119 Prager Frühling (s. S. 116) gewaltsam beenden und etablierte die sogenannte Breschnew-Doktrin, mit der die begrenzte Souveränität aller sozialistischen Länder in Europa festgeschrieben wurde. Im Bereich der Landwirtschaft und der Wirtschaft scheiterten Reformvorhaben längerfristig, was in den 1970er und 1980er Jahren in eine Wirtschaftskrise führte. Außenpolitisch fiel in die Regierung Breschnew der Einmarsch der UdSSR in Afghanistan. Die USA unterstützten den afghanischen Widerstand (Mudschahedin) mit Waffen. Für die UdSSR wurde der Krieg zu einem militärischen und finanziellen Fiasko und trug zum späteren Zusammenbruch bei. Glasnost und Perestroika Als Michail Gorbatschow 1985 die Führung der UdSSR übernahm, war auch den Entscheidungsträgern in der Partei bewusst, dass nur grundlegende Veränderungen einen Untergang der Sowjetunion verhindern könnten. Sein Reformprogramm war von zwei Begriffen geprägt: „Glasnost“ und „Perestroika“. Glasnost meinte eine Öffnung im Inneren, die letztlich Meinungs- und Pressefreiheit und damit auch Systemkritik zulassen sollte. Oppositionelle wurden rehabilitiert und durften aus der Verbannung zurückkehren. Auch der Terror der Stalinzeit wurde wieder offen kritisiert. Perestroika bezeichnete den Umbau des Wirtschaftssystems, womit letztlich aber auch das politische System gemeint war. Die Wirtschaft sollte nach marktwirtschaftlichem Muster organisiert werden. Außenpolitisch kam es zu einer Öffnung und Entspannungspolitik gegenüber dem Westen. Gorbatschow wollte Feindbilder abbauen, das Wettrüsten sollte beendet werden und dadurch finanzielle Mittel freiwerden. M3 Horst Haitzinger: „Brutal zerstört, unser schönes Feindbild!“ Karikatur, 1988 Der wirtschaftliche Zusammenbruch Doch trotz Reformen spürte die breite Bevölkerung keine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Wie in den sozialistischen Satellitenstaaten kam es auch in der UdSSR zu Arbeiterstreiks, Protesten und Demonstrationen gegen die kommunistische Führung. Durch die Reformen gelangten auch bisher verschwiegene Fakten an die Öffentlichkeit, wie die Verbrechen Stalins oder die Vertuschung des wahren Ausmaßes der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986. Die Versorgungslage verschlimmerte sich so weit, dass stellenweise Lebensmittelkarten benötigt wurden, um die notwendigsten Waren einkaufen zu können. Das Ende der Sowjetunion Gorbatschow gab die Breschnew-Doktrin auf und garantierte den Satellitenstaaten Souveränität. Moskau verzichtete damit auf politischen Einfluss im Ostblock. Die folgenden sogenannten Herbstrevolutionen beendeten zumeist friedlich die kommunistische Herrschaft in den ehemaligen Satellitenstaaten. 1989 fiel die Mauer in Berlin (s. S. 114). In der Sowjetunion kam es 1991 zum Augustputsch, bei dem Funktionäre der KPdSU Gorbatschow stürzen und die Reformen umkehren wollten. Der Putschversuch brach nach wenigen Tagen zusammen, doch die Position Gorbatschows war angeschlagen. Die Regierung übernahm schließlich Boris Jelzin, der sich dem Putsch vehement entgegenstellte. Er wurde zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten Russlands. Die UdSSR wurde aufgelöst, an ihre Stelle trat die GUS (Gemeinschaft unabhängiger Staaten), ein loser Bund von Staaten, der außen- und wirtschaftspolitisch zusammenarbeitete. Einige der Nachfolgestaaten der UdSSR, wie Lettland, Estland und Litauen, bewegten sich auf den Westen zu, bildeten Demokratien und traten EU und NATO bei. Jetzt bist du dran: 1. Fasse die Entwicklung der Sowjetunion nach dem Stalinismus bis hin zu deren Auflösung zusammen. 2. Arbeite aus dem Redeauszug (M1) Chruschtschows Intention heraus. Gehe darauf ein, worin er Fehler bei Stalins Politik sieht. 3. Wähle einen Nachfolgestaat der Sowjetunion aus der Karte M2 aus und fasse auf der Grundlage von eigenen Recherchen seine weitere Entwicklung überblicksmäßig zusammen. Präsentiert eure Ergebnisse in der Klasse. 4. Interpretiere die Karikatur M3. Ziehe dazu auch das Kapitel 2.2 (s. S. 108 ff.) heran. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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