Alles Geschichte! 7, Schulbuch

117 Wir können jedoch nicht damit einverstanden sein, daß feindliche Kräfte Ihr Land vom Weg des Sozialismus stoßen und die Gefahr einer Lostrennung der Tschechoslowakei von der sozialistischen Gemeinschaft heraufbeschwören. Das sind nicht mehr nur Ihre Angelegenheiten. Das sind die gemeinsamen Angelegenheiten aller kommunistischen und Arbeiterparteien und aller durch Bündnis, durch Zusammenarbeit und Freundschaft vereinten Staaten. Das sind die gemeinsamen Angelegenheiten unserer Staaten, die sich im Warschauer Vertrag [= Warschauer Pakt] vereinigt haben, um ihre Unabhängigkeit, den Frieden und die Sicherheit in Europa zu gewährleisten, um eine unüberwindliche Schranke gegen die imperialistischen Kräfte der Aggression und der Revanche [gemeint sind die USA und deren Bündnispartner] aufzurichten. M3: Online auf: www.herder-institut.de (11.10.2023). Die Regierungen der umliegenden sozialistischen Staaten, wie der DDR und Polens, fürchteten ähnliche Entwicklungen auch bei sich. Sie forderten ein militärisches Eingreifen, um den Reformkurs in der Tschechoslowakei zu beenden. Am 21. August 1968 marschierten Truppen des Warschauer Paktes ein und verhinderten mit Gewalt jede Veränderung in der Tschechoslowakei. Der Prager Frühling war zu Ende. Menschen flüchteten in großer Zahl, davon allein zwischen 160 000 und 200 000 nach Österreich. Die Truppen der UdSSR blieben bis zur Auflösung des Ostblocks 1991 in der Tschechoslowakei stationiert. Wendepunkt in Polen In Polen kam es immer wieder zu Unruhen und Aufständen gegen das kommunistische System. 1976 ereignete sich ein landesweiter Aufstand, der zwar niedergeschlagen wurde, aus welchem aber eine Bürgerrechtsbewegung hervorging. Nach einem Streik der Arbeiter/innen in Danzig formierte sich 1980 mit der „Solidarnosć“, erstmals im Osten, eine staatlich unabhängige nicht kommunistische Gewerkschaft. Auslöser des Streiks war die Entlassung der Kranführerin Anna Walentynowicz aus der Lenin-Werft in Danzig, weil M4: Unbekannt: Mit Panzern beendete die Sowjetunion die Wirtschaftsreformen in der Tschechoslowakei. Fotografie, 21. August 1968 sie sich für die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern eingesetzt hatte. Anführer des Streiks war der Elektriker Lech Wałesa. Die Solidarnosć entwickelte sich in der Folge zu einer Massenbewegung für Freiheit und Demokratie. Das Regime reagierte zunächst mit der Verhängung des Kriegsrechtes und dem Verbot der Bewegung. Die Solidarnosć arbeitete aber im Untergrund weiter. Ende der 1980er Jahre schlitterte Polen immer weiter in eine Wirtschaftskrise. Die Solidarnosć erstarkte wieder und trug maßgeblich zur politischen Wende in Polen bei. 1990 wurde Lech Wałesa in freien Wahlen zum Präsidenten gewählt. Umsturz in Rumänien Der in Rumänien seit 1965 regierende Staatschef Nicolae Ceauşescu galt zunächst als Hoffnungsträger der Bevölkerung, die mit der wirtschaftlichen Benachteiligung gegenüber der Sowjetunion und der daraus resultierenden schlechten Versorgungslage unzufrieden war. Ähnlich wie Tito in Jugoslawien (s. S. 120 ff.) leitete Ceauşescu einen Sonderweg ein, öffnete das Land Richtung Westen und wollte die nationale Unabhängigkeit behaupten. In den 1970er Jahren gab er den Reformkurs jedoch auf und richtete seine Herrschaft totalitär aus. Er inszenierte einen großen Personenkult und ließ sich einen Palast bauen, während die Wirtschaft in eine Krise schlitterte. Es mangelte an Gütern des täglichen Bedarfs wie Nahrung und Heizmaterial. Statt mit Reformen zu reagieren, unterdrückte der Geheimdienst brutal jede Form von Kritik, was tausende Tote forderte. Dieses Vorgehen führte zu landesweiten Aufständen, denen sich große Teile des Militärs anschlossen. Ceauşescu und seine ebenfalls an der Regierung beteiligte Frau wurden 1989 verhaftet und hingerichtet. Jetzt bist du dran: 1. Beschreibe die Situation, die in den einzelnen Ländern zum Ende des Kommunismus führte. Gehe dabei auf Gemeinsamkeiten ein. 2. Analysiere den Auszug aus dem „Warschauer Brief“ (M3). Gehe auf die Argumentation der Verfasser ein. 3. Beurteile, inwieweit im „Warschauer Brief“ (M3) die im Text beschriebene Breschnew-Doktrin deutlich wird. 4. Das Vorgehen der Sowjetunion bzw. des Warschauer Paktes gegen die Demokratisierungsbewegungen in Osteuropa war von Gewalt geprägt. Rekonstruiere mithilfe des Autorentextes und der Quellen M1, M2, M4 die Handlungsmöglichkeiten der betroffenen Menschen in dieser Situation. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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