115 M7: Unbekannt: DDR-Grenzbeamte auf der Berliner Mauer mit Blick auf Westberlin. Fotografie, 11.11.1989 Die Folgen der Wiedervereinigung Bereits am 3. Oktober 1990 erfolgte die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Damit änderte sich für die Bevölkerung in der ehemaligen DDR in kürzester Zeit das gesamte Leben. Über 40 Jahre lang hatte man in einem sozialistischen Staat gelebt, nun musste man sich mit den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Grundlagen eines demokratischen, kapitalistischen Systems auseinandersetzen. Mit den neuen Freiheiten verbunden war auch die Selbstverantwortung der Bürger/innen, die erst erlernt werden musste. Der ehemalige Oppositionelle Ehrhart Neubert über die Folgen der Wiedervereinigung (2016) Die Transformation der sozialistischen Gesellschaftsorganisation in eine freiheitliche nach westdeutschen Standards wurde für viele Menschen, besonders für die Generation der damals 40- bis 60-Jährigen, dramatisch oder gar traumatisch. Alle Lebens- und Kommunikationsbereiche mussten neu geordnet und alle sozialen Techniken [hier: Verhaltensweisen in verschiedenen Interaktionssituationen] neu erlernt werden. […] schon bald wurden Worte wie „Besserwessi“ und „Jammerossi“ populär“. M8: Neubert: „Wir sind das Volk“ – der Ruf nach der Freiheit, 2016, S. 10. Wirtschaftlich bedeuteten der Umstieg zur Marktwirtschaft und die Einführung der D-Mark vielerorts Teuerung und Jobverlust, also eine Verschlechterung der Lebensbedingungen. Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich drastisch, da die staatlichen Subventionen wegfielen. Unrentable, nicht konkurrenzfähige Staatsbetriebe wurden geschlossen, andere privatisiert und meist an westdeutsche Unternehmer/innen verkauft. Viele Menschen, vor allem junge Frauen, wanderten in die westlichen Bundesländer ab, da sie im Osten keine Zukunftsperspektive für sich sahen. Die deutsche Bundesregierung zahlte für Sozialleistungen, Infrastruktur und den Wirtschaftsaufbau hohe Summen an die ostdeutschen Bundesländer. DDR-Altlasten: Sanierung von Umweltschäden In den Industrieregionen gab es in der DDR jahrzehntelang keine Umweltschutzmaßnahmen. Protest aus der Bevölkerung, die unter gesundheitlichen Folgeschäden litt, und von Umweltschutzgruppen wurde ignoriert oder unterdrückt. Viele dieser Regionen wurden saniert und werden heute als Erholungsräume genutzt. Doch viele giftige Chemiemüll-Deponien können nicht saniert werden und verseuchen weiter das Grundwasser. Die „Stasi-Akten“ Ein riesiger Geheimpolizeiapparat, das Ministerium für Staatssicherheit („Stasi“), hatte die eigene Bevölkerung ausspioniert und das DDR-Regime über oppositionelle Aktivitäten informiert. Ein Großteil der Akten kann seit 1992 von ehemaligen DDR-Bürgerinnen und -Bürgern eingesehen werden. Dabei mussten viele feststellen, dass sie von Arbeitskollegen, Freunden, Mitschülern, sogar von Familienmitgliedern bespitzelt worden waren. Jetzt bist du dran: 1. Ermittle, welche heutigen Bundesländer das Gebiet der ehemaligen DDR (M2) umfasst. 2. Analysiere die Aussage M1. Stelle fest, welches Bild gezeichnet wird, und setze es in Zusammenhang mit deinem Wissen über Stalin (s. S. 16 ff.). 3. Arbeite die wesentlichen Punkte, die zur Bildung der DDR und zum Bau der Mauer geführt haben, aus dem Text heraus. 4. Erkläre, was die DDR-Machthaber mit dem Begriff „antifaschistischer Schutzwall“ meinten, und nimm dazu Stellung. 5. Beschreibe die Fotos M3, M4 und M7. Überlege dir zu einem Foto je eine kurze Zeitungsmeldung mit Überschrift, wie sie in einer westdeutschen und einer ostdeutschen Zeitung erscheinen hätte können. 6. Beschreibe, analysiere und interpretiere die Bilder M5 und M6 ausgehend vom Autorentext. Gehe auf die mögliche Intention des Künstlers ein. 7. Recherchiere im Internet zu den Begriffen „Besserwessi“ und „Jammerossi“ und setze sie auf Grundlage des Autorentextes und M8 in einen Zusammenhang. 8. Obwohl die DDR eine Diktatur war, gibt es heute den Begriff/das Phänomen der „Ostalgie“. Recherchiere, was es damit auf sich hat, und diskutiere, wie es zu dieser Sehnsucht kommen kann. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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