Alles Geschichte! 7, Schulbuch

123 Kriegsverbrechen vor Gericht Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien tagte von 1993 bis 2017 in Den Haag (NLD). Seine Aufgabe war es, Kriegsverbrechen aufzuklären und deren Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Insgesamt wurden 161 Menschen angeklagt, 8 verurteilt, wobei sechs davon lebenslange Haftstrafen erhielten, darunter der für den Genozid in Srebrenica verantwortliche General der bosnischen Serben Ratko Mladić. Der prominenteste Angeklagte, der Präsident Jugoslawiens und anschließend Serbiens Slobodan Milošević, verstarb während seines Prozesses. Ihm wurde die Mitschuld an zahlreichen Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch beispielsweise Deportationen von Kroaten und Kroatinnen sowie Tötungen von Zivilisten und Gefangenen vorgeworfen. Rezeption des Bosnienkrieges Die Sicht auf den Krieg und die Kriegsverbrechen spaltet bis heute Gesellschaft und Politik. Serbische Politiker/innen erkennen die begangenen Verbrechen nicht als Genozid an und eine UN-Resolution, nach welcher das Massaker von Srebrenica als Völkermord anerkannt werden sollte, scheiterte 2015 an einem russischen Veto. Der Politikwissenschaftler und Dekan der Universität von Sarajevo Sead Turčalo über eine weitere Srebrenica-Resolution 2024 Die heftigen Reaktionen aus Serbien und der bosnischen Entität Republika Srpska zeigen jedoch, dass die Vergangenheit noch immer ein Pulverfass ist. Sezessionsdrohungen und die Echos russischer Unterstützung werfen düstere Schatten auf die Region. Es ist eine kritische Zeit, in der die internationale Gemeinschaft beweisen muss, dass sie aus den Fehlern der Geschichte gelernt hat und bereit ist, für Stabilität und Gerechtigkeit einzustehen. Denn hier zeigt sich erschreckende Kontinuität: Die Weigerung, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, kann als Fortsetzung des Krieges durch andere Mittel verstanden werden. Dieser Krieg wird nicht mit Bomben und Kugeln, sondern mit Erinnerungen und Bedeutungen geführt. M5: Turčalo: Die Fortsetzung des Krieges durch Genozid-Verleumdung, in: Der Standard, 25.4.2024. Online auf: www.derstandard.at (10.7.2024). Der Kosovokonflikt Der Kosovo war zur Zeit des Sozialismus eine autonome Region im Süden des jugoslawischen Staates. Nachdem sich viele der Nachfolgestaaten wie Kroatien und Slowenien nach dem Zerfall 1991 neu konstituiert hatten, blieb der Kosovo Teil Serbiens. Mit ca. 90 % sind die ethnischen Albaner/innen die Mehrheit der knapp 2 Millionen Kosovaren. Diese forderten mehrheitlich die Unabhängigkeit von Serbien, wobei der Konflikt um Autonomie und Eigenständigkeit mindestens in das Jahr 1989 zurückgeht, als die autonomen Rechte des Kosovo seitens Serbiens beschnitten wurden. Im Kosovokrieg 1998 und 1999 kämpften Verbände der ethnischen Albaner für die Unabhängigkeit des Kosovo gegen die serbische Armee. Es kam zu Verbrechen wie Vertreibungen, Überfällen und Massenmorden. Opfer war hier vor allem die kosovo-albanische Bevölkerung. Aber auch die UÇK (paramilitärische Befreiungsarmee des Kosovo) verübte Kriegsverbrechen an ethnischen Serben. In diesen Konflikt griff die NATO rasch ein, denn Massaker im Zuge eines ethnischen Konfliktes wie zuvor in Bosnien sollten nun verhindert werden. 2008 proklamierte der Kosovo schließlich seine Unabhängigkeit. Die Mehrheit der Staaten der Vereinten Nationen erkennt diese an, Serbien allerdings betrachtet Kosovo als autonomes Gebiet und damit als Teil seines Staates. Dieser Konflikt flammt bis in die Gegenwart immer wieder auf. Die weitere Entwicklung Serbien bildete zunächst eine Staatengemeinschaft mit Montenegro. Im Jahr 2006 löste sich Montenegro durch ein Referendum von Serbien. Makedonien hatte bereits 1991 seine Unabhängigkeit erklärt. Die meisten Nachfolgestaaten streben in die EU, in der Slowenien und Kroatien bereits Mitglied sind. Bis auf Serbien und Bosnien sind alle neuen Republiken der NATO beigetreten. Jetzt bist du dran: 1. Fasse die Gründe für den Zerfall Jugoslawiens zusammen. 2. Arbeite aus der Karte M1 die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens heraus. 3. Diskutiere, warum es für die Hinterbliebenen wichtig ist, ihre im Genozid von Srebrenica ermordeten Angehörigen begraben zu können. Ziehe dazu auch M3 heran. 4. Analysiere die Karte M4. Arbeite dabei mit Hilfe des Autorentextes heraus, inwiefern sich Verbrechen wie Vertreibungen und „ethnische Säuberungen“ damit zeigen lassen. 5. Deute den Beitrag Sead Turčalos (M5) zur Srebrenica-Resolution 2024 in Hinblick auf die Position des Autors zum Geschehen. Gehe anschließend mithilfe des Autorentextes auf Kontinuitäten und Gefahren ein, die Turčalo aufzeigt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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