Treffpunkt Deutsch 3 - Deutsch Sprachlehre, Leseheft

30 Diktator, Ideologie und Euphemismus – den Gehalt eines Dramas erschließen Lest den vierten Akt des Theaterstücks. Findet dann zu zweit in beiden Akten möglichst viele Textstellen, die zeigen, wie die Brettonier unterdrückt werden, und unterstreicht sie im Text. IV. Akt Gerichtssaal auf dem freien Festland. Saal zunächst im Dunkeln. Vorn auf der Bühne der leere Verkaufsstand der Boulevardzeitung Lupe. Ein Bote bringt einen Packen der neuesten Ausgabe. Er heftet ein Exemplar mit Tesa-Film an die Vorderfront des Ständers. Die fett gedruckte Schlagzeile gut zu lesen: Bretter vor der Stirn? Dem Menschen fehlt das Hirn!! Dann wird der Gerichtssaal blitzartig erhellt. Richter, Staatsanwalt und Verteidiger nehmen ihre Plätze ein. Einige Pressefotografen warten auf den Angeklagten. Als dieser hereingeführt wird, folgt Blitz auf Blitz. Der Richter klatscht in die Hände und weist stumm auf die Tür. Die Fotografen verlassen den Saal. Der Angeklagte setzt sich. Aus der Kulisse laut ein Sprechchor von Demonstranten Kaputter Holzexport ist Arbeitsplätzemord! – wird zweimal wiederholt – RICHTER Angeklagter, verstehen Sie mich? FREMDER Wie meinen Sie das? RICHTER Spricht betont deutlich, wobei er langsam seine Worte im Mund formt, als hätte er einen Taubstummen1 vor sich, was die Zuschauer als Grimassen sehen und Heiterkeit auslöst Können Sie jedes Wort aus meinem Munde vernehmen? FREMDER Äfft die Grimassen nach Nicht nur vernehmen, ich verstehe sie sogar. RICHTER Sollten Sie trotzdem Schwierigkeiten haben, ein Dolmetscher steht bereit. FREMDER Was soll das, Herr Richter? Ihre Sprache ist auch die meine. Wenn ich sie trotzdem nicht verstehen sollte oder umgekehrt, dürfte das andere Gründe haben. RICHTER Zum Beispiel? FREMDER Es könnte sein, dass wir dieselben Wörter wählen, aber trotzdem nicht dieselbe Sprache sprechen. RICHTER Das verstehe ich nicht. FREMDER Was ich befürchtet habe. RICHTER Angeklagter, ich meine es gut mit Ihnen. Aber Sie scheinen Gefallen daran zu finden, Gott und die Welt zu provozieren. Auch das Gericht … Verteidiger flüstert dem Fremden was ins Ohr. Dieser legt einen Finger auf den Mund, bevor er demonstrativ die Arme vor der Brust verschränkt VERTEIDIGER Herr Richter, mein Mandant hat in einem, sagen wir, fremden Land ein Gericht erlebt, das es nicht so gut mit ihm meinte wie Sie, Herr Vorsitzender. RICHTER Danke. Aber belehren Sie ihren Mandanten, bitte, dass er sich in einem freien Land mit unabhängiger Justiz befindet. FREMDER Leise zum Verteidiger … die zwar kein Brett vor dem Kopf trägt, aber eine Binde vor den Augen. RICHTER Der gehört und verstanden hat Herr Verteidiger, Ihr Mandant sollte auch über das Symbol der verbundenen Augen aufgeklärt werden. Sagen Sie ihm, dass die Justiz in diesem Land nicht mit Blindheit geschlagen ist. 1 einen Gehörlosen B 1 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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