127 Dazu haben die Fachleute unterschiedliche Ansichten: Journalistin Marina Delcheva in einem Interview mit der Politologin Velina Tchakarova (2023) Delcheva: Während Joe Biden durch Kiew spazierte, wurde Chinas leitender Außenpolitiker Wang Yi in Moskau empfangen. Sind das die ersten historischen Bilder eines neuen Kalten Kriegs zwischen dem Westen und den Russland-Verbündeten? Tchakarova: Eigentlich war schon der Einmarsch Russlands in die Ukraine vor einem Jahr der Beginn des neuen Kalten Kriegs 2.0. Schon damals hat sich Russland ganz klar in Richtung China positioniert und hat auch von Peking volle Unterstützung bei der sich abzeichnenden internationalen Isolation eingefordert. Und auch bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise im eigenen Land. Russland wurde ja mit den härtesten Wirtschaftssanktionen belegt, die je gegen ein Land ausgesprochen wurden. M2: Online auf: www.wienerzeitung.at (4.7.2024). M3: Kenzo Tribouillard: Werbeplakat von „Reporter ohne Grenzen“ mit Abbildungen von Wladimir Putin und Xi Jinping. Fotografie, 2013 Politologe Christoph Elhardt im Gespräch mit dem Professor für Sicherheitspolitik Andreas Wenger (2022) Elhardt: Kommt es zu einem neuen Kalten Krieg? Wenger: Nein, die Welt wird keinen neuen Kalten Krieg wie im 20. Jahrhundert erleben. Dafür hat sich das internationale Umfeld zu stark gewandelt. Europa bildet nicht mehr den Angelpunkt eines bipolaren Systems. Der Schwerpunkt der Weltpolitik hat sich nach Asien und in den Pazifik verschoben. Die Beziehungen zwischen China und den USA bilden die Hauptachse in einem multipolaren System der Grossmächte, um die herum sich Europa und Russland gruppieren. In einem solchen System müssen Staaten aufgrund der vielschichtigen wirtschaftlichen und institutionellen Verflechtungen immer in gewissen Bereichen kooperieren, um in anderen Bereichen konkurrieren zu können. M4: Online auf: ethz.ch (10.7.2024). Gastkommentar vom Direktor des Zentrums für EU- und Regionalstudien Hongjian Cui, Beijing Universität (2024) So wie die meisten europäischen Länder den Ukrainekrieg als größte geopolitische Bedrohung ansehen und beginnen, ihre politischen Prioritäten anzupassen und ihre Verteidigungsfähigkeiten zu verbessern, betrachtet China den geopolitischen Wettbewerbsdruck durch die Vereinigten Staaten als Hauptrisiko und wird daher entsprechende politische Anpassungen vornehmen und Kapazitäten aufbauen. M5: Hongjian Cui: Die Rückkehr der Geopolitik. Chinas Perspektive und Reaktion, in: Welt Trends 2024/200, S. 67. Journalist Krzysztof Iwanek im Interview mit dem indisch-amerikanischen Politologen Parag Khanna (2019) Iwanek: […] What do you think will be the role of India in Asia in the coming decades? Khanna: India is finally on the path to achieving its potential. Its population is soon to exceed that of China, its economy is growing faster, its infrastructure investment levels have risen dramatically, the government is enacting significant reforms, foreign investment is coming in strongly. It is continuing to urbanize and digitize as well. India still needs to resolve regional disputes such as with Pakistan and convince powers from the GCC [= Golfkooperationsrat] to ASEAN [= Verband Südostasiatischer Nationen] that it is a predictable geopolitical anchor of the region, but it is certainly on the right track. M6: Online auf: https://thediplomat.com (4.7.2024). Jetzt bist du dran: 1. Analysiere die Botschaften von M1 und M3 und ordne sie einer der möglichen Zukunftsvarianten zu. 2. Bereitet euch im Klassenverband auf eine politische Diskussion zum Thema vor. Wählt aus M2, M4, M5 oder M6 eine Ansicht aus, die ihr vertreten wollt. Recherchiert umfassend in vertrauenswürdigen Quellen und beachtet dabei auch unterschiedliche Argumentationslinien. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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