Folgenreiche Begegnungen Und zu Ritter Delorges spottenderweis Wendet sich Fräulein Kunigund: „Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß, Wie Ihr mirs schwört zu jeder Stund, Ei, so hebt mir den Handschuh auf.“ Und der Ritter in schnellem Lauf Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger Mit festem Schritte, Und aus der Ungeheuer Mitte Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger. Und mit Erstaunen und mit Grauen Sehen’s die Ritter und Edelfrauen, Und gelassen bringt er den Handschuh zurück. Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde, Aber mit zärtlichem Liebesblick – Er verheißt ihm sein nahes Glück – Empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht: „Den Dank, Dame, begehr ich nicht!“, Und verlässt sie zur selben Stunde. Erzählt euch gegenseitig den Inhalt dieser Ballade Strophe für Strophe. Achtet genau darauf, was erzählt wird. Besprecht in der Klasse, wie ihr das Verhalten von Fräulein Kunigund und die Reaktion von Ritter Delorges beurteilt. Lies den kurzen Infotext zur „Hohen Minne“. Erkläre mit seiner Hilfe schriftlich, was Kunigund vom Ritter erwartet und warum. Die Hohe Minne Das Wort „Minne“ meint im Mittelhochdeutschen zunächst einfach „Liebe“. Minnelyrik ist also zuerst einmal nur Liebeslyrik. Im Hochmittelalter, also in der Zeit um 1200, wurde der Begriff dann immer stärker nicht für die Liebe selbst, sondern für das Werben des Mannes um die Frau und den Umgang mit (adligen) Frauen verwendet. In der Dichtung der sogenannten Hohen Minne ging es gerade nicht um eine wirkliche Liebesbeziehung, sondern um eine Rittertugend, die darin bestand, Damen seine Verehrung zu zeigen. Besprecht, ob es auch heute noch „edles“ und „ritterliches“ Verhalten gibt, das heute natürlich Männer wie Frauen zeigen könnten. Worin besteht es gegebenenfalls eurer Ansicht nach? 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 B 2 3 4 2 4 6 C 5 165 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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