigen Die Zelle als Grundbaustein der Organismen; Zusammenhänge zwischen Lebensvorgängen und Zellstrukturen Die Mitose und ihre Bedeutung für das Wachstum; Zelldifferenzierung und Entstehung vielzelliger Organismen Unterschiede zwischen Pro- und Eukaryoten; Bedeutung von Mikroorganismen für ökologische Kreisläufe (1. und 2. Semester) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

9 2 Zellstoffwechsel Assimilation (Fotosynthese und heterotrophe Assimilation) und Dissimilation (Gärungen und Zellatmung) 3 Ernährung Nährstoffbedarf des Menschen; Gesunde und ausgewogene Ernährung; Essstörungen 4 Tierphysiologie Bau und Funktion der Organsysteme des Stoffwechsels (Verdauung, Atmung, Kreislauf, Ausscheidung) und deren Ausbildung in unterschiedlichen Organisationsebenen und Lebensräumen 5 Botanik Bau, Fortpflanzung und Lebensweise pflanzlicher Organismen 6 Humanökologie Ökologie und Nachhaltigkeit: (Welt-) Ernährung, verschiedene Formen der Landwirtschaft Biotechnische Verfahren bei der Nahrungsmittelproduktion In früheren Schulstufen bist du den vielfältigen Formen des Lebens bereits auf die Spur gekommen. Du hast verschiedene Vertreter von Pflanzen und Tieren kennengelernt und erfahren, wie sie leben, wie sie sich ernähren und sich vermehren. In diesem Jahr werfen wir einen genaueren Blick auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Organismen. Was hat der Mensch mit einzelligen Bakterien gemeinsam? Gleich im ersten Kapitel wird diese Frage beantwortet. Dort gehen wir der Ordnung des Lebendigen auf den Grund. Gerade die kleinen und unscheinbaren Mikroorganismen haben für die ökologischen Kreisläufe eine große Bedeutung. Auch die Zelle, den Grundbaustein des Lebens, hast du bereits kennengelernt. In diesem Jahr wirst du sehr genau erfahren, wie Zellen aufgebaut sind, wie sie funktionieren und wie sie sich vermehren. Die Zellteilung ist ein komplizierter, aber auch enorm wichtiger Vorgang, der in deinem Körper zu jeder Zeit vielfach stattfindet und ohne den das Leben auf der Erde wie wir es kennen gar nicht möglich wäre. Im Kapitel Zellstoffwechsel wirst du lernen, woher eine Zelle die notwendige Energie bekommt, damit all diese Vorgänge überhaupt ablaufen können. Diese Frage hängt eng mit der Ernährung zusammen. Wie du vielleicht richtig vermutest, gibt es hier einen entscheidenden Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen. Kannst du ihn erraten? Auch wir Menschen müssen uns ernähren. Doch wie sieht eine gesunde Ernährungsweise aus? Die Antwort findest du im Kapitel Ernährung. Daraufhin machen wir einen Sprung von der mikroskopischen Ebene der Zelle auf die größere Ebene der Organe. Im Kapitel Tierphysiologie lernst du verschiedene Organsysteme der Tiere kennen. Genau wie Tiere müssen auch Pflanzen wachsen, sich fortpflanzen und verbreiten. Wie sie das machen? Mehr dazu im Kapitel Botanik. Schließlich kommen wir zurück zum Menschen, der im globalen Ökosystem der Erde eine besondere Rolle einnimmt und wesentlich die natürlichen Abläufe seiner Umwelt beeinflusst. Im Kapitel Humanökologie wird zunächst das rasante Wachstum der globalen Bevölkerung erörtert. Schließlich wirst du dir auch eine Meinung darüber bilden können, welche Chancen uns neue biotechnologische Verfahren bringen – aber auch welche Risiken sie bergen. « Was dich in diesem Schuljahr erwartet » Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

10 Die Ordnung des Lebendigen 1. Du lernst in diesem Kapitel … W Wissen organisieren … Du verstehst, was Leben ist. … Du lernst die Zelle als Grundbaustein der Organismen kennen. … Du wirst etwas über den Aufbau und die Bestandteile bakterieller, tierischer und pflanzlicher Zellen erfahren. … Du erfährst etwas über die Prozesse, die dem Zellwachstum, der Zellerneuerung und der Zelldifferenzierung zugrunde liegen. E Erkenntnisse gewinnen … Du kannst prokaryotische von eukaryotischen Zellen sowie tierische von pflanzlichen Zellen unterscheiden. … Du verstehst, wie mikroskopische Untersuchungen durchgeführt werden und lernst Zellpräparate zu interpretieren. … Du lernst, Zusammenhänge zwischen Lebensvorgängen und Zellstrukturen zu ziehen. … Du kannst die Bedeutung der Mitose für die Zellteilung erklären. S Schlüsse ziehen … Du kannst das Wissen, das du über die Zellvorgänge erworben hast, in unterschiedlichen Lebensbereichen anwenden. … Du kannst die Bedeutung der Mitose für das Entstehen mehrzelliger Organismen bewerten. Genau wie ein herkömmlicher Automotor nicht ohne Benzin oder Diesel läuft, so benötigen auch Zellen eine Art Treibstoff, das Adenosintriphosphat (ATP). Hergestellt wird ATP beim Abbau von Traubenzucker, der in einer Art „Proteinmaschine“ verarbeitet wird. Ein Teil dieser Maschine dreht sich wie ein durch eine Kurbelwelle angetriebenes Rad. Das Rad, das bei so manchen als die „größte Erfindung der Menschheit“ gilt, existiert somit innerhalb unserer Zellen in der mit freiem Auge unsichtbaren Nanowelt (1 Nanometer (nm) = 1 Milliardstel Meter) schon seit Jahrmilliarden. Dieses molekulare Rad ist an einen Rotor gekoppelt, der sich in einer Biomembran befindet (das Bild oben zeigt einen solchen Rotor-Ring). Angetrieben durch einen Strom von geladenen Teilchen, dreht sich der Rotor mit über 2 000 Umdrehungen pro Minute. Ein Auto-Drehzahlmesser zeigt meist ähnliche Werte. So wie ein PKW aus vorgefertigten Teilen hergestellt wird, besteht eine Proteinmaschine aus vielen Einzelteilen und muss erst richtig zusammengesetzt werden, bevor sie funktioniert. Diese Einzelteile sind verschiedene kleinere Proteine und oft noch andere Moleküle. Zwischen der Herstellung eines PKWs und einer Proteinmaschine gibt es aber einen entscheidenden Unterschied: Die Teile der Proteinmaschine bauen sich wie von Geisterhand selbst zusammen. Der Zusammenbau erfordert also keine Werkstatt. So etwas würde jeden Automobilkonzern glücklich machen, aber wie ist das möglich? Alle Moleküle bewegen sich in Flüssigkeiten und Gasen regellos hin und her – sie bewegen sich umso heftiger, je höher die Temperatur ist (man nennt das die Brown’sche Molekularbewegung). Das machen auch die Einzelteile der Proteinmaschinen: sie wandern zufällig umher und stoßen laufend mit anderen Molekülen zusammen. Dabei erkennen sich die Bauteile von Proteinmaschinen gegenseitig und bleiben passgenau aneinander kleben, bis schließlich die ganze Maschine fertiggestellt ist. « Das älteste Rad der Welt ist eine Erfindung der Natur » 1 nm Ó hc28ec Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

11 Die Ordnung des Lebendigen 1.1 Kennzeichen des Lebens Das Leben ist auf vielen unterschiedlichen Ebenen organisiert Die Biologie ist die Wissenschaft von allem Lebendigen. In ihrer Arbeit betrachten Biologinnen und Biologen einen Ausschnitt der Natur, ein biologisches System. Dieser Ausschnitt kann mikroskopisch klein und mit dem freien Auge nicht sichtbar sein, oder es kann sich dabei auch um ein ganzes Ökosystem handeln, das tausende von Kilometern umspannt. Die kleinsten Bestandteile von Lebewesen sind Atome. Sie sind zu Molekülen verbunden, die in einem Organismus ganz bestimmte Aufgaben erfüllen. Aus komplexen biologischen Molekülen, hauptsächlich Proteinen, sind die Organellen, die Bestandteile der Zelle, aufgebaut (siehe S. 28 ff.). Manche Organismen bestehen aus nur einer Zelle. Die vielzelligen Organismen, zu denen die meisten Pflanzen und Tiere gehören, bestehen aus unzähligen Zellen, die teilweise hoch spezialisiert sind. In vielzelligen Organismen sind gleichartige Zellen, die eine gemeinsame Funktion im menschlichen Körper erfüllen, zu Geweben verbunden (zB Fett- oder Muskelgewebe). Unterschiedliche Gewebe bilden gemeinsam Organe, das sind abgegrenzte Funktionseinheiten von Lebewesen (zB das Herz oder die Lunge). In einem Organismus arbeiten viele solche Organe zusammen. Einzelne Lebewesen einer Art existieren nicht isoliert, sondern bilden gemeinsam eine Fortpflanzungsgemeinschaft, eine Population. Die Lebewesen einer Population stehen in Beziehung mit anderen Lebewesen und sind Teil eines Ökosystems. Alle Ökosysteme gemeinsam machen die Biosphäre1 der Erde aus. Die Biologie umspannt also Bereiche sehr verschiedener Größenordnugnen. Biologinnen und Biologen benötigen, je nach Methode und Art der Untersuchung, unterschiedliche Werkzeuge. Man beobachtet zum Beispiel das Leben von Einzellern mit einem Mikroskop und das Wanderverhalten von Vögeln, die tausende Kilometer zurücklegen, mit Hilfe satellitengestützter GPS-Systeme (Global Positioning System). 1 Biosphäre: bios (griech.) = Leben, sphaira (griech.) = Kugel; alle von Lebewesen besiedelten Teile der Erde: von der Tiefsee über das Festland bis in die Luftschichten der Atmosphäre Die Biologie beschäftigt sich mit dem mikroskopisch Kleinen, aber auch mit Tausende Kilometer weit reichenden Systemen Kompartimentierung Abgegrenzte Reaktionsräume, so genannte Kompartimente, sind beispielsweise die Organellen von Zellen, die Zellen eines Körpers, oder ein Tier in einer Population. Abb.1: Größenordnungen. Die Organisationsebenen der Biologie sind ineinander verschachtelt. Sie decken 17 Größenordnungen ab, von 10–10 m bei Atomen bis zu 107 m bei der Biosphäre. nm = Nanometer, µm = Mikrometer 0,1 nm (10-10m) 10 m 100 m 1 km 1 nm (10-9m) 10 nm (10-8m) 100 nm (10-7m) 1 μm (10-6m) 10 μm (10-5m) 10 cm (10-1m) 1 m 13 000 km (1,3 x 107m) 100 μm (10-4m) 1 mm (10-3m) 1 cm (10-2m) NH Biosphäre Ökosysteme Gemeinschaften Populationen Vielzeller Zellen Organellen große Moleküle kleine Moleküle Atome Manche Ökosysteme messen nur wenige Zentimeter, andere viele Kilometer. Die Skala ist logarithmisch. Jede Einheit ist zehnmal größer als die vorherige. Die meisten Zellen sind 1–100 μm groß. Je nach Art ist die Größe sehr verschieden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

Aufgaben 12 Eigenschaften des Lebens Was unterscheidet lebendige Dinge von nicht lebendigen? Es scheint uns intuitiv klar, dass ein Hund, ein Baum oder ein Schmetterling lebendig sind, ein Stein ist es aber nicht. Was sind also die Eigenschaften, die das Leben ausmachen? Folgende Merkmale haben alle lebenden Organismen gemein: Fortpflanzung ist ein wichtiges Merkmal aller Lebewesen. Unter Fortpflanzung oder Reproduktion versteht man die Erzeugung artgleicher Individuen (Nachkommen). Sie sichert den Fortbestand der Art. Lebewesen geben dadurch ihre Erbanlagen an die nächste Generation weiter. Alle Lebewesen nehmen aus ihrer Umwelt Stoffe und Energie auf, um diese in andere Energieformen umzuwandeln. Lebewesen betreiben also Stoffwechsel. Über den Stoffwechsel einer Zelle wirst du in Kapitel 2 einiges erfahren. Lebewesen zeigen Reaktionen auf ihre Umwelt. Das heißt, sie können Reize registrieren, diese verarbeiten, und ihre Reaktionen dementsprechend anpassen. Solche Reize aus der Umwelt können zum Beispiel Hitze, Kälte, Geräusche oder optische Signale sein. Lebewesen können ihr Inneres von der Umwelt abschirmen. Dazu besitzen sie Membranen (dünne Häutchen, siehe dazu auch Abschnitt 1.4.), die dieses innere Milieu, trotz Veränderungen in der Umwelt, innerhalb gewisser Grenzen konstant halten. Diese Regulation nennt man Homöostase (siehe auch S. 111). Wachstum ist ein weiteres Merkmal von Lebewesen. Während ihrer Entwicklung durchlaufen Lebewesen verschiedene Stadien und nehmen dabei an Größe zu. Die Größenzunahme kann entweder durch eine Zunahme des Volumens der einzelnen Zellen oder durch eine Zunahme der Zellanzahl geschehen. Lebewesen zeigen außerdem evolutionäre Anpassung. Durch die Evolution erfolgt eine gewisse Anpassung einer Art an die Bedingungen der Umwelt, und damit eine Veränderung der Lebewesen dieser Art. Eine weitere Gemeinsamkeit von Lebewesen ist außerdem ihre stoffliche Zusammensetzung. So unterschiedlich Lebewesen aussehen, bestehen sie alle bzw. ihre Zellen dennoch aus Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten und Nukleinsäuren (DNA, RNA: Desoxiribonukleinsäure, englisch deoxiribonucleic acid, und Ribonukleinsäure, englisch ribonucleic acid, sind Moleküle, die als Speicher für die Erbinformation dienen). Fortpflanzung, Stoffwechsel, Homöostase, Wachstum, Anpassung und die stoffliche Zusammensetzung – das sind Eigenschaften, die ein Lebewesen definieren. Trifft nur eines dieser Kriterien nicht zu, ist eine Eingliederung als lebender Organismus nicht gewährleistet, wie man zum Beispiel bei der Klassifizierung von Viren (kAbb. 2) sieht. Alle Lebewesen haben gewisse Eigenschaften gemeinsam Coronavirus SARS-CoV-2. Dieses Virus ist etwa 60-140 Nanometer groß. Eine Infektion mit diesem Virus kann zu Covid-19 führen. Die Abb. zeigt eine nachträglich eingefärbte Aufnahme mit einem Elektronenmikroskop. Abb. 2: Viren sind keine Lebewesen!? Viren können uns grippale Infekte, Warzen – oder schlimmer – Influenza (Grippe), Covid-19, AIDS und weitere schwere Krankheiten bescheren. Sie besitzen keinen Stoffwechsel und können sich nicht selbstständig fortpflanzen. Dennoch werden sie oft in einem Atemzug mit anderen Krankheitserregern wie Bakterien genannt, haben aber ganz eigene Kennzeichen. Viren bestehen nicht aus Zellen und können sich nicht selbstständig, sondern nur in von ihnen infizierten Zellen vermehren. Sie schaffen dies, indem sie den Stoffwechsel der Wirtszelle für ihre Vermehrung nützen. Ein Virus ist also „Erbsubstanz in einer Proteinhülle“, die ursprünglich von Lebewesen stammt, und sich verselbstständigt hat. Viren variieren stark in Größe, Gestalt und Eigenschaften. 1 W Erstelle eine Liste mit den Eigenschaften des Lebens, die im Text oben auf dieser Seite genannt werden. 2 W Abb. 2 beinhaltet Informationen über Viren. Lies dir den Text durch. Vergleiche die Eigenschaften der Viren mit den Eigenschaften der Lebewesen. Ergänze in deiner Liste aus Aufgabe 1 die Merkmale, die Viren mit Lebewesen teilen und wodurch sie sich unterscheiden. Reproduktion Um Erbinformationen an ihre Nachkommen weitergeben zu können und so eine Anpassung an eine veränderliche Umwelt zu ermöglichen, sind Lebewesen zur Reproduktion fähig. Stoff- und Energieumwandlung Lebewesen müssen ständig Stoffe und Energie aus ihrer Umwelt aufnehmen, diese umwandeln und wieder abgeben, um existieren zu können. Information und Kommunikation Lebewesen nehmen fortlaufend Informationen aus ihrer Umwelt auf und verarbeiten sie. Kompartimentierung So wie die Lebewesen durch ihre Haut bzw. Hülle sich von der Umwelt abgrenzen, werden auch Bereiche innerhalb der Lebewesen voneinander abgegrenzt, um getrennte Reaktionsräume zu schaffen. Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Im Sinne der Anpassung an eine veränderliche Umwelt kommt es im Laufe der Zeit zu einer Veränderung der Lebewesen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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